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„Flotte Jungs“ auf Rädern

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Von: Claudia Bechthold

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Die „Flotten Jungs“ mit Rathauschef: Jürgen Hollenbach (von links), Wolfgang Paul, Hans Raue, Bürgermeister Halil Öztas, Horst Peter Barthel, Willi Fassauer, Peter Paul, Klaus Tanner, Walter Ferrari, Peter Claus und Hans Quast.
Die „Flotten Jungs“ mit Rathauschef: Jürgen Hollenbach (von links), Wolfgang Paul, Hans Raue, Bürgermeister Halil Öztas, Horst Peter Barthel, Willi Fassauer, Peter Paul, Klaus Tanner, Walter Ferrari, Peter Claus und Hans Quast. © P

Sie fallen auf, die zehn älteren Herren mit ihren roten Polohemden. Wenn die „Flotten Jungs“ aus Heusenstamm auf ihren Fahrrädern unterwegs sind, sind sie schon ein Hingucker. Seit inzwischen 20 Jahren treffen sie sich regelmäßig, um zu reden, das eine oder andere Getränk zu genießen und vor allem, um Touren auf dem Fahrrad zu unternehmen.

Heusenstamm – Angefangen hat alles im Jahr 2001. Vier oder fünf rüstige Herren – alle Anfang 60 – gingen in den Ruhestand. Doch was sollte man mit der freien Zeit nun anfangen? Regelmäßig saßen sie in der Gartenlaube von Walter Ferrari oder der von Willi Fassauer zum Dämmerschoppen zusammen und redeten – über Gott und die Welt, aber auch über eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.

Man könnte hin und wieder eine Radtour unternehmen, dachten sie sich und setzten dies auch in die Tat um. Zumal sie alle gern in die Pedale traten. Als Ziele in der Umgebung suchten sie sich Gaststätten heraus, in die man vor der Heimfahrt einkehren konnte.

Das sprach sich herum. So hat sich die Gruppe schnell vergrößert. Bis zu einem Dutzend Radler waren von nun an bereit, sich einmal pro Woche auf ihren Drahtesel zu schwingen, um einen Ausflug zu unternehmen. Freilich wollte man sich auch eine Art „Rahmen“ geben, kein Verein mit festen Vorgaben, sondern ein lockerer Club. Und so entstanden die „Flotten Jungs“.

Jeden Mittwoch setzen sich die „Jungs“ seitdem auf den Sattel und erkunden die Umgebung um Heusenstamm, im ganzen Kreis Offenbach und darüber hinaus. 30 bis 50 Kilometer bewältigen sie dabei jedes Mal.

Es dauerte etwa ein Jahr, als zum ersten Mal die Idee geäußert wurde, mal eine mehrtägige Tour zu unternehmen. Würzburg war das erste Ziel eines solchen Ausflugs. Das bedurfte natürlich einer guten Planung, denn es mussten vor allem Übernachtungen gebucht werden. Doch die „Flotten Jungs“ hatten ja Zeit.

Und so haben sie inzwischen halb Deutschland erkundet. Jedes Jahr, meist im Frühsommer, unternahmen sie eine mehrtägige Tour. Meist ging es zunächst mit dem Zug an einen Startort. Und dann mit dem Rad weiter.

Bamberg, entlang der Mosel von Trier nach Koblenz, von Köln nach Mainz, auf dem Bahnradweg Rotkäppchenland durch Mittelhessen oder entlang der Weser – 15 solcher großen Touren haben sie seither unternommen. „Wir haben viel gesehen und gelernt“, sagt Hans Raue, mit inzwischen 78 Jahren der jüngste der „Flotten Jungs“. Und man habe auch viel erlebt. An der Bleichlochtalsperre zum Beispiel, an der sie sich auf frisch gefangenen und anschließend gegrillten Fisch zum Abendessen vorbereitet hatten. Pech nur, dass das geplante Angelabenteuer damit endete, dass kein einziger Fisch anbiss. So blieb es an diesem Abend bei flüssiger Nahrung.

Und während einer Tour durch Sachsen-Anhalt besichtigten sie in Freyburg im Unstruttal eine Sektkellerei. Allerdings fiel die anschließende Verkostung wohl etwas kurz aus, sodass sich einer der „Flotten Jungs“ nach der Rückkehr noch einmal bei der Kellerei meldete. Wenige Tage später traf ein Paket mit zwölf Flaschen Sekt in Heusenstamm ein – für jeden Mitfahrer eine.

Die mit Abstand längste und schönste Tour war für Hans Raue jene vor etwa zehn Jahren rund um den Bodensee. Von Konstanz aus haben sie damals Deutschlands größtes Binnengewässer innerhalb einer Woche in Etappen umrundet.

Inzwischen sind aus den „Flotten Jungs“ eher ältere Herren geworden, „Die meisten sind schon über 80 Jahre alt“, sagt Hans Raue. Schon vor rund zehn Jahren haben sie sich alle E-Räder angeschafft, weil das Radeln damit etwas leichter fällt.

In den vergangenen beiden Jahren hat zudem die Pandemie die „Flotten Jungs“ ausgebremst. Auf die großen Touren mussten sie ganz verzichten. Und ob es noch einmal eine geben kann, ist derzeit ungewiss. Aber sie treffen sich weiterhin regelmäßig in der Gartenlaube. Wenn das Thermometer nicht weniger als zwölf Grad Celsius Außentemperatur zeigt, geht es mit dem Rad in die Umgebung. Und irgendwie feiern wollen sie ihr 20. Jubiläum auch noch.

Der eine oder andere aus dem Club hat sich schon für immer verabschiedet. Andere können aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr dabei sein. Aber in jedem Fall sind in diesen 20 Jahren „Flotte Jungs“ echte Freundschaften entstanden. (Claudia Bechthold)

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