Heusenstamms Schädlingsbekämpfer Gerhard Tiefel hat in 34 Berufsjahren viel erlebt

Wenn es in Küche oder Keller „kreucht und fleucht“, dann ist bei vielen die Panik groß. Zu Recht, denn gewisse Tiere wie Kakerlaken, Bettwanzen oder Ratten können zu einer gesundheitlichen Bedrohung werden und verschiedene Krankheiten übertragen. Ein Problem dabei ist zudem, dass man die Plagegeister, die sich in den kleinsten Ritzen verstecken können, nur schwer wieder loswird.
Heusenstamm - Dann ist ein Schädlingsbekämpfer wie Gerhard Tiefel gefragt. Der 61-Jährige, der nun sein Unternehmen nach 34 Jahren an seine Nachfolger weitergibt, kann von einem bewegten Berufsleben erzählen. In seinem Job ist ein wirklich starker Magen gefragt.
Den Schaben hat Tiefel noch nicht immer den Kampf angesagt. Nach der Schule machte er eine Ausbildung zum Kunstformer, arbeitete später aber als Desinfektor im Klinikum Offenbach. Machte dort den kleinsten Schädlingen wie Keimen den Garaus. Neben seinem Hauptberuf baute er sich ab 1987 als geprüfter Schädlingsbekämpfer ein Nebengewerbe auf. „Ich habe tagsüber meine acht Stunden in der Klinik gearbeitet und bin dann nachts noch mal für ein paar Stunden raus“, sagt Tiefel. Seit 1999 ist er Vollzeit-Schädlingsvernichter, seine Frau Elke ist ebenfalls im Unternehmen tätig. Sein Motto: „Ich sage meinen Mitarbeitern immer: Arbeitet so, dass ihr selbst in der Wohnung leben wollt.“
Damals seien die Probleme noch anders gelagert. Vor allem Schaben und Kakerlaken waren sein Hauptgeschäft. Mittlerweile sind die größten Probleme Bettwanzen. Die sind nicht nur für viele eklig, sondern stechen auch zu. Die kleinen rotbraunen Wanzen ernähren sich nämlich von Blut. Häufig werden sie aus dem Urlaub eingeschleppt.
Doch zu den Leistungen von Gerhard Tiefels Firma, die aktuell acht Mitarbeiter hat, gehört noch mehr: Hornissenumsiedlung, Desinfektion nach Leichenfunden, Taubenvergrämung oder Wohnungsentrümpelungen. Gerade bei Letzterem hat Tiefel schon mit die schlimmsten Erfahrungen gemacht. An einen besonders harten Fall erinnert er sich selbst nur ungern zurück: „Uns hat das Ordnungsamt gerufen und als wir in die Tür rein sind, sind bereits die Kakerlaken von der Tür gerieselt; die Toilette war schon über den Rand voll, dass bereits der Deckel abgestanden hat und als ich in die Dusche schaute, wusste ich, wo der Mann zur Toilette ging.“ Solche Extremfälle werde Tiefel in seinem Ruhestand nicht vermissen, wie er sagt. Dennoch habe er seinen Beruf immer gern gemacht. „Er ist sehr abwechslungsreich und man muss als Schädlingsvernichter wie ein Detektiv auf Spurensuche gehen, denn die Tiere verhalten sich nicht immer gleich.“ Er habe einmal einen Fall gehabt, bei dem eine alte Frau ein Zirpen einer Grille vernommen habe. Das Insekt würde sie immer pünktlich um acht Uhr nerven, wenn die Nachrichten anfangen. Tiefel versucht alles, kommt mehrmals vorbei und dichtet sogar einen kleinen Spalt im Fenster ab. Doch die Frau beklagte sich immer noch über das Zirpen. „Dann bin ich mal um acht hingefahren und musste feststellen, dass das Geräusch von einem Elektrowecker kam, den die Frau geschenkt bekommen hat – solche Fälle gibt es eben auch.“
Daneben sei auch viel Psychologie gefragt. Denn ab und zu würden Leute sich beispielsweise wegen einer psychischen Krankheit einen Befall nur einbilden. Auch viele menschliche Schicksale würden Tiefel treffen, so habe er beispielsweise schon zwei Tote bei seiner Arbeit gefunden, die in ihrer Wohnung gestorben sind, ohne dass sie Angehörige oder Verwandte vermisst haben.
Nun möchte Tiefel mit seiner Frau den Ruhestand zeitweise in seinem Haus in Spanien genießen. Übernehmen werden die Firma Yascha und Christina Schöttler, die das Unternehmen unter gleichem Namen fortführen werden. „Die beiden arbeiten bereits in der Firma und werden das sehr gut machen“, ist sich Schädlingsbekämpfer Tiefel sicher. (Lukas Reus)