Mobilität für über 1 000 Menschen: Die Fahrradschrauber der Flüchtlingshilfe suchen neue Räumlichkeiten

An der Wand hängen Fahrradschläuche auf einer Halterung übereinander, im Regal gegenüber sind säuberlich alle Ersatzteile wie Ketten oder Bleche in Kisten sortiert. In der Werkstatt der Fahrradschrauber in den Räumlichkeiten der Katholischen Pfarrgemeinde St. Cäcilia an der Schlossstraße berichten die Ehrenamtlichen dem designierten Bürgermeister Steffen Ball (CDU) von ihren Erfolgen, aber auch von Schwierigkeiten bei ihrem Engagement in den vergangenen Jahren.
Heusenstamm – Die Idee, für die im Jahr 2015 stark steigende Zahl von Flüchtlingen Räder zu besorgen, kam von ihm selbst, wie Rudolf Schmidt von den Fahrradschraubern erzählt. Seit sechs Jahren besteht die Werkstatt nun und ist Teil der Flüchtlingshilfe Heusenstamm. Insgesamt elf Männer werkeln in der Werkstatt. Sie leisten abwechselnd zweimal wöchentlich Reparaturarbeiten. Die bei der Fahrradwerkstatt der Flüchtlingshilfe instandgesetzten Kinder- und Erwachsenenräder werden überwiegend gespendet, stammen vom örtlichen Bauhof oder werden auch von der Polizei gebracht. Dass sie genügend Platz für ihr Engagement haben, sei dem Einsatz von Pfarrer Martin Weber zu verdanken, der Räume zur Lagerung von Rädern und deren Reparatur mietfrei zur Verfügung stellt, so Schmidt. Neben der Werkstatt haben die Fahrradschrauber noch Dutzende Räder auf Lager, die unter anderem im Keller der Pfarrgemeinde gelagert werden. Da die Räder der Erwachsenen vor jeder Weitergabe registriert werden, komme man aktuell auf eine Zahl von 600 Rädern, die in den sechs Jahren Flüchtlingen zur Verfügung gestellt wurden. Mit den Rädern für Kinder eingerechnet, komme man schnell auf über 1 000 Stück, so Schmidt. Die Räder für Erwachsene kosten zehn Euro, die für Kinder gibt es kostenlos. Für eine Reparatur werden drei Euro veranschlagt.
Doch trotz der kostenfreien Unterkunft für ihre Initiative wollen die Schrauber in naher Zukunft umziehen. Der Grund ist, dass die Räume auf drei verschiedenen Ebenen gelegen sind und die Werkstatt nur über eine enge Treppe zu erreichen ist. Für die Ehrenamtlichen – überwiegend im Seniorenalter – ein zunehmendes Problem. „Leider hat uns die Stadt da bisher noch nicht helfen können“, sagt Schmidt. In umliegenden Kommunen sei das Hilfsangebot der Verwaltung größer gewesen, moniert er. „Ich kann nur für mich sprechen und sagen, dass ich ein Selbstverständnis in die Verwaltung bringen möchte, dass die Stadt zum Dienstleister der Ehrenamtlichen wird“, verspricht der designierte Bürgermeister Steffen Ball, „wir wollen zum Beispiel einen Ehrenamtsbeauftragten als direkten Ansprechpartner etablieren“. Auch für das Problem mit den Räumlichkeiten will Ball eine Lösung finden. Dafür habe er auch bereits ein paar Ideen, die er in den kommenden Monaten auf ihre Machbarkeit überprüfen will. Im Januar, nach Balls Amtseinführung, wollen sich er und Schmidt deshalb treffen.
Fahrradschrauber sind auf Spenden angewiesen
Ein Problem sieht Schmidt auch bei der Kameraüberwachung am Bahnhof. Durch die aktuelle Ausrichtung der Kamera werde es Dieben leicht gemacht, die dort abgeschlossenen Fahrräder zu stehlen. Auch darum will sich Ball ab Januar kümmern und über mögliche Lösungen beraten.
Doch die Fahrradschrauber sehen nicht nur Probleme, sondern sind auch gerade von der Hilfsbereitschaft aus der Stadtgesellschaft begeistert. Viele Menschen bringen Werkzeuge oder auch alte Fahrräder vorbei, die die Männer dann für Ersatzteile ausschlachten können. Auch von den Fahrradgeschäften, wie etwa vom Radler Eck von Stefan Stock, komme Unterstützung durch Beschaffung von Ersatzteilen. Stock stehe aber auch mit Rat und Tat zur Seite.
Die Fahrradschrauber sind weiterhin auf unterschiedliche Arten von Spenden angewiesen. Vor allem Kinder-, Jugend- und Herrenfahrräder sind sehr gefragt. Doch vorher sollte ein gemeinsamer Termin für die Übergabe vereinbart werden. Kontakt gibt es unter die-fahrradschrauber@gmx.de. Öffnungszeiten: Dienstag von 14 bis 16 Uhr und Donnerstag von 10 bis 12 Uhr. (Von Lukas Reus)
