Gräfliche Fayencen: In Heusenstamm stand die zweitälteste Manufaktur Hessens

Da staunte Uwe Klein nicht schlecht: Bei einem Besuch des Hessischen Landesmuseums in Kassel fiel ihm ein Hinweis auf Heusenstamm auf. Nach Hanau, so konnte der liberale Kommunalpolitiker dort lesen, kann die Schlossstadt die zweitälteste Fayence-Manufaktur in Hessen aufweisen.
Heusenstamm – Zu verdanken hat Heusenstamm dieses Attribut den Grafen von Schönborn. Im Jahr 1661 hatten diese Heusenstamm erworben. Seit dem 30. August 1661 – also vor fast genau 360 Jahren – galten sie als die neuen Herren. Philipp Erwein von Schönborn ließ zunächst die alte Burganlage wieder instand setzen. Von 1663 wurde dann fünf Jahre lang das heutige Schloss gebaut.
Schon 1662 allerdings holte der Graf den aus Paris stammenden Jean Simonet nach Heusenstamm. Simonet war zunächst als „faiseur de pourcelain“ – wie die hochwertigen Majolika damals genannt wurden – nach Antwerpen gekommen. Die Techniken, mit denen die irdenen Gefäße hergestellt und glasiert wurden, hatten sich von der italienischen Stadt Faenza in der Emilia-Romagna nach Europa ausgebreitet und kamen zu dieser Zeit zunehmend in Mode. Erst die Anfang des 18. Jahrhunderts entdeckten Möglichkeiten zur Herstellung des feineren Porzellans ließen die Fayencen wieder an Bedeutung verlieren.
Name des Handwerkers tauchte 1661 auf
Von Antwerpen ging Simonet nach Brüssel, wo er sich vor allem mit der Kunst der Blaumalerei zur Dekoration der Tongefäße nach Delfter Art einen Namen machte.
Im Jahr 1661 taucht der Name des Handwerkers im Zusammenhang mit einer von Holländern in Hanau gegründeten „Porzellan-Bäckerei“ auf. Von dort holte ihn Philipp Erwein von Schönborn nach Heusenstamm, wo er nachweislich etwa vier Jahre blieb.
Viel ist aus der Zeit jener Heusenstammer Fayence-Manufaktur nicht erhalten. Wo die Manufaktur stand, ist übrigens nicht überliefert, vermutet wird aber, dass sie in der Nähe der Burganlage beziehungsweise des heutigen Schlosses gestanden haben muss. Drei Stücke von Jean Simonet aus seiner Heusenstammer Zeit kann man auch heute noch in Museen bewundern. Zwei – ein Weihwasserbecken für den Hausgebrauch und ein Potpourri-Gefäß – sind im Besitz des Mainfränkischen Museums in Würzburg. Ein großer Teller – genannt Rundplatte – gehört dem Historischen Museum in Frankfurt, wohin der französische Künstler 1666 gewandert war, um dort eine neue Manufaktur zu gründen. Die Heusenstammer Werkstatt wurde aufgegeben.
Dauerausstellung im Haus der Stadtgeschichte
Der Teller ist nach chinesischen Vorbildern bemalt. Er zeigt eine idealisierte Landschaft. In der Mitte liegt ein Mann auf einem Diwan, daneben steht eine Frau, die eine Vase in der Hand hält. Florale Motive und Chinesen in verschiedenen Situationen zieren den breiten Rand des Tellers.
Die kurze Geschichte der Heusenstammer Fayencen ist nicht ganz vergessen. In Dauerausstellung „800 Jahre Heusenstamm“ im Haus der Stadtgeschichte (Eckgasse 5, am ersten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr) informieren Fotos und Texte darüber. (Von Claudia Bechthold)