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Antisemitischer Angriff: Langener schreitet ein und wird schwer verletzt

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Von: Christian Weihrauch

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Am Langener Bahnhof ist es zu einen antisemitischen Angriff gekommen.
Am Langener Bahnhof ist es zu einen antisemitischen Angriff gekommen. © Archivfoto: Strohfeldt

Langen – Zwei Männer haben ihn am Langener Bahnhof angegriffen und schwer verletzt - und das nur, weil er einem Mann in Not helfen wollte: Jetzt meldet sich der 48-jährige Langener zu Wort, der durch sein Einschreiten selbst zum Opfer wurden. Von Christian Weihrauch

Er ist entsetzt über die fehlende Zivilcourage der Langener. „Dass niemand etwas sagt oder einschreitet, macht mich fassungslos. Es gab 15, 20 Menschen, die haben weggesehen. Es gibt auf dem Bahnsteig zwei Geschäfte. Da kann mir keiner erzählen, dass niemand etwas mitbekommen hat “, kritisiert der 48-Jährige. Er möchte seinen Namen nicht öffentlich nennen, will damit seine Familie schützen.

Was war geschehen? Es war eigentlich ein ganz gewöhnlicher Mittwoch, die Gleise auf dem Langener Bahnhof gut gefüllt mit Schülern, Pendlern und Reisenden. Doch um 14.20 Uhr kam es dann zu dem Vorfall, der nicht nur das Leben des Langeners änderte.

Auf Bahnsteig 1 beleidigte ein 26-jähriger Mann aus Langen einen etwa 80 Jahre alten Mann und benutzte nach Angaben des 48-Jährigen das Wort Jude als Schimpfwort. „Das war so laut, dass ich es aus gut 50 Metern auf Bahnsteig 3 gehört habe“, erzählt er. Doch niemand auf Bahnsteig 1 schritt ein. „Die Leute dort haben auf ihr Handy geschaut oder weggesehen. Es macht mich fassungslos, dass da niemand etwas sagt oder sogar dem Mann hilft. Ich bin enttäuscht.“

Foto für Beweissicherung

Für den 48-Jährigen war es selbstverständlich, zu helfen. Gemeinsam mit einer Frau schrie er von Bahnsteig 3, dass der 26-Jährige den Mann in Ruhe lassen solle. Außerdem rief er die Polizei an und machte mit dem Handy ein Foto. „Das wollte ich natürlich nicht ins Internet stellen, sondern es war für die Beweissicherung“, erklärt er.

Doch seine Schreie nutzen nichts, der 26-Jährige beleidigt den etwa 80-Jährigen immer weiter. Der 48-Jährige aus Langen beschloss einzuschreiten und machte sich durch die Unterführung auf den Weg zu Bahnsteig 1.

In der Zwischenzeit stieß der 26-Jährige den Senior auf dem Bahnsteig zu Boden und floh. Als der Langener auf Bahnsteig 1 ankam, war von dem Verdächtigen nichts mehr zu sehen. Zurück in der Unterführung sah er jedoch den 26-Jährigen wieder auf der Westseite des Bahnhofs, verfolgte ihn und rief gleichzeitig die Polizei an. Diese sollte wissen, dass der Täter sich nun woanders aufhielt.

„Dann passte ein Freund des Mannes mich ab, meinte ich solle mich nicht so anstellen. Doch ich sagte ihm, dass ich die Polizei anrufen würde. Plötzlich bekam ich von hinten einen Schlag auf dem Kopf. Jemand muss sich an mich herangeschlichen haben, vermutlich der 26-Jährige“, berichtet der Langener. Ein zweiter Angreifer ist der Bundespolizei noch nicht bekannt, der 48-Jährige wurde aber auch noch nicht vernommen.

Polizei sucht Rabbi

Die Folgen des Angriffs sind fatal: Frakturen an Jochbein und Mittelhandknochen, Schürfwunden an den Händen und Hämatome im Gesicht. In der kommenden Woche wird er operiert, bekommt eine Titanplatte eingesetzt. „Die Schmerzen, die ich habe, sind aber keine körperlichen, ich habe Schmerzen, weil niemand eingeschritten ist. Auch mir hat niemand geholfen, obwohl Menschen in der Nähe waren.“

Auf dem Weg zur Klinik konnte der 48-Jährige noch den Täter beschreiben. Diesen nahmen die Polizisten später noch am Bahnhof in Langen fest und stellten Atemalkoholkonzentration von 2,9 Promille fest. Nach Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen gefährlicher Körperverletzung sitzt der 26-Jährige jetzt in Untersuchungshaft.

Sollte sich der Anfangsverdacht eines antisemitischen Angriffes erhärten, prüft die Bundespolizei nach eigenen Angaben, den Staatsschutz einzuschalten. Außerdem suchten die Ermittler weiterhin nach dem etwa 80 Jahre alten Mann, der nach ersten Erkenntnissen Rabbi sein könnte. Er soll zur Klärung des Falles beitragen. Die Polizei nimmt sachdienliche Hinweise unter der Telefonnummer 069/130 145 1103 entgegen.

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