1. Startseite
  2. Region
  3. Heusenstamm

Bäcker Stefan Paul kämpft mit hohen Energiekosten und Nachwuchsmangel

Erstellt:

Von: Joshua Bär

Kommentare

Nicht aus Heusenstamm wegzudenken: Seit mehr als 100 Jahren ist das Geschäft an der Schlossstraße in Familienbesitz. Stefan Paul sorgt täglich für frische Backwaren.
Nicht aus Heusenstamm wegzudenken: Seit mehr als 100 Jahren ist das Geschäft an der Schlossstraße in Familienbesitz. Stefan Paul sorgt täglich für frische Backwaren. © jb

Sie ist eine Institution in der Schlossstadt: die Bäckerei Paul. Derzeit steht Stefan Paul nachts am Ofen und sorgt für frisches Brot, krosse Brötchen oder Kuchen. Die steigenden Energiepreise machen aber auch ihm zu schaffen. Weit mehr sorgt den Bäcker jedoch der fehlende Nachwuchs.

Heusenstamm - Die Auslage ist gut gefüllt, der Duft von frischen Backwaren strömt schon beim Eintreten in die Nase. Die Bäckerei Paul ist bekannt für ihr Handwerk. Anders als in manchen Bäckereien üblich, werden hier keine gelieferten Rohlinge aufgebacken. Stefan Paul stellt seine Waren noch selbst her - seit 40 Jahren. „Das ist echtes Handwerk“, sagt der 55-Jährige. Ein Handwerk, das an immer weniger Orten zu finden ist. 2019 gab es laut Zentralverband 10 925 Bäckereibetriebe. Zwei Jahre später ist deren Zahl auf 9965 zurückgegangen. Einige Bäcker werden auch in diesem Jahr schließen müssen, ist sich Paul sicher.

Ein Grund seien die steigenden Materialpreise. Seit Beginn des Ukraine-Krieges habe sich der Preis für 100 Kilogramm Mehl von 33 Euro auf 66 Euro verdoppelt. Gleiches gelte für Butter und Zucker - alles Grundzutaten für Backwaren. Aber auch Fette, wie Sonnenblumenöl, seien fast doppelt so teuer wie vor dem Ukraine-Krieg. „Ich weiß nicht, wohin das noch führen soll“, meint Paul. „Es wird für uns Bäcker immer schwieriger.“

Nun kämen auch noch die steigenden Strom- und Gaspreise hinzu. Um 50 Prozent sei beides teurer geworden, berichtet der Bäcker. Solche Kostensteigerungen könne er nicht tragen. Er müsse daher seine Preise anheben. 4,50 Euro kosten das teuerste Brot. „Eigentlich müsste ich sieben oder acht Euro verlangen.“ Doch das könnten seine Kunden nicht bezahlen. An eine Begegnung erinnert sich Paul. Eine ältere Dame sei in die Bäckerei gekommen und habe ein Rosinenbrötchen gekauft. Mehr konnte sie sich nicht leisten. Paul: „Da kriege ich Gänsehaut.“ Für ihn ist klar: Die Energiekosten müssen runter. „Wie soll es denn sonst im Februar oder März weitergehen?“

Die gestiegenen Kosten sind aber nicht die einzige Sorge der Branche. Viel schwerer wiegt der fehlende Nachwuchs. „Der Beruf des Bäckers ist ein aussterbendes Handwerk“, sagt Paul. Auch er habe bisher noch keinen Nachfolger gefunden. So ergehe es vielen seiner Berufskollegen. Doch warum möchte kaum noch jemand den Beruf des Bäckers erlernen? Einen Grund sieht der 55-Jährige in den Arbeitszeiten. „Ich stehe am Freitagabend von 21 Uhr bis etwa 5 Uhr in der Backstube. Da wollen Jugendliche lieber feiern gehen.“ Unter der Woche stehe Paul um halb 1 in der Nacht auf und beende sein Tagwerk gegen 8 Uhr. „Vielleicht würde es helfen, wenn wir nur noch am Tag backen.“ Ein Frühgeschäft gebe es ohnehin nur noch samstags. Unter der Woche kauften immer weniger Menschen morgens ihre Brötchen.

Einen anderen Beruf könnte sich Paul trotz der schwierigen Umstände aber nicht vorstellen. „Ich würde ihn wieder lernen“, beteuert er. Zu sehen, was man am Tag alles geleistet habe, das Lob der Kunden, wenn ihnen das Gekaufte schmeckt, „das ist das Schöne an unserem Beruf.“ (Von Joshua Bär)

Auch interessant

Kommentare