Erste Tagung der Ausländerbeiräte im Kreis

Erstmals haben sich Vertreter aller Ausländerbeiräte in den Kreiskommunen und des Kreisausländerbeirats Offenbach zu einem gemeinsamen Erfahrungs- und Ideenaustausch getroffen. Dazu kamen die Delegierten der insgesamt 14 Beiräte im Langener Rathaus zu einer Konferenz zusammen.
Langen –Eingeladen dazu hatte der Ausländerbeirat Langen gemeinsam mit dem Kreisausländerbeirat. Unter den Gästen und Rednern waren auch Landrat Oliver Quilling und Bürgermeister Jan Werner. Beide betonten die Bedeutung der Arbeit der Ausländerbeiräte im Kreis für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und bedankten sich für das langjährige politische Engagement und die vertrauensvolle Zusammenarbeit in vielfältigen Bereichen. Mehmet Canbolat, Vorsitzender des Ausländerbeirats Langen, sowie der Vorsitzende des Kreisausländerbeirats, Hüsamettin Eryilmaz, und seine Stellvertreterin Zahide Demiral unterstrichen den Stellenwert der Konferenz, die zum Ziel hat, neben dem gegenseitigen Austausch über die Erfahrungswerte zu aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Ausländerbeiräte, politische Teilhabe sowie vorbildliche Beispiele zu diskutieren. Darüber soll die Konferenz – so wünschen es sich die Veranstalter – Gelegenheit bieten, gemeinsame kreisweite Projekte zu realisieren, an denen mehrere Kommunen beteiligt sind. Einige Ausländerbeiräte des Kreises zogen eine Bilanz ihrer knapp zweijährigen Arbeit (seit der Wahl im März 2021) und präsentierten diese in Form von Videos mit dem Ziel, durch den Erfahrungsaustausch voneinander zu profitieren.
Zwei wichtige Themen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung: die aktive politische und gesellschaftspolitische Arbeit der Ausländerbeiräte und das Kommunalwahlrecht für sogenannte Drittstaatler. Gastredner zum ersten Thema war Enis Gülegen, Vorsitzender des Agah-Landesausländerbeirats (Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen), der die Bedeutung von Zusammenhalt und politischer Bildung für aktive Beiratsmitglieder betonte. „So können die Ausländerbeiräte auf Augenhöhe und in der gleichen Sprache auf politische Geschehnisse in diesem Land reagieren“, meint Gülegen. Daher sei es wichtig, dass sich die Gremien an möglichst vielen Bildungsangeboten beteiligen und aktiv politische und gesellschaftliche Arbeit leisten – sei es in den einzelnen Kommunen oder auf Kreis- und Landesebene.
Kommunales Wahlrecht für Drittstaatler gefordert
Zudem forderten die Ausländerbeiräte auf ihrer Konferenz das kommunale Wahlrecht für Migrantinnen und Migranten aus Nicht-EU-Ländern – auch wenn das natürlich nicht Sache des Kreises ist, Adressat ist die Bundesregierung. „Die politische Teilhabe über Wahlen und Abstimmungen ist eines der Kernelemente jeder demokratischen Verfassung, so auch unseres Grundgesetzes. Viele demokratische Länder haben in ihren jeweiligen Verfassungen dieses bedeutende Grundrecht bei Kommunalwahlen nicht von der Staatsangehörigkeit der Einwohnerinnen und Einwohner abhängig gemacht, sondern allein vom dauerhaften Lebensmittelpunkt der Menschen“, fasst Canbolat zusammen. Von den derzeit knapp zwölf Millionen Menschen, die ohne deutschen Pass in der Bundesrepublik leben, haben viele aber kein Recht auf politische Teilhabe bei Kommunalwahlen. Staatsangehörige von Ländern, die nicht der Europäischen Union angehören – sogenannte Drittstaatler – dürfen hierzulande nicht wählen. „Eine demokratische Bürgergesellschaft kann es sich auf Dauer nicht leisten, einen großen Teil ihrer Mitglieder von elementaren Mitwirkungsrechten auszuschließen. Für die Identifikation aller Migrantinnen und Migranten mit ihrer Wahl-Heimatkommune und damit letztlich für den Erfolg von Integrationsprozessen ist das kommunale Wahlrecht eine wichtige Bedingung“, findet der Vorsitzende des Langener Ausländerbeirats. Das Wahlrecht ermögliche den Menschen die demokratische Teilhabe und Mitwirkung an der Gestaltung ihres unmittelbaren Wohn- und Lebensumfeldes.
Die Ausländerbeiräte in den Kreiskommunen und der Kreisausländerbeirat befürworten deshalb, dass Bundestag und Bundesrat die Voraussetzungen für die Einführung eines kommunalen Wahlrechts für alle Migrantinnen und Migranten schaffen. Sie fordern den Bund dazu auf, die notwendige Grundgesetzänderung vorzunehmen, um das kommunale Wahlrecht auf alle Migrantinnen und Migranten mit einem dauerhaften Lebensmittelpunkt in Deutschland ausdehnen zu können.
Nach der erfolgreichen Tagung waren sich die Teilnehmenden aus den Ausländerbeiräten einig, dieser ersten Konferenz weitere folgen zu lassen. Die Vertreter der Beiräte aus Rodgau und Seligenstadt haben sich spontan bereit erklärt, 2023 Gastgeber für die nächsten Konferenzen zu sein. (jrd)