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Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst verschönert verbleibende Lebenszeit

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Von: Lisa Mariella Löw

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Zeit spenden: Daniela Göbel, Alexander Rudolf, Elvira Gotta-Wolff, Petra Wenig-Wefers und Metchild Giessing (von links) begleiten schwerkranke junge Menschen.
Zeit spenden: Daniela Göbel, Alexander Rudolf, Elvira Gotta-Wolff, Petra Wenig-Wefers und Metchild Giessing (von links) begleiten schwerkranke junge Menschen. © LML

Der ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes für Stadt und Kreis Offenbach des Malteser Hilfsdienstes in Heusenstamm hilft schwerkranken Kindern und deren Familien.

Heusenstamm – Mit Hospizarbeit verbinden viele Menschen Krankheit, Sterben und Trauer. „Da ist aber noch so viel mehr“, sagt Alexander Rudolf, Leiter des ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienstes für Stadt und Kreis Offenbach des Malteser Hilfsdienstes. Gemeinsam mit den beiden Koordinatorinnen Petra Wenig-Wefers und Daniela Göbel sowie rund 20 Ehrenamtlichen begleitet er im Familienzentrum an der Leibnizstraße die Schicksale von unheilbar erkrankten jungen Menschen. Anlässlich des heutigen Welttages der Kinderhospizarbeit stellt unsere Redaktion das Wirken des Teams vor.

Die betroffenen Kinder haben eine geringe Lebenserwartung, werden das Erwachsenenalter nicht erreichen. Sie leiden an lebensverkürzenden Krankheiten wie genetischen, Muskel-, Stoffwechsel, Krebs- und Tumorerkrankungen. Wünscht sich eine Familie eine Begleitung durch den ambulanten Kinder- und Jugendhospizdienst, besucht Koordinatorin Daniela Göbel zunächst das Kind und seine Eltern. Danach tauscht sie sich mit den Ehrenamtlichen aus, denn die Helfer dürfen selbst entscheiden, ob sie das Kind betreuen möchten. „Ich muss mir die Frage stellen, ob ich die Besuche psychisch bewältigen kann. Ich kann kein fünfjähriges, krebskrankes Kind begleiten, weil da zu viele Parallelen zu einem Verwandten sind“, sagt Elvira Gotta-Wolff, eine der Ehrenamtlichen.

Für gewöhnlich kommen die Freiwilligen einen Nachmittag in der Woche zum erkrankten Kind nach Hause und spielen mit den Kleinen. Koordinatorin Petra Wenig-Wefers erklärt: „Unsere Ehrenamtlichen spenden Zeit und verschönern die verbleibende Lebenszeit.“

So wie Mechthild Giessing. Sie begleitet einen schwerstkranken Jungen, füttert ihn in seinem Therapiestuhl, springt mit ihm auf dem Trampolin im Garten und fährt mit ihm spazieren. Manchmal stehen die beiden einfach nur vorm Fenster in seinem Zimmer und beobachten das Wetter. Die Erkrankung gibt den Takt vor. Obwohl das Kind nicht sprechen kann, verstehen sie sich über Blickkontakt. Oft reicht auch nur ein Lächeln: „Ich merke, wenn er sich wohl fühlt“, sagt Giessing.

Manche Ehrenamtliche kommen auch am Wochenende zu den Familien. „Wir sind einfach da“, sagt Rudolf. Dann die Eltern einkaufen, zum Friseur gehen, Wäsche waschen oder einfach entspannen. „In einer Familie haben wir gerade zwei Helfer eingesetzt. Einen für das erkrankte Kind und einen für seinen Bruder“, berichtet Göbel. Oft der Fokus liege auf dem unheilbar erkrankten Kind. „Das Geschwisterkind möchte aber auch beachtet werden“, merkt Göbel an. „Wir wenden uns dem Kleinen bewusst zu und geben ihm die Möglichkeit, Kind zu sein.“

Als Ehrenamtlicher ist es wichtig, sich vom Schicksal der Betroffenen abzugrenzen. „Ich nehme das Erlebte aber ein Stück weit nach Hause“, sagt Gotta-Wolff. Schließlich gibt es im Leben nicht immer nur Spaß, sondern auch Trauer. „Die Arbeit hilft mir, gelassener zu werden. Die eigenen Befindlichkeiten nicht zu sehr in den Fokus zu setzen, sondern zu sehen, dass ich unglaublich viel Glück gehabt habe.“

Die betroffenen Familien stehen vor vielen Herausforderungen: Berufstätigkeit und Pflege vereinbaren oder finanziellen und psychischen Belastungen umgehen lernen. Der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst hilft dabei. Leiter Alexander Rudolf informiert über Letzte-Hilfe-Kurse und Patientenverfügungen. Die Koordinatorinnen vermitteln zwischen Familie und Krankenkassen, zum Beispiel bei einem Krankentransport. Lebensverkürzende Erkrankungen stünden tabuisiert an der Seite unserer Gesellschaft, meint Rudolf. Er setzt sich dafür ein, dass die schwerstkranken Kinder in Kindergarten und Schule und in die Gesellschaft integriert werden. Gemeinsam auf dem Fußballplatz kicken, Eis essen oder sich einfach mal in den Arm nehmen.

Koordinatorin Daniela Göbel ist beeindruckt von der Lebensfreude der Kinder: „Sie können so stark sein und so viel aushalten. Die Familien zeigen mir, dass es sich lohnt, zu kämpfen und füreinander da zu sein.“

Auf den zweimal jährlich stattfindenden Familiennachmittagen tauschen sich Betroffene aus und informiert der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst interessierte Familien über das Angebot. Das nächste Treffen ist am Freitag, 10. Februar, um 15 Uhr. Die Besucher können dort auf einer Leinwand ihren Fingerabdruck hinterlassen und „ungezwungen Teil eines Ganzen mitten in der Gesellschaft sein“, sagt Rudolf. (von Lisa Mariella Löw)

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