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AfD-Fraktionschef Härle scheitert mit Berufung

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Symbolfoto © dpa-avis

Am 5. Mai vergangenen Jahres wurde der Heusenstammer AfD-Fraktionsvorsitzende vor dem Amtsgericht Offenbach wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe von 4 200 Euro verurteilt. Carsten Härle akzeptierte dies nicht und legte Rechtsmittel ein. Gestern fand der Berufungsprozess vor der Siebten Strafkammer des Landgerichts Darmstadt statt.

Heusenstamm – Nach einer mehrstündigen Sitzung sprach Richter Dr. Karsten Markert Härle erneut schuldig – verringerte das Strafmaß aber auf 2000 Euro: Wegen der nun erfolgten Geständigkeit des Angeklagten und seiner zwischenzeitlich schlechteren wirtschaftlichen Verhältnisse.

Stein des Anstoßes ist eine länger zurück liegende Nachricht auf der Facebook-Seite des Unternehmers. Am 29. und 30. Mai 2017 diskutierte er mit einem Chatpartner über die Judenverfolgung im Dritten Reich. Der Post wurde von einer Nutzerin als Screenshot bei der Berliner Staatsanwaltschaft angezeigt. In dem Beitrag heißt es unter anderem: „Man muss sagen, dass sich die Nazis beim Töten einigermaßen dämlich angestellt haben“, und dass „aus den Duschköpfen in den Vernichtungslagern kein Zyklon B heraus gekommen ist“. Der Anzeige folgte eine 30-minütige Wohnungsdurchsuchung, bei der man einen Laptop beschlagnahmte. Weiterführendes Beweismaterial fand man damals nicht. Der Post war auf Facebook nur wenige Tage sichtbar.

Heusenstammer AfD-Politiker räumt Nachricht ein

Der einzige Zeuge in der Berufungsverhandlung ist ein Offenbacher Kripobeamter. Er war mit den Ermittlungen betraut. „Herr Härle fällt häufiger mit provokanten Thesen im Internet auf. Einige sind grenzwertig, aber kaum strafrechtlich relevant.“ Sonst habe man es mit ihm hauptsächlich als Anzeigeerstatter zu tun, so der Polizist. Oberstaatsanwalt Dr. Andreas Kondziela will bezüglich der Verbreitung wissen, wie viele „Freunde“ der Angeklagte auf Facebook habe. Hier kann der Ermittler nur schätzen: „Schwer zu sagen, die Zahl liegt wohl im drei- oder vierstelligen Bereich.“

Anders als an den beiden Verhandlungstagen am Amtsgericht 2019 und 2021 macht der Politiker diesmal kein Geheimnis darum, ob die Nachricht tatsächlich von ihm stammt oder nicht: „Ich gebe zu, dass ich das geschrieben habe. Es hat aber meiner Ansicht nach keine strafrechtliche Relevanz!“

AfD-Politiker aus Heusenstamm: Vorwurf der Volksverhetzung

Diese Aussage versucht er folgendermaßen zu begründen: „Ich habe nie in Frage gestellt, dass Giftgas in den Lagern zur Tötung eingesetzt wurde. Lediglich die Art und Weise, wie es zugeführt wurde, habe ich korrigiert.“ Und das sei eben nicht durch die Duschköpfe, sondern zum Beispiel durch ein Lüftungssystem erfolgt. „Ich habe nur die offizielle Geschichtsschreibung vertreten.“

Auch den zweiten Anklagepunkt will der Politiker nicht so stehen lassen. „Die Täter als dämlich zu bezeichnen, ist lediglich eine sarkastische Abqualifizierung. In zig Hollywoodfilmen werden die Nazis so dargestellt. Keiner denkt hier an Holocaustverharmlosung oder Volksverhetzung.“ Amtsrichter Dirk Waßmuth habe in Offenbach sogar zugegeben, er würde sich solche Filme anschauen. Kondziela kann dem nicht folgen: „Die Vernichtungsstrategien der Nazis waren alles andere als dämlich, sondern sehr effizient. So etwas zu sagen ist das Gleiche, als würde man die Opferzahlen herunter spielen. Eine Relativierung des Holocaust! Es geht nicht um die Beleidigung der Nazis, sondern um deren Handlungen!“ Gerade als Mandatsträger sei er in der Lage, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Die Schuldigkeit bleibe bestehen.

Geldstrafe für Heusenstammer AfD-Fraktionschef

Verteidiger und Berufungsführer Klaus Kunze plädiert dagegen für Freispruch, belegt dies auch mit der vergangenen Rechtsprechung: „Mein Mandant hat keine falschen Tatsachen aufgestellt, er hat den Völkermord weder gebilligt, noch geleugnet oder verharmlost und sich auch nicht über die Opfer lustig gemacht. Auch wurde niemand zu rechtswidrigen Handlungen angestachelt.“

Für den Tatbestand der Volksverhetzung hat der Gesetzgeber nach Paragraf 130 des Strafgesetzbuchs eine Sanktion von Geldstrafe bis zu fünf Jahren Gefängnis festgelegt. Die vergleichsweise milde Strafe hat Carsten Härle der Gewichtung des Tatbestands und seinem leeren Bundeszentralregister zu verdanken. (Von Silke Gelhausen)

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