In Martin Beyers neuem Roman spielt Heusenstamm eine zentrale Rolle

Vor rund 25 Jahren veröffentlicht der in Heusenstamm aufgewachsene Autor und Dozent Martin Beyer sein Erstlingswerk „Fragezeichen“. Am 3. Januar erscheint nun sein neuer Roman „Tante Helene und das Buch der Kreise.“
Heusenstamm - In seinem Roman erzählt der 44-Jährige die Geschichte von Helene Klasing, deren Leben sich nach einer unerwarteten Nachricht verändert, sowie ihres Neffen Alexander, der nach Helenes Tod ihr Lebenswerk beenden soll. Und auch die Schlossstadt nimmt in Beyers Roman eine zentrale Rolle ein. „Ich wollte eine Familiengeschichte schreiben, die sich über mehrere Generationen erstreckt“, erläutert Beyer.
Der Autor teilt sein Werk dazu in zwei Erzählstränge: Da ist zum einen die Geschichte von Helenes in New York lebenden Neffen Alexander, der seine Tante erstmals 2009 in Heusenstamm besucht. Alexander ist mit seinem Leben unzufrieden, ringt mit der Entscheidung, die Firma seines Vaters zu übernehmen. Beim Besuch seiner Tante stellt er fest, wie sehr ihm Helenes Lebensweise imponiert, doch erst nach ihrem Tod ist Alexander bereit, sein altes Leben hinter sich zu lassen und Helenes Wunsch zu erfüllen, ihr „Buch der Kreise“ zu vollenden.
Der zweite Strang erzählt in Rückblenden Helenes Geschichte zwischen 1962 und 1980: Kurz vor ihrer Hochzeit erfährt sie, dass sie adoptiert wurde. „Ich habe mir die Frage gestellt: Wie geht ein Mensch damit um, dass sich seine Identität und Familiengeschichte auf einmal verdoppelt“, sagt Beyer. Seine Idee hat dabei einen realen Hintergrund: Beyer ließ sich vom Schicksal einer Berliner Künstlerin inspirieren, die er vor etwa zwölf Jahren interviewte.
Nachdem Helene gewahr wird, dass ihr bisheriges Leben eine Lüge ist, entschließt sie sich, ihren eigenen Weg als Künstlerin zu gehen – gegen den Widerstand ihres Mannes, der Teil der 68er-Bewegung ist. „Helene muss sich gegen viele Widerstände behaupten, zunächst gegen ihre Adoptivmutter, dann auch gegen ihren Mann“, erläutert Beyer die Rolle seiner Hauptfigur. „Ich will damit zeigen, dass sich Rollenbilder auch bei den 68ern nicht von heute auf morgen geändert haben, sondern dass Helene immer weiter darum kämpfen muss, selbstbestimmt zu leben.“ Der 1976 geborene Beyer ließ sich unter anderem von seinen Eltern über die politische Zeit der 68er aufklären. Danach stand für ihn fest: die Frage nach den Geschlechterrollen ist auch heute weiterhin aktuell.
Es sind jedoch nicht nur die Protagonisten, denen Beyer eine wichtige Rolle in seinem Roman einräumt. Auch die Orte, an denen das Buch spielt, haben für den Autor eine große Bedeutung. Sie sind für Beyer eine literarische Rückkehr in seine Vergangenheit. Zwar wohnt er seit mehr als 20 Jahren in Bamberg, aufgewachsen ist Beyer aber in Heusenstamm. Die Region um Frankfurt, Offenbach – dort wird Helene Kunst studieren – und der Schlossstadt sind nach wie vor ein wichtiger Teil seines Lebens, auch, weil sein Bruder noch in Heusenstamm wohnt. „Das ist die Region meiner Kindheit und Jugend“, erinnert er sich. „Für mich sind der Goetheturm, der Scheerwald oder der Schlossgarten bis heute magische Orte, an die ich immer wieder gern zurückkomme.“
Und so nimmt Beyer den Leser dann auch mit auf eine Reise durch die Schlossstadt, lässt Alexander über die Frankfurter Straße bis zur Alten Linde spazieren, vorbei an den Geschäften, bis er in einen fiktiven Whisky-Laden eintritt. „Immer, wenn ich wieder nach Heusenstamm komme, versuche ich wahrzunehmen, wie sich die Stadt verändert hat“, berichtet Beyer. Aber auch die Gefühle, die hochkommen, wenn er vertraute Plätze sieht, arbeite er in seine Werke ein. „Diese Orte berühren mich auch heute noch.“ (Von Joshua Bär)