Weißes Dinner im Garten des Schönbornschen Schlosses

Es sind vorwiegend Frauen. Sie fasziniert die Zubereitung exotischer Speisen, sie experimentieren mit internationalen Spezialitäten und bereiten Traditionelles aus der Heimat. Am Samstag war „ganz in Weiß“ angesagt: Der aus dem Französischem entliehene Brauch des „Weißen Dinners“ soll alle gleich erscheinen lassen, egal ob arm oder reich, klein oder groß, heimisch oder fremd. Und so präsentieren sich auch die Gäste der sechsten Ausgabe des romantischen Treffens im Schlossgarten multikulturell und vielfältig.
Heusenstamm - Dominik Stotzem und das Team des städtischen Fachdienstes Sport und Kultur haben den Garten vorbereitet. Sie empfangen jetzt die Gäste mit dem Hinweis auf die Maskenpflicht auf den ersten Metern bis zur Registrierung. Die meisten „Weißen“ sind gut vorbereitet, haben ihr Mobiltelefon in der Hand, um ihren Eintritt über den QR-Code registrieren zu lassen. Gleich danach können sie den Mund-Nase-Schutz wieder abnehmen. Allein der Gang zur Toilette verlangt erneut das Tragen der Maske.
Mitglieder der SG Heusenstamm haben das Verleihen der Garniturtische übernommen, nutzen eine der raren Möglichkeiten, ein paar Euro in die Vereinskasse zu führen. Auch die Veranstaltungstechniker aus Mühlheim haben in diesen Zeiten nicht viel zu tun. Sie sind engagiert und strahlen das Laub entlang der Schlossmauer von unten Violett an.
Dem Schönbornschen Gemäuer verleiht das Licht einen Hauch gräflicher Festlichkeit, und das passt zum schneeweißen Tuch, in das sich nahezu alle Besucher konsequent gehüllt haben. Elegant-geschmackvoll eint die Dekoration auf dem Rasen das Bild, die Damen sorgen für die passende, kreative Gestaltung der weiß gedeckten Tische: Die Männer haben derweil prall gefüllte Einkaufstaschen an die zugewiesenen Plätze geschleppt.
Daheim waren sie bereits den ganzen Tag als erfahrene Köchinnen aktiv, erzählt ein Quartett aus Obertshausen stolz. Die Frauen haben ihre Männer daheim auf dem Sofa zurückgelassen, eine Win-win-Situation, behaupten sie ohne Gegenwehr. Die vielen süßen Leckereien stammen nicht alle aus Polen, die Speisen mit den unaussprechlichen Namen in den Schalen schon. Mehrere Weine und Spirituosen entstammen ebenfalls der Kultur des Nachbarlands im Osten.
In vielen Farben leuchten die Süßigkeiten ein paar Tische weiter. Dort haben sich Mitglieder des Vereins der Übersee-Chinesen versammelt. Sie zücken bei jedem Gericht die Mobiltelefone mit der Fotofunktion, schießen Selbstbildnisse mit einem Glas oder einem Teller in der anderen Hand. Taucht die Fotografin auf, die im Auftrag der Schlossstadt unterwegs ist, formieren sich die fast 20 Asiaten wie einstudiert zum Gruppenbild.
Am Beet in der Senke haben sich die Angehörigen eines Heusenstammer Seniorenservices niedergelassen. Die Speisekarte ist entsprechend der Mehrheit der Frauen an der Tafel thailändisch geprägt, mit Reis-Rezepten und Gemüse-Variationen. Mitarbeiterinnen mit Wurzeln in Syrien, Marokko und Italien bereichern die Auswahl um Mascarpone und andere Desserts.
Viel Beifall heimst das NYC Jazz Trio für träumerische Takte ein. Sängerin Nashi Young Cho begeistert auch die Kinder vor dem Bühnen-Pavillon mit dem „rosaroten Panther“ und „Balu“, rasch singt der Nachwuchs die Parole mit, „probier’s mal mit Gemütlichkeit“. Richtig gemütlich wird es zum Finale. Dominik Stotzem verteilt extra lange Wunderkerzen, die auf sein Kommando hin noch vor 23 Uhr Funken sprühen. Mit rund 200 Teilnehmern sind es diesmal nur halb so viele wie in den ersten Jahren. Das ist ausnahmsweise weniger der Pandemie geschuldet sondern eher dem Wetter: Kurz vorm Aufbau hat es geregnet, da sind manche Unentschlossene zu Hause geblieben. (Michael Prochnow)