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Wind macht den Himmel laut

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Heusenstamm/Dietzenbach - Nordwind mit einer Geschwindigkeit von mehr als 15 Knoten pro Stunde (etwa 28 Stundenkilometer) hat am Sonntagabend - indirekt - vielen Menschen rund um den Flughafen den Schlaf geraubt. Von Claudia Bechthold

Denn dieser „steife Brise“ hat am Sonntag die Nutzung der Startbahn 18 West auf dem Flughafen fast den ganzen Tag über verhindert. Das zumindest nennt Wolfgang Harms, einer der Sprecher des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, als Begründung für 21 Ausnahmegenehmigungen für Starts und Landungen nach 23 Uhr am Sonntag.

Seitdem das gerichtlich verhängte und inzwischen von Bundesverwaltungsgericht bestätigte Verbot von Flugbewegungen zwischen 23 und 5 Uhr gilt, müssen die Fluggesellschaften eine Genehmigung beantragen, wenn sie innerhalb dieser Ruhezeit Maschinen starten oder landen lassen wollen. Diese Genehmigungen würden auch nur erteilt, wenn die Fluggesellschaft den Grund für verspätete Landung oder verspäteten Start nicht selbst zu verantworten habe, versichert Harms.

Gesamte Betrieb über den Tag verteilt verzögert

Dies sei am Sonntagabend der Fall gewesen. Wegen des Rückenwinds für die Startbahn West und der damit verbundenen Sperrung habe sich der gesamte Betrieb über den Tag verteilt derart verzögert, dass man diese verspäteten drei Landungen und 18 Starts genehmigt habe. „Die Verzögerungen im Betriebsablauf waren bis zum Abend nicht abzuarbeiten“, sagt der Sprecher des Hessischen Wirtschafts- und Verkehrsministers Dieter Posch. In solchen Situationen seien die Genehmigungen nach den Vorgaben des Planfeststellungsbeschlusses auch zu erteilen.

Gelitten haben Heusenstammer und Dietzenbacher aber nicht nur unter den insgesamt 18 Starts, die am Sonntag nach 23 Uhr genehmigt worden waren. Schon das ganze Wochenende über haben die Anwohner vor allem im Westen der Schlossstadt den Lärm startender Flugzeuge ausgehalten. Durch anhaltende Ostwetterlage waren am Samstag und am Sonntag immer wieder startende Maschinen über die Häuser gedonnert.

Nicht im Einklang mit dem Urteil aus Leipzig

Den Eindruck manchen Anwohners, das Wirtschaftsministerium erteile diese Ausnahmegenehmigungen doch recht großzügig, weist Harms indes zurück. „Das wird von uns restriktiv gehandhabt; da passiert nichts, was nicht im Einklang mit dem Urteil aus Leipzig ist“, betont er. Es gebe klare Regeln, wie damit umzugehen sei, wenn Verspätungen oder Notlagen entstehen. Die Frage, so Harms, wie man mit solchen Wettersituationen umgehe, wenn der Flughafen statt der derzeitigen 90 Flugbewegungen pro Stunde die angestrebten 126 Bewegungen pro Stunde erreicht hat, sei hypothetisch.

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Schuld ist nur der Wind?

Häufiger als sonst hat in der Nacht zum Montag auch das Telefon der Fluglärmbeschwerdestelle am Flughafen (Telefonnummer: 0800 - 234 56 79) geklingelt. Weit mehr als 1000 Anrufe seien es gewesen, auch aus Dietzenbach, hatte man einem Beschwerdeführer gesagt. Dies wollte Dieter Hulick, Sprecher des Flughafenbetreibers Fraport, nicht bestätigen. Die Anrufe seien noch nicht ausgewertet. Auch mochte er „nicht spekulieren“, wie man künftig mit Wetterlagen umgeht, bei denen die Startbahn West nicht genutzt werden kann, wenn man die 126 Flugbewegungen je Stunde eines Tages erreicht hat: „Wir können das Wetter ja nicht vorhersagen.“

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Für Dieter Faulenbach da Costa, Offenbacher Flughafen-Berater und Experte, outet sich die Luftverkehrsbehörde mit diesen Genehmigungen immer mehr als Lobbyist der Luftverkehrswirtschaft, bei der die Interessen der Flughafennachbarn immer zurücktreten müssen. So werde auch die Vorgabe des Gerichts, dass der Flugbetrieb in den Randstunden langsam ausklingen und anlaufen solle, bislang ignoriert.

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