Sorgenkind statt Wirtschaftsfaktor: Wald im Kreis Offenbach braucht Hilfe
Der Wald in Heusenstamm (Kreis Offenbach) ist längst ein Sorgenkind. Das merken nicht nur Spaziergänger angesichts verdorrter und entwurzelter Bäume.
Heusenstamm – Während des Bauausschusses wurden intensiv über den Waldwirtschaftsplan für das kommende Jahr gesprochen, der auf der Tagesordnung stand. „Das wichtigste Ziel der Zukunft ist es, einen Klima stabilen Mischwald zu entwickeln“, kündigten Forstamtsleiter Melvin Mika und Förster Michael Kobras im Ausschuss an. Am Ende der folgenden Informationen erhielt der Plan eine mehrheitliche Abstimmungsempfehlung für die Stadtverordnetenversammlung.
Insgesamt 885 Kubikmeter Holz sollen im Jahr 2023 im Heusenstammer Stadtwald geerntet werden. Liefern würden sie einen Ertrag von etwa 30 000 Euro. „Allerdings sind nur 155 Kubikmeter planmäßig“, berichtete Mika. Gelte es doch grundsätzlich, gegenüber den ursprünglich angedachten Erträgen die sogenannten Kalamitäten, also Schäden durch Sturm oder Krankheiten im Auge zu behalten. Gerade aktuell sei zu bedenken, dass nach einem kurzen „Durchatmen“ im Jahr 2021 der zurückliegende Sommer wieder eine Dürre gebracht hat.
„Es war der trockenste Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnung“, teilt auch der Bericht zum Waldwirtschaftsplan mit. Da derzeit nicht vorhersehbar sei, wie sich das Klima weiter gestalte, seien die Ausgangsbedingungen für die Entwicklung des Waldes ungewiss, fügte Mika hinzu. „Der Plan ist immer auch vom Klima beeinflusst, gerade jetzt ist der Boden nach wie vor nicht mit Wasser aufgefüllt und wir haben keine komplette Entspannung.“ Daher sei es wichtig, eine große Palette an Baumarten einzuplanen, um im Bedarfsfall darauf zurückgreifen zu können.
Wald in Heusenstamm: Nachhaltige Maßnahmen stehen im Fokus
Bei der Wiederbewaldung gehe es nun also darum, Bäume zu ergänzen, unter anderem durch Esskastanie und Vogelkirsche sowie Baumbestände, die nicht standortgerecht sind, umzubauen. Allerdings: „Die Sicherung von bestehenden Forstkulturen und ihre Pflege hat Vorrang vor den Neuanpflanzungen“, sagte Mika. Vor allem die Buche, deren Bestand etwa 17 Prozent im Heusenstammer Wald ausmacht, sei stark beschädigt, so dass lediglich eine Schadholzernte eingeplant sei und zusätzliche Bäume dazu kommen sollen. Ebenso sieht es bei dem Elf-Prozent-Anteil der Eiche aus. „Da ist der Holzabsatz gesichert, wir werden aber nur absterbende oder bereits abgestorbene Bäume nutzen“, so der Forstamtsleiter. Leicht reduzieren soll sich dagegen der Bestand an Kiefern mit derzeit 57 Prozent, darunter viele Bäume, die stark vom Diplodia-Pilz befallen sind. „Und was die Fichte angeht, so ist sie eine aussterbende Baumart.“
Bei allen Maßnahmen solle sich die nun anstehende Ernte nachhaltig gestalten, hob Mika weiter hervor. Mehr noch: „Natürlich soll der Wald wirtschaftlich sein, aber die Wirtschaftlichkeit steht nicht im Vordergrund.“ Auch Bürgermeister Steffen Ball betonte eine gut durchdachte Ernte. „Der Wald ist kein Wirtschaftsfaktor für die Stadt“, stellte er fest. Wie der Forstamtsleiter berichtete, setze man neben der Brennholzveräußerung im Holzverkauf auf einen sogenannten Stockkäufer, der nicht nur das Holz erwirbt, sondern auch den Maschineneinsatz übernimmt. Notwendig seien darüber hinaus Durchforstungsmaßnahmen, um verbleibenden Bäumen mehr Standraum zu verschaffen.

Kreis Offenbach: Bürger au Heusenstamm pflanzen 2000 Bäume
Ob nicht auf die Vermarktung gänzlich verzichtet werden könne, fragte schließlich Christoph Schröder von den Grünen. „Wir sind doch eher eher ein Naherholungswald und kein Wirtschaftswald.“ Dennoch könne man nicht einzelne Bäume fällen und auf dem Boden lassen, stellte der Forstwirt fest. „Das Holz verrottet nicht so schnell und dann liegt irgendwann ziemlich viel rum.“ Ausräumen konnte Förster Kobras auch Bedenken, dass Waldabschnitte durch schweres Gerät bei der Einholung der Bäume zerstört würden. „Die Wege werden immer im Anschluss an die Arbeiten instand gesetzt, das kontrollieren wir auch.“
In mehreren Bürgeraktionen seien in den zurückliegen Monaten bereits 2000 Bäume neu gepflanzt worden, teilte Mika mit. „Es werden nun auch weitere Projekte dazukommen, die noch gar nicht im Plan erfasst sind“, kündigte er an. So müssten Überlegungen angestellt werden zu den Flächen, die durch Brandstiftungen zerstört wurden. (Barbara Scholze)