Menschen aufgeschmissen: Zum Supermarkt fährt kein Bus mehr

Fahrplanänderungen einiger Busse im Kreis Offenbach haben den Entfall von Haltestellen zur Folge – So kommen Menschen in Heusenstamm nun nicht mehr zum Supermarkt.
Heusenstamm – Seit Sonntag (12.12.2021) fahren die Busse anders als bisher – vor allem die Linie OF-30, die nun OF-97 heißt. Mit dem Namen hat sich auch die Strecke geändert, etliche Haltestellen werden nicht mehr angefahren. Besonders viel Ärger ruft dabei die Tatsache hervor, dass die Schleife zur Industriestraße mit den großen Supermärkten von Rewe und Aldi an der Werner-von-Siemens-Straße nicht mehr bedient wird.
„Vom Ostend aus konnte man bisher mit dem OF-30 direkt an die Industriestraße fahren“, klagt Silvia Kleeblatt. Nun müsse man mit dem X-19, der auf der Frankfurter Straße zwischen Obertshausen und dem Flughafen pendelt, zum Busbahnhof fahren, dort das Anruf-Sammel-Taxi (AST) 38 anrufen und könne dann zu den Supermärkten fahren, schildert sie die neue Regelung: „Und was macht jemand wie ich, der gar kein Mobiltelefon hat?“ Und das gehe vielen – vor allem älteren – Menschen so. Das Argument, sie könne ja einen anderen Supermarkt nutzen, lässt Silvia Kleeblatt nicht gelten. Mal abgesehen davon, dass es einen Aldi eben nur an der Werner-von-Siemens-Straße gibt, biete etliche Sonderangebote nur der „große Rewe“. Der zweite Rewe-Markt an der Alten Linde, der als Franchise-Firma betrieben wird, habe diese nicht immer.
Heusenstamm: Halt an Seniorenzentrum entfällt – viele ältere Menschen sind aufgeschmissen
Außerdem sei es nun ungleich schwieriger, von der Industriestraße wieder nach Hause zu gelangen: „Da ich kein Handy habe, müsste ich mit dem Fahrer des AST-38 einen Termin für die Rückfahrt vereinbaren. Was mache ich aber, wenn es zum Beispiel an der Kasse länger dauert? Dann ist das Taxi weg und ich stehe mit den Einkäufen da.“
Ähnlich ist die Verärgerung von Ingrid Bergert. Die Seniorin ist vor zwei Jahren in das neue Wohnhaus direkt neben dem Seniorenzentrum Horst-Schmidt-Haus (HSH) der Arbeiterwohlfahrt gezogen. Bislang konnten sie und viele andere Mitbewohner vor dem HSH in den Bus steigen, der nun nicht mehr dort hält. „Wir müssen bis zur Kantstraße, zur Berliner Straße am Gymnasium oder zur Hohebergstraße laufen“, kritisiert sie: „Viele von uns sind mehr als 80 Jahre alt, da fallen einem solche Wege nicht mehr so leicht.“
Heusenstamm: Hopper-Busse sollen das Haltestellenproblem lösen
All diese Entscheidungen seien bereits mit dem Beschluss des Nahverkehrsplans 2016 gefallen, berichtet Erster Stadtrat Uwe Michael Hajdu auf Anfrage. Der Gedanke damals sei gewesen, Linien zu straffen, damit die Ziele schneller erreicht werden können. Die Haltestelle vor dem HSH, die ohnehin nur in eine Richtung bedient wurde, habe man damals gestrichen, weil sie wegen ihrer Lage nicht barrierefrei hätte ausgebaut werden können. Alle jetzt umgesetzten Veränderungen könnten sich aber vom kommenden Sommer an erledigen, wenn der sogenannte Hopper auch in Heusenstamm eingeführt werden soll.
Ähnlich sieht es Marcell Biederbick, Leitung der Planung und Infrastruktur bei der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach (kvgOF): „Das ist jetzt eine Übergangszeit, die so nicht geplant war“, sagt er. Eigentlich sollte der Hopper bereits durch die Schlossstadt fahren. Die Hopper sind Elektro-Kleinbusse, die auf Anruf viele Haltepunkte im Stadtgebiet anfahren, um Fahrgäste aufzunehmen oder abzusetzen. Dabei werden nicht nur die „üblichen“ Bushaltestellen genutzt, sondern auch andere geeignete Stopps. Derzeit plant die kvgOF die Einführung für den Sommer nächsten Jahres. Diese Kleinbusse sollen dann an allen sieben Wochentagen jeweils 20 Stunden unterwegs sein.
Offenbacher Verkehrsgesellschaft: AS-Taxi-Halt am Seniorenzentrum geplant
Um die Zeit bis dahin zu überbrücken, fährt das AST-38 vorerst auch tagsüber, allerdings nur auf den bisherigen OF-30-Strecken und nicht, wie dann künftig der Hopper, auch auf anderen Strecken, betont Marcell Biederbick.
Die Haltestelle vor dem Horst-Schmidt-Haus ist derzeit noch nicht im Streckennetz für die Anruf-Sammel-Taxis vorgesehen. Das will die kvgOF nun aber ändern. Man werde den Dienstleister bitten, auch diesen Stopp künftig anzufahren, versichert Biederbick. Allerdings, schränkt er ein, könne es ein paar Tage dauern, bis das organisiert sei, vermutlich in der nächsten Woche. (Claudia Bechthold)
Infos im Internet unter fahrplanwechsel.kvgof.de