Jugendförderung möchte näher an der Zielgruppe sein

Der Zustand des Heusenstammer Jugendzentrums ist verheerend. Hinzukommt, dass es nicht im Zentrum liegt und so für viele Jugendliche schwer zu erreichen ist.
Heusenstamm – Der Putz bröckelt von der Außenwand. Gitter an den Fenstern erinnern an ein Gefängnis. Risse im Boden des Außenbereichs machen wenig Lust, darauf zu spielen. Das Gebäude hat seine besten Tage hinter sich. Das findet auch der Leiter des Jugendzentrums Jahn Scheel, der in den Räumen an der Rembrücker Straße jungen Menschen einen Ort bieten möchte, an dem sie unbeschwert sein können. „Der Standort erschwert unsere Arbeit“, sagt der Sozialpädagoge. Manche Eltern und Jugendliche schrecke der Anblick sogar ab.
Mehr als hundert Jahre hat das vordere Haus des Jugendzentrums (Juz) auf dem Buckel, entsprechend veraltet ist die Isolierung. „Im Grunde trennen das Innere und die Außenwelt nur die Dachziegel“, sagt Scheel. Im Winter sei es daher nötig, viel zu heizen. Das sei dieses Jahr aber nicht möglich. Zum einen wegen der gestiegenen Kosten. Dazu kommt die Vorgabe, öffentliche Gebäude bis maximal 19 Grad zu erwärmen. Die Jugendlichen werden also in kälteren Räumen spielen oder werkeln müssen. Zudem bilde sich immer wieder Schimmel.
Ein weiterer Nachteil sei die Raumaufteilung. Während in hinteren Teil – in den 1990er Jahren erbaut – drei Räume mit einer Werkbank, Konsolen und Monitoren ausgestattet sind, besteht der vordere Bau aus einem großen Raum. „Dort kann nur ein Angebot stattfinden“, berichtet Scheel.

Doch nicht nur im Innenraum gebe es viel zu tun. Dringenderen Handlungsbedarf sieht Scheel an der Fassade. Die Löcher in den Wänden sowie die vergitterten Fenster am vorderen Gebäude hielten Heranwachsende von Eintritt ab. Manche Eltern, die mit ihren Kindern vor dem Gebäude stünden, trauten sich nicht, das Gelände zu betreten. „Ich muss sie dann regelrecht einladen, hineinzukommen.“ Eine Sanierung sei eigentlich nötig, aber wahrscheinlich zu teuer, meint der Juz-Leiter. Er empfiehlt daher einen Neubau des Jugendzentrums.
Allerdings an einem anderen Standort. Der Aktuelle sei nämlich zu weit von der Zielgruppe entfernt. Denn die meisten Jugendlichen wohnten in den Gebieten zwischen Industriestraße und Isenburger Straße. Von dort aus betrage der Fußweg zum Juz fast 30 Minuten. „Solange läuft aber kein Kind zu uns“. Auch die Schulen seien mit mehr als 20 Minuten Fußweg zu weit entfernt. Für Scheel wäre daher ein Umzug in das Zentrum der Stadt die beste Lösung. Realistisch sei dies allerdings nicht, ist sich der Leiter bewusst. Er müsse allerdings auf die Situation aufmerksam machen, „denn meine Aufgabe ist es, die bestmögliche Jugendarbeit zu machen“.
Mit digitalen wie physischen Angeboten versucht Scheel die jungen Menschen für das Juz zu begeistern. So habe er während der Pandemie über eine digitale Plattform den Kontakt mit den Heranwachsenden gehalten. Scheel berichtet: „Wir haben das Juz dort digital nachgebaut. So gab es einzelne Räume, in die sich die Jugendlichen zurückziehen könnten.“ Doch auch ein realer Raum sei nötig. Wie sehr, merkt Scheel daran, dass die Angebote der Jugendförderung nach Aufhebung der Maskenpflicht sehr gefragt sind. „Es waren immer mehr als 20 Teilnehmer da.“
Bürgermeister Steffen Ball hält einen Neubau des Jugendzentrums angesichts des klammen Haushaltes für schwierig. Daher möchte der Rathauschef zunächst auf mobile Jugendarbeit setzen. „Mir ist es wichtig, dass wir auch direkt vor Ort, zum Beispiel an die Schulen sind.“ Mit Transportern oder kleinen Bussen könnte die Jugendhilfe ihre Arbeit so auch außerhalb des Jugendzentrums machen. Die Kinder und Jugendlichen wiederum müssten keine langen Fußmärsche in Kauf nehmen, um mit den Pädagogen zu sprechen. Doch auf einen neuen festen Standort hat Ball ins Auge gefasst. „Wir suchen derzeit nach einem Raum in Rembrücken.“ Fix sei allerdings noch nichts. (Joshua Bär)
Die Öffnungszeiten des Juz finden sich unter: https://www.heusenstamm.de/de/buerger-und-stadt/rathaus-und-service/adressen-von-a-z#!5