„Bisher hat sich wenig getan“: ARS-Schülerinnen in Heusenstamm fordern mehr Aufmerksamkeit für Lohnlücke

Zum Equal Pay Day am 7. März hat die Redaktion bei Schülerinnen und Schülern der Heusenstammer Redaktion nachgefragt, welche Rolle für sie der Lohnunterschied bei Männern und Frauen spielt.
Heusenstamm – Frauen erhalten für die gleiche Arbeit weniger Lohn als ihre Kollegen. Laut Statistischem Bundesamt liegt die Lücke bei rund 18 Prozent. Der heutige Equal Pay Day macht auf diese Lohnunterschiede aufmerksam. Doch wie beeinflusst dieser sogenannte Gender Pay Gap Mädchen bei der Berufswahl? Wie wichtig ist es ihnen, genauso bezahlt zu werden wie Männer und wollen sie trotzdem schlechter bezahlte Berufe ergreifen. Unsere Redaktion hat diese Fragen Jugendlichen der Adolf-Reichwein-Schule (ARS) gestellt.
Equal Pay Day: Heusenstammer Schüler sprechen sich für gleiche Bezahlung aus
66 Tage, so lange müssten Frauen seit Jahresbeginn länger arbeiten, um für gleichwertige Arbeit gleichen Lohn zu bekommen. Dass Männer oftmals höhere Bruttogehälter beziehen, beschäftigt auch die Mädchen und Junger der 9c an der ARS. „Ich finde es gut, dass mit diesem Tag auf das Problem aufmerksam gemacht wird“, sagt Schülerin Ronja. Für sie könnte allerdings mehr als einmal im Jahr auf die Gehaltsunterschiede hingewiesen werden. Mitschülerin Celin bemängelt den fehlenden Nachdruck im Kampf um gleiche Bezahlung. Obwohl immer wieder darauf hingewiesen werde, habe sich aus ihrer sicher „bisher wenig getan.“ Sie vermisst echte Bestrebungen, die Firmen unter Druck setzte.
Mitschülerin Rania würde keinen Beruf ergreifen, bei dem Frauen schlechter bezahlt werden als Männer. Sie meint: „Ich finde, dass sich die Chefs Gedanken machen sollten, ob es fair ist, Frauen schlechter zu bezahlen.“
Auch bei den Schülern sorgen die oftmals geringeren Löhne für Diskussionen. Leandro findet, dass Frauen unter besonderen Umständen sogar besser bezahlt werden sollten, als ihre Kollegen. „Ich denke da an alleinerziehende Mütter.“ Mitschüler Charan pflichtet ihm bei. Er glaubt: „Viele Frauen verlieren das Interesse an Berufen, wenn sie wissen, dass sie dort weniger verdienen.“
Equal Pay Day: Heusenstammer Schülerin von Glaserei abgelehnt.
Mohamed ist ebenfalls für die gleiche Bezahlung von Mann und Frau. Er sieht die Forderungen jedoch differenzierter: „Man muss darauf achten, um welche Branchen es sich handelt.“ So seien Männer in körperlichen Berufen möglicherweise produktiver. Er sieht allerdings einen Teil der Lösung bei den Arbeitnehmerinnen. „Wenn sie den angebotenen Lohn, ohne zu verhandeln, einfach annehmen, dann trägt der Chef doch keine Schuld“, meint der Neuntklässler. Er ist zudem überzeugt, dass auch Frauen in manchen Berufen bevorzugt werden. „Ich denke da an die Kindererziehung.“ Diesen Eindruck bestätigt auch Sophia. Ihr Vater ist seit 30 Jahren Erzieher einer kirchlichen Einrichtung. „Schon damals hat er sich fragen lassen müssen, was denn er von Kindern verstehe.“ Einen großen Lohnunterschied gebe es in der Einrichtung allerdings nicht, sagt sie.
Der Lohn sei aber nicht das einzige, bei dem Frauen schlechter gestellt seien. In manchen Berufen hätten sie als Frauen kaum Chancen, einen Arbeitsplatz zu bekommen, meinen die beiden Neuntklässlerinnen. Ronja hat das am eigenen Leib erfahren. „Ich wollte bei einer Glaserei einen Ferienjob machen, aber dort hat man mir zwei Jungs vorgezogen“, erinnert sie sich. Begründung: Die beiden männlichen Bewerber seien körperlich besser in der Lage, die Arbeit zu erledigen. Ronja ärgert dies noch heute: „Ich durfte nicht mal zeigen, dass ich es kann, sondern wurde einfach abgelehnt.“ Ob sie in einem Beruf weniger Gehalt bekommt, ist für sie aber eher zweitrangig: „Wenn mir die Arbeit Spaß macht, würde ich sie trotzdem machen.“ (Von Joshua Bär)
Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen
Laut dem Statistischen Bundesamt liegt die Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen auf dem Arbeitsmarkt bei rund 39 Prozent. Dabei unterscheiden die Statistiker zwischen Bruttostundenverdienst, Arbeitszeit und Erwerbsbeteiligung von Frauen und Männern. Dabei gelte es zu berücksichtigen, dass Frauen häufiger in schlechter bezahlten Berufen arbeiteten, sowie öfter in Teilzeit. Klammert man diese Faktoren aus, liege der Unterschied dem Bundesamt zufolge bei rund sieben Prozent. jb