Haus der Stadtgeschichte in Heusenstamm erinnert an Olympia 1972 in München

Einmal bei den Olympischen Spielen dabei sein. Nicht nur für Athleten ist das ein Lebenstraum. Rudolf Schmidt hat ihn gelebt.
Heusenstamm – Der Heusenstammer ist 1972 Teil der Wettkämpfe in München. Allerdings nicht als Sportler. Schmidt gehört zum Organisationskomitee. Welche Aufgaben er übernommen und was er dort erlebt hat, berichtet der 78-Jährige bei der Ausstellung „50 Jahre Olympiade in München“ im Haus der Stadtgeschichte.
Bei Olympia in München war Heusenstammer Rudolf Schmidt für das Jugendlager verantwortlich
Der Ausstellungsraum ist gut besucht. Rund 40 Männer und Frauen haben sich eingefunden, um die Dokumente, Bücher und Postkarten zu bestaunen, die Rudolf Schmidt, seit 40 Jahren in der Schlossstadt zu Hause, dem Haus der Stadtgeschichte zur Verfügung gestellt hat. Und auch der Spender ist anwesend. Bei einem Vortrag erläutert er seine Rolle im Organisationskomitee der Spiele von München. „Ich war für das Jugendlager zuständig.“
Olympia in München: Heusenstammer Rudolf Schmidt organisierte Ausflüge für Jugendliche
Zweieinhalb Jahre arbeitet Schmidt, studierter Sozialarbeiter, an den verschiedenen Projekten. Mit etwa 30 Kollegen tüftelt der damals 28-Jährige an der richtigen Anordnung des Jugendlagers am Kapuzinerhölz, einem Waldstück rund vier Kilometer vom Olympiagelände entfernt. „Zunächst hatten wir mit 3000 Jugendlichen geplant, dann fiel aber auf, dass das Geld nicht reichte.“ Und so begrüßt Schmidt am Ende 2300 junge Menschen aus aller Welt auf dem Areal.
Damit den Jugendlichen außerhalb der Spiele nicht langweilig wird und auch die Kultur nicht zu kurz kommt, entwickelt Schmidt Bustouren zu den Sehenswürdigkeiten der Region. Die Routen sowie wichtigsten Fakten zu den Ausflugszielen fasst er in einer Art Reiseführer zusammen. Diese werden dann in verschiedene Sprachen übersetzt. Schmidts Arbeit ist dabei so gut, dass sie auch in royalen Kreisen Aufmerksamkeit erregt. „Einmal kam die Königin Sylvia von Schweden zu mir und wollte ebenfalls eine der Broschüren haben.“ Das habe er mit der Begründung abgelehnt, „während sie sich alles anschauen, sperren ihre Leute die Umgebung ab und wir müssen draußen warten.“
Olympia in München: Das Attentat hat die Stimmung verändert
Schmidt erinnert sich gern an die Spiele. Auch wenn das Attentat auf die israelische Mannschaft viel von dem kaputtgemacht habe, was sie vorher ausgezeichnet hat. „All das Fröhliche, Unbeschwerte war auf einmal weg“. Er selbst ist zur Zeit der Geiselnahme nicht auf dem Gelände. Er habe es, wie viele andere, aus dem Radio erfahren. „Von den Organisatoren hieß es nur, dass alles gut gegangen sei.“ Das wahre Ausmaß der Tragödie erfährt Schmidt erst später. „Man hat fast 30 Jahre lang vertuscht, was wirklich passiert ist.“
Im Jugendlager zeigen sich die Auswirkungen allerdings rasch. Die israelischen Besucher fliegen umgehend nach Hause. Und auch Jugendliche aus anderen Nationen verlassen das Lager – manche von ihnen ohne Abschiedsgruß. „Nach dem Vorfall war die Luft raus“, sagt Schmidt.
Olympia in München: Heusenstammer Rudolf Schmidt hat viele Erinnerungsstücke aufbewahrt
Trotz des Vorfalls, der „die bis dahin positiven Erfahrungen weggenommen hat“, haben die Spiele in München noch heute einen besonderen Platz in Schmidts Leben. 30 Jahre war er danach Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) und im Deutschen Olympischen Sportbund. Und auch in unzähligen Büchern, Postkarten, Souvenirs und Dokumenten leben die Wettkämpfe auch 50 Jahre nach ihrem Ende weiter. „Ich hänge an diesen Dokumenten, die standen jetzt 50 Jahre auf meinem Speicher.“
Geblieben ist auch sein soziales Engagement. So hat sich Schmidt für Erwachsenenbildung eingesetzt und vor sieben Jahren die Fahrradwerkstatt der in katholischen Pfarrgemeinde in Heusenstamm mitbegründet. Dort ist der 78-Jährige noch immer aktiv.
Die Ausstellung „50 Jahre Olympiade München“ im Haus der Stadtgeschichte ist für Besucher am Sonntag, 31. Juli, von 14 bis 17 Uhr, am Mittwoch, 3. August, von 17 bis 19 Uhr sowie am Sonntag, 7. August, von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Von Joshua Bär