„Tröstlicher als je zuvor“

„Von der Auferstehung Christi her kann ein neuer, reinigender Wind in die gegenwärtige Welt wehen.“ Mit diesem Zitat von Dietrich Bonhoeffer – lutherischer Theologe und Widerstandskämpfer, von den Nationalsozialisten kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs ermordet – wünscht Pfarrer Martin Weber im Kirchenblättchen der katholischen Pfarrgruppe ein frohes Osterfest.
Heusenstamm – Doch die schrecklichen, oft unerträglichen Bilder und Nachrichten, die derzeit tagtäglich aus der Ukraine eintreffen, machen es schwer, Zuversicht und Hoffnung zu schöpfen. Wie kann die Osterbotschaft den Menschen helfen?
Für den katholischen Pfarrer Martin Weber ist der Kreuzweg von Jesus Christus eine Analogie zu dem Leid, dass die Menschen in der Ukraine aushalten müssen. Das Osterfest habe man auch in der Vergangenheit immer in schlimmen Zeiten, in Gebrochenheit gefeiert, erinnert er. „Es war nie alles in Ordnung in der Welt.“ Und dennoch gebe die Botschaft von Tod und Auferstehung Zuversicht, eine Perspektive, „die uns kein Putin geben kann“.

Daher werde dieser Krieg auch seinen Platz in den Ostergottesdiensten finden, vor allem in den Fürbitten, aber auch in den Predigten. Es gelte, sein eigenes Leben so zu formen, dass das Böse es nicht beherrscht. Die Mächte des Todes dürften nicht das letzte Wort haben.
Kein eigenes Thema will Pastor Klaus Philipsen von der Freien evangelischen Gemeinde (FeG) zu Ostern aus dem Krieg in der Ukraine machen. Dass die Osterbotschaft gelte, zeige sich ihm, wenn Menschen anderen helfen, wie etwa jenen, die Geflüchtete aus der Ukraine aufgenommen haben: „Teil der Osterbotschaft ist, dass wir durch Christus mit anderen Menschen verbunden sind, weil wir uns einander auf Augenhöhe als Gottesgeschöpfe begreifen“, sagt er. Es sei wichtig, anderen ihre Würde zu bewahren, sie als gleichwertig zu sehen.
Menschen, die solche schrecklichen Taten wie derzeit in der Ukraine begehen, lebten ohne Gott und Jesus: „Ihr Verlorensein lässt sie solche Taten begehen.“ Dies mache deutlich, warum man die Botschaften von Karfreitag und Ostern so nötig habe. Pastor Philipsen: „Jesus ist in die Welt gekommen, um die Menschen von ihren Gebundenheiten zu befreien.“ Macht und Gier zeigten, dass diese Menschen ohne Gott leben. Jesus verspreche, dass jeder sein Leben verändern könne.

Auch der evangelische Pfarrer Sven Sabary wird in den Ostergottesdiensten auf die Ereignisse in der Ukraine eingehen, „vor allem in den Gebeten“. „Durch die Bilder, die man ständig sieht, wird uns die Passion viel eindringlicher, gewalttätiger und plastischer vor Augen geführt“, sagt er. Texte, die man seit Jahrzehnten immer wieder lese, träfen in diesem Jahr mit viel mehr Wucht, weil man stets die Eindrücke der Berichte aus der Ukraine vor Augen habe. Und gerade deshalb sei die Botschaft, dass der Tod nicht das letzte Wort habe, sondern dass sich das Leben, die Nächstenliebe und die Solidarität durchsetzen, stärker sind, in diesem Jahr umso wichtiger, „und für mich deutlich tröstlicher als in den Jahren zuvor“.
Die unglaubliche Hilfsbereitschaft der Menschen zeige auch, welche Kräfte das Schlimme freisetzen könne und gebe Hoffnung. Der Sieg des Lebens über den Tod, eben die Osterbotschaft, sei das Hoffnungsbild, das als Gegenerzählung seit Jahrtausenden eine tiefe Menschheitserfahrung sei und Kraft gebe. (Claudia Bechthold)