„Gehe nicht mehr zur Arbeit“: Anwohner nach Brandstiftungen äußert besorgt
Immer wieder hat es in den vergangenen Wochen in Heusenstamm gebrannt. Anwohner meiden mittlerweile manche Wege im Wald.
Heusenstamm – Viel hat nicht gefehlt und Familie Ganchev hätte nicht nur die Flammen im Wald hinter ihrem Haus an der Industriestraße in Heusenstamm (Kreis Offenbach) löschen müssen. Nur etwa zehn Meter von ihrem Zaun entfernt befindet sich eine der Stellen, an denen vermutlich ein oder mehrere Täter Holz angezündet haben. Es ist nicht der einzige Ort, an dem der Wald, wie berichtet, in den vergangenen Wochen gebrannt hat.
An mehr als 60 Stellen brachen seit Juni im Heusenstammer Wald Feuer aus. Polizei und Feuerwehr vermuten Brandstiftung, der oder die Täter sind bisher nicht ermittelt. Die Polizei gehe derzeit Hinweisen aus der Bevölkerung nach, „zu diesen können wir aus ermittlungstaktischen Gründen aber keine Auskunft geben“, teilt Sprecher Thomas Leipold auf Anfrage dieser Zeitung mit. Auffällig: Die Brandstiftungen fanden ausschließlich in dem Waldgebiet zwischen dem Baugebiet Sommerfeld, Paterhäuser Weg und Industriestraße statt. „Wir wissen nicht, warum die Feuer ausgerechnet in diesem Abschnitt gelegt wurden“, sagt Stadtbrandinspektor Eric Fröhlich.
Brandstiftung in Heusenstamm: Feuer nahe des Grundstücks der Familie Ganchev
Die Feuer halten aber nicht nur Wehren und Polizei in Atem, auch bei den Heusenstammern wächst die Sorge vor den anhaltenten Brandstiftungen. So wie bei Veselina Gancheva. Sie ist gerade mit ihren Hunden Ares und Rex im Wald zwischen der Industriestraße und der Landstraße Richtung Dietzenbach unterwegs. Mit ihren beiden Vierbeinern läuft sie den schmalen Weg ab, der direkt zu einer Stelle führt, an der mutmaßlich Feuer gelegt wurde. Dornen und Gestrüpp behindern die Sicht, Vorwärtskommen ist selbst ohne Feuerwehrmontur mühsam. „Der Weg ist so schmal, da passt kein Feuerwehrauto durch“, sagt Gancheva.

Sie hat die Brandstiftungen hautnah miterlebt. Zu fünft lebt sie mit ihrer die Familie an der Industriestraße, ihr Grundstückszaun grenzt unmittelbar an das Waldgebiet. Es ist der Abend des 10. Juli, als sich die Flammen in der Nähe ihres Hauses entzünden und ihr Eigenheim bedrohen. „Wir saßen gerade im Garten und haben gegrillt, als uns ein Nachbar auf das Feuer aufmerksam gemacht hat“, erinnert sich Gancheva an den Vorfall.
Im Wald von Heusenstamm ist noch das aufgeschichtete Holz zu sehen
Nach rund 50 Metern auf dem schmalen Pfad ist die Brandstelle zu sehen. Der oder die Täter haben das Holz aufgeschichtet, die verkohlten Äste und Stämme sind auch Tage nach dem Brand noch gut zu erkennen. „Mein Mann ist sofort mit einem Schlauch rausgelaufen und hat versucht das Feuer zu löschen“, berichtet Gancheva. Die Familie hat eine eigene Wasserpumpe in Garten, doch für die Flammen reicht sie nicht aus. „Also haben wir noch Wasser aus unserem Jacuzzi genommen.“

Der Vorfall hat das Leben der Familie nachhaltig verändert. Obwohl sie und ihr Mann selbstständig sind, bleibe Gancheva seit der Brandstiftung zuhause: „Ich gehe nicht mehr zur Arbeit, ich habe einfach kein gutes Gefühl.“ Einen Verdächtigen habe sie nicht gesehen, „aber ich schaue seitdem bei jedem Spaziergang genauer hin, wer durch den Wald geht“.
Unbehagen in Heusenstamm: Anwohner meiden nach Bränden Nebenwege im Wald
Mit ihrem Unbehagen ist Gancheva nicht allein. „Ich fühle mich nicht mehr so sicher“, betont eine Anwohnerin, die mit ihrem Sohn und dem gemeinsamen Hund Luke ebenfalls im Waldgebiet unterwegs ist. Natürlich bekomme auch sie die Brände mit, sagt die Frau, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Jeden Tag gehe sie mit ihrem Hund durch diesen Teil des Waldes spazieren – auch nach den Brandstiftungen. Die Nebenwege, auf denen es gebrannt hat, meidet sie nun allerdings so gut es geht. „Dort gehe nicht mehr alleine hin.“
Bürgermeister Steffen Ball, selbst Zugführer bei der Freiwilligen Feuerwehr in Heusenstamm, zeigt sich besorgt, „um unsere Bürgerinnen und Bürger, aber auch um die Feuerwehrmänner und -frauen“. Sie wüssten zwar, was sie tun, doch seien die oft stundenlangen Einsätze extrem anstrengend. „Ich finde es bewundernswert, dass die Motivation trotzdem immer noch so hoch ist.“ Für die Brandstiftungen hat der Rathauschef kein Verständnis. „Es ist einfach unverantwortlich, ich bin da ratlos, warum man so etwas macht.“ (Joshua Bär)
Jetzt auch Brandstiftung im Wald von Hanau: Am Montag (18. Juli) brannte ein 60.000 Quadratmeter großes Waldstück. Jemand könnte das Feuer gelegt haben, vermutet die Polizei, und sucht nach einem Radfahrer in Badehose.