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Für eine Welt ohne Armeen

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Couch-Talk: Stefan Maaß, Friedensbeauftragter der Evangelischen Landeskirche Baden (links), diskutierte beim Politischen Salon der Dreieichschule mit Eliana Zewdie und Lehrer Jörg Couturier über Sicherheitspolitik.  
Foto: Kokoschka Selbst wenn man in der Politik ist, kann man nur begrenzt etwas erreichen. Man braucht immer die Unterstützung der Bevölkerung. Stefan Maaß Friedensbeauftragter
Couch-Talk: Stefan Maaß, Friedensbeauftragter der Evangelischen Landeskirche Baden (links), diskutierte beim Politischen Salon der Dreieichschule mit Eliana Zewdie und Lehrer Jörg Couturier über Sicherheitspolitik. Foto: Kokoschka Selbst wenn man in der Politik ist, kann man nur begrenzt etwas erreichen. Man braucht immer die Unterstützung der Bevölkerung. Stefan Maaß Friedensbeauftragter

Langen – Wie soll die Sicherheitspolitik der Zukunft aussehen? Mit dieser Fragestellung hat sich der Politische Salon der Dreieichschule – in Kooperation mit dem Evangelischen Dekanat Dreieich und Pax Christi Rhein/Main – beschäftigt. VON VANESSA KOKOSCHKA

Wenn es nach Diskussionspartner Stefan Maaß, Friedensbeauftragter der Evangelischen Landeskirche Baden, geht, liegt die Lösung in einer zivilen Sicherheitspolitik. Seit 2013 verfolge seine Landeskirche das Ziel, eine „Kirche des gerechten Friedens“ zu werden. In diesem Rahmen hat eine Arbeitsgruppe zum Thema „zivile Sicherheitspolitik“ recherchiert und verschiedene Szenarien entworfen. Das Negativszenario geht von den schlechtmöglichsten Entscheidungen aus, die von nun an bis 2040 getroffen werden können. „Die Zahl der Flüchtlinge würde steigen, die Welt wäre nah am Atomkrieg und es gäbe mehr Krieg auf der Erde“, zählt Maaß auf. Die Trendprognose richtet sich nach der aktuellen Entwicklungstendenz: Diese Variante sieht nicht wesentlich rosiger aus als das Negativszenario. Im positiven Szenario dagegen solle es keine militärische, sondern nur noch eine zivile Sicherheitspolitik geben.

Diese Variante hat die Arbeitsgruppe in ihrer Publikation „Sicherheit neu denken“ detailliert beschrieben: 2025 beschließe der Bundestag den Umstieg Deutschlands zur zivilen Sicherheitspolitik, 2026 würden die EU und Russland über eine gemeinsame Wirtschaftszone verhandeln und 2035 werde die Bundeswehr vollständig in einen zivilen Teil des (Internationalen) Technischen Hilfswerks umgewandelt.

Dieses Konzept der zivilen Sicherheitspolitik stütze sich auf fünf Säulen, erläutert Maaß. „Gerechte, ökologische und faire Außenbeziehungen spielen eine Rolle. Das betrifft aber nicht nur die Politik, sondern auch unseren eigenen Lebensstil.“ Eine nachhaltige Entwicklung der EU-Anrainerstaaten sei die zweite Säule. Zum Dritten: Teilhabe an der internationalen Sicherheitsarchitektur. „Deutschland kann innerhalb der NATO eine andere Position einnehmen und als Vermittler auftreten“, schlägt Maaß vor. Hinzu sollen 50 000 zivile Friedensfachkräfte kommen. „Seit 1999 waren 1200 Friedensfachkräfte im Einsatz, aktuell sind es etwa 300“, sagt Maaß. In ihrer Funktion sollen sie in Krisenregionen helfen oder präventiv in Schulen lehren. Die letzten beiden Säulen sehen eine widerstandsfähige Demokratie und eine Umwandlung der Bundeswehr vor. „Die Bundeswehr könnte als internationale Polizei oder als Teil des Internationalen Technischen Hilfswerks agieren.“

Nachdem Maaß das Konzept der zivilen Sicherheitspolitik vorgestellt hat, stellt er sich den Fragen der Moderatoren und des Publikums. Neben Lehrer Jörg Couturier stellt (nach dem überraschenden Abgang seines Kollegen Stefan Trier) nun auch Oberstufenschülerin Eliana Zewdie Fragen. „Sie haben uns nun viel über das Konzept berichtet. Doch was kann der Einzelne dafür tun?“, fragt die 17-Jährige. Zuerst müsse derjenige wissen, auf welcher Ebene er etwas bewirken wolle, antwortet Maaß. „Dann kann ich mich eventuell mit Gleichgesinnten in der Umgebung zusammenschließen. Gemeinsam ist es leichter, etwas zu bewegen als alleine.“ Couturier will wissen, was an der UNO reformiert werden müsse. „Die Sicherheitspolitik kann nicht mehr nur von ein paar Staaten bestimmt werden. Diese Staaten verfolgen eigene Interessen, was zugleich die Schwäche der UNO ist“, antwortet Maaß.

Auch aus dem Publikum gibt es Fragen an den Friedensbeauftragten. So will Lennard Carlstaedt wissen, warum Maaß nicht selbst in die Politik gehe, um zu verändern. „Ich kann mir vorstellen, dass es einfacher ist, direkt in der Politik etwas zu bewirken als von außerhalb“, meint der 16-Jährige. Darüber habe er noch nicht nachgedacht, gibt Maaß zu. Doch: „Selbst wenn man in der Politik ist, kann man nur begrenzt etwas erreichen. Man braucht immer die Unterstützung der Bevölkerung.“

Das Interesse in der Öffentlichkeit am Thema jedenfalls scheint zumindest vorhanden: Im Musiksaal ist kaum ein Platz frei, der Diskussionsabend dauert lange. Über das rege Interesse freut sich Jörg Couturier und hofft, dass dies auch bei der kommenden Ausgabe der Fall ist: Zum nächsten politischen Salon erwartet die Dreieichschule am 7. Mai zum Thema „Populismus in Europa – Gefahr für unsere Demokratie?!“ die Linken-Fraktionsvorsitzende im Hessischen Landtag, Janine Wissler.

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