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Stadt schießt Awo 23 Millionen Euro zu: Streit um „offensichtlich geschönt dargestellte“ Miete

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Von: Claudia Bechthold

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Die neue Kita auf dem Gelände an der Herderstraße stand im Mittelpunkt eines Akteneinsichtsausschusses.
Die neue Kita auf dem Gelände an der Herderstraße stand im Mittelpunkt eines Akteneinsichtsausschusses. © Häsler

Die Stadt Heusenstamm schießt der Awo 23 Millionen Euro für den Betrieb einer Kita zu. Das sorgt für Kritik. Ein Ausschuss hat den Fall nun unter die Lupe genommen.

Heusenstamm – Rund 23 Millionen Euro zahlt die Stadt Heusenstamm im Verlauf der nächsten 25 Jahre an die Arbeiterwohlfahrt (Awo) für den Betrieb der neuen Kindertagesstätte an der Herderstraße. Dies ergibt sich aus einem Vertrag, den die Stadt mit der Awo als Träger der Einrichtung geschlossen hat. Danach fließen jährlich etwa 925 000 Euro für ungedeckte Betriebskosten inklusive Miete an die Arbeiterwohlfahrt.

Die Höhe des Betrags und die feste Vertragslaufzeit auf 25 Jahre mit Beginn im Jahr 2020 hatten die FDP im Oktober vor einem Jahr veranlasst, die Einberufung eines Akteneinsichtsausschusses zu beantragen. Zumal, wie deren Fraktionsvorsitzender Uwe Klein betonte, dieser Vertrag den Stadtverordneten nicht, wie etwa bei Verträgen mit den konfessionellen Trägern von Kitas, im Wortlaut vorlag.

Kita in Heusenstamm (Kreis Offenbach): Ausschuss legt Abschlussbericht vor

Der Akteneinsichtsausschuss – Mitglieder waren jene des Haupt- und Finanzausschusses – tagte erstmals am 20. Januar dieses Jahres. Nach der Vorlage des Vertrags stellten die Ausschussmitglieder Fragen an den Magistrat, die Ende März während einer zweiten Sitzung beantwortet wurden. Allerdings endete die Amtszeit jener Stadtverordneten zum 31. März. Nach der Kommunalwahl musste sich der Ausschuss neu konstituieren. Weitere drei Sitzungen fanden daher statt.

Im Abschlussbericht hielt Uwe Klein als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses nun fest, dass der jährliche Zuschussbetrag in Höhe von 925 000 Euro weder das Ergebnis einer Berechnung noch einer Kalkulation sei. Der Magistrat habe mitgeteilt, dass es sich dabei um eine „ungefähre Größenordnung bei Vollbelegung“ der Kita mit 99 Plätzen handele. Dies habe sich aus der Beschlussvorlage des Magistrats vom September 2018 nicht ergeben, hätte aber deutlich gemacht werden müssen, betonte Klein.

Kita in Heusenstamm (Kreis Offenbach): „Rasant“ erhöhte Miete in Kalkulation wirft Fragen auf

Zudem habe man feststellen müssen, dass die Stadt keine rechtlichen Möglichkeiten habe, wenn es während der 25-jährigen Laufzeit des Vertrags zu Verpflichtungen komme, die über die Bezuschussung anderer freier oder konfessioneller Träger von Kindereinrichtungen in der Stadt hinausgehe. Sehr erstaunt sei man außerdem, dass sich die angesetzte „kalkulatorische Miete“ in den ersten Jahren „rasant“ erhöhe. Klein: „Die Anfangsmiete wurde uns offensichtlich geschönt dargestellt.“

Der Freidemokrat zitierte dazu die Auskunft des Awo-Geschäftsführers, die sich der Magistrat zu eigen gemacht habe: „Die Steigerungen seien frühzeitig abgestimmt gewesen, um die Kreditraten bedienen zu können. Die Anfangsmiete sei auf Wunsch des Bürgermeisters auf unter zehn Euro festgelegt worden. Außerdem müssten Rücklagen für die Instandhaltung aufgebaut werden, lautete die Auskunft.“ Schließlich könne die Awo nach den Angaben von Uwe Klein eine Verwaltungskostenpauschale von sieben Prozent beanspruchen. Diese sei doppelt so hoch wie die konfessioneller Kitas.

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Für die FDP, betonte deren Fraktionschef, diese Regelungen seien nicht ausgewogen. Die Stadtverordnetenversammlung mit ihren Ausschüssen müsse bei wirtschaftlich bedeutsamen Verträgen eingebunden werden, um der Kontrollpflicht besser nachkommen zu können. Den Vorwurf einer „geschönten“ Miete weise er zurück, sagte Bürgermeister Halil Öztas. Es sei vielmehr ein Verhandlungserfolg des Magistrats, zunächst eine niedrige Miete anzusetzen. Alles in dem Vertrag sei inhaltlich normal, wie es sich gehöre. Dass kein Wirtschaftsplan vorgelegt worden sei, sei mit der Erfahrung des Fachdienstes zu erklären, der die Kosten abschätzen könne.

SPD-Fraktionschef Rolf Lang warf der FDP vor, sie wolle die Beziehung zwischen Stadt und Awo skandalisieren. Der Ausschuss sei vertane Zeit und Geld gewesen. Lang war bis zu seiner Pensionierung vor einigen Jahren selbst Geschäftsführer der Arbeiterwohlfahrt. (Claudia Bechthold)

Bereits im Februar 2021 gab es in einer Kita in Heusenstamm Kritik. Eltern beschwerten sich über einen „besorgniserregenden Personalzustand“.

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