Heusenstammer Familie Duwensee lädt wieder zum Turmblasen ein

An Heiligabend lädt die Heusenstammer Familie Duwensee zu ihrem Turmblasen. Nach zwei Jahren coronapause erklingen dieses Jahr wieder weihnachtliche Klänge von deren Balkon.
Heusenstamm – Alle Jahre wieder – tönt es vom Balkon. Nachdem genau das in der Schlossstadt pandemiebedingt zwei Jahre nicht möglich war, lädt die Familie Duwensee am heutigen Heiligen Abend wieder zum traditionellen Turmblasen ein. Ab 17 Uhr erklingen Trompete und Posaune von der Dachterrasse an der Kreuzung Rudolf-Braas-Straße/ Weiskircher Weg und laden zu einer besinnlichen halben Stunde mit Weihnachtsliedern, Glühwein und familiärem Beisammensein.
Traditionell gibt ein Quartett – mehr Musikanten passen nicht auf den Balkon – aus Mitgliedern der Stadtkapelle klassische Weihnachtslieder zum Besten. Seit fast vier Jahrzehnten lassen die Duwensees die Heusenstammer an ihrer Familientradition teilhaben; bis zu 300 Besuchern haben sich in den vergangenen Jahren an Heiligabend im Hof der Familie eingefunden.
Zurück geht das Turmblasen auf einen Brauch aus dem ostpreußischen Königsberg – die Heimat von Gerhard Duwensee. Sein Enkel Georg Duwensee bewohnt inzwischen mit Frau und Tochter die Wohnung, in der der Brauch seinen Anfang nahm. „Während wir uns hier oben um die Musik kümmern, versorgt mein Bruder Gregor mit seiner Familie die Gäste im Hof“, beschreibt er. Somit packt auch die vierte Generation mit an und bietet Glühwein und weitere Leckereien an. Daneben werden Spenden für den Verein Bright Hope Africa Kids gesammelt.
Der Ursprung des Turmblasens beschränkte sich damals nicht nur auf die Weihnachtszeit. So erklangen in Königsberg, das heutige Kaliningrad, bis zu dreimal am Tag die Bläser vom Turm der Schlosskirche herab. Ab 1840 soll es fester Bestand in Königsberg gewesen sein, zweimal am Tag – einmal um 11, einmal um 21 Uhr – die Choräle in alle vier Himmelsrichtungen zu schmettern. Durch einen Angriff der britischen Luftwaffe im August 1944 wurde das Gebäude zerstört – so fand auch die Königsberger Tradition ein jähes Ende.
Gerhard Duwensee, der 1970 seine Spedition nach Heusenstamm verlagerte und 1984 das Haus an der Rudolf-Braas-Straße baute, besann sich dieser Erinnerung an die Heimat – und ließ sie in der neuen wiederauferstehen. Den Kontakt in die alte Heimat hatte er als Vorsitzender des Vertriebenenvereins Landsmannschaft Ost- und Westpreußen gehalten, sodass die Tradition seit fast 40 Jahren weiterlebt.
Die Vorfreude bei Georg Duwensee ist groß. „Dann beginnt Weihnachten für uns“, sagt der Spediteur. Er freut sich auf die halbe Stunde, in der er herunterfahren kann, während er den Weihnachtsliedern lauscht.
Die Bläser der Stadtkapelle – zwei Trompeten und zwei Posaunen – halten es mit dem Probenaufwand gering. Organisator Ralf Zenker erläutert: „Die Weihnachtslieder können wir ja alle, da reicht es, eine halbe Stunde vorher alles mal eben durchzuspielen.“ Der 56-Jährige ist seit Anbeginn dabei und sagt: „Wir haben immer bei Wind und Wetter gespielt.“ Erst ab Minusgraden von zehn Grad, wenn die Atemluft die Instrumente vereist, sei nichts mehr möglich.
Der Wetterbericht verspricht, den Turmbläsern keinen Strich durch die Rechnung zu machen. Obwohl es in erster Linie eine Familientradition ist, die der 2004 verstorbene Gerhard mitgebracht hat, lassen die Duwensees die Heusenstammer gerne daran teilhaben. „Es ist schön, dass es angenommen wird“, meint Georg Duwensee. Lediglich zur Besucherzahl herrscht Uneinigkeit in der Familie: „Ich denke, dass es wieder gut besucht sein wird, aber wir haben auch Skeptiker dabei“, sagt Georg Duwensee und lacht. Wer recht behalten soll, zeigt sich heute Abend ab 17 Uhr an der Rudolf-Braas-Straße 9. (Lisa Schmedemann)