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Eine Stunde „Halt“ mit Orgelmusik

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Von: Claudia Bechthold

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Bernd Scherers spielt in St. Cäcilia adventliche Orgelmusik.
Bernd Scherers spielt in St. Cäcilia adventliche Orgelmusik. © clb

„Weihnachten hat so eine Unaufhaltsamkeit im Näherkommen. Bei diesem Fest merkt man’s besonders, wie das Tempo der Welt nicht mehr auf es Rücksicht nehmen mag.“ Dies schrieb vor hundert Jahren – am 15. Dezember 1922 – der Dichter Rainer Maria Rilke in einem Brief an eine Freundin. Dr. Roland Krebs, Vorsitzender des Heimat- und Geschichtsvereins, begrüßte mit diesem Zitat die Besucher eines Orgelkonzerts in der Kirche St. Cäcilia. Zu Gast war der Organist Professor Dr. Bernd Scherers aus Berlin.

Heusenstamm – Roland Krebs lud ein zu einer Stunde Halt des „Lebens-Schnellzugs“, wie Rilke es nannte, mit adventlicher Musik aus vier Jahrhunderten. Das Publikum erlebte eine kleine Reise durch die Musik vom Barock bis zur zeitgenössischen Moderne. Veranstalter war der Heimat- und Geschichtsverein – unterstützt vom Förderverein Balthasar Neumann und Herbert Turba. Bernd Scherers studierte in Köln und Paris, war Kantor und Organist in Köln, Studienrat in Düsseldorf und Professor für Musikdidaktik an der Universität Flensburg.

Der Künstler überraschte seine Zuhörer in der gut gefüllten Kirche mit einer eher ungewöhnlichen Auswahl. Begann das Konzert noch mit Werken von Dietrich Buxtehude, dem eher ruhigen und zarten „Wie schön leuchtet der Morgenstern“, und Johann Sebastian Bach mit zwei Versionen von „Nun komm, der Heiden Heiland“, bot schon das dritte Stück „Noel XII“ (Schweizer Weihnachtslied) von Louis Claude Daquin, einem Zeitgenossen von Bach, einen ungewohnten Aspekt weihnachtlicher Musik. Fröhlich, fast an einen Tanz erinnernd, weckte die Melodie Erinnerungen an unter dem Weihnachtsbaum spielende Kinder.

Vom nordenglischen Komponisten Matthew Camidge (1784 - 1844) stammt das „Concerto III in a-moll“, das Bernd Scherers anschließend zum Besten gab. Auf dieses von eher fröhlichen Weisen geprägte Werk folgte noch einmal Bach mit „Wachet auf, ruft uns die Stimme“. Dies setzte der Künstler in den Zusammenhang mit dem gleichen Thema, komponiert von Gustav Merkel, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unter anderem an der Kreuzkirche und an der Hofkirche in Dresden Organist war.

Vor den Sprung ins 20. Jahrhundert setzte Bernd Scherers noch das besinnliche und schöne „Noel languedocien“ des Franzosen Alexandre Guilmant. Mit einer Choralbearbeitung von „Nun sei willkommen, Jesus, lieber Herr“ des belgischen Organisten Flor Peeters und der 1929 vom Engländer Alfred Hollins komponierten „Siciliana“ folgten ebenfalls eher selten aufgeführte Orgelstücke. Den Höhe- und Schlusspunkt des Konzerts widmete Bernd Scherers dem Kanadier Denis Bédard mit dessen „Suite du premier ton“, einem anspruchsvollen Werk, das in vier Sätzen noch einmal die Vielfältigkeit der Orgel unter Beweis stellte. Als vom begeisterten Publikum eingeforderte Zugabe spielte der Berliner Künstler eine Orgelfassung des berühmten „Hallelujah“ aus dem „Messias“ von Georg Friedrich Händel. (Claudia Bechthold)

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