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Haltestelle Langen: Demenzberatung hat großen Zulauf

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Von: Manuel Schubert

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Gibt Tipps für den herausfordernden Alltag mit demenziellen Angehörigen: Martin Salomon.
Gibt Tipps für den herausfordernden Alltag mit demenziellen Angehörigen: Martin Salomon. © Strohfeldt

Die kostenlose Demenzberatung des städtischen Begegnungszentrums Haltestelle in Langen ist so gefragt wie nie. Leiter Martin Salomon gibt den Angehörigen Tipps für den Alltag und verweist auf weitere Hilfsangebote.

Langen – Wenn Opa plötzlich die Geldbörse in den Kühlschrank legt oder Oma Zucker statt Salz in die Suppe gibt, können das Anzeichen für den Beginn einer Demenzerkrankung sein. Für Angehörige ist diese Situation oft sehr belastend. Hilfe erhalten sie seit vielen Jahren bei der Demenzberatung des städtischen Begegnungszentrums Haltestelle – ein Angebot, das immer mehr Menschen wahrnehmen: „Früher kamen nur die Ehepartner, später dann die Kinder und heute sogar die Enkel“, sagt Haltestellen-Leiter Martin Salomon, der die kostenlose Beratung anbietet.

Der Sozialpädagoge sitzt auf einem der knallgrünen Plastikstühle in dem schlichten, aber gemütlichen Beratungsraum der Einrichtung in der Elisabethenstraße 59a. Im Regal stapeln sich Ratgeber, Broschüren und Flyer rund um das Thema Demenz. Dass die Beratung so gefragt ist, führt Salomon auf zwei Faktoren zurück. Erstens sei das Thema nicht mehr so tabuisiert wie früher: „Demenz ist in aller Munde, taucht auch immer mehr in Büchern oder Filmen auf“, sagt er. Zweitens trage auch der demografische Wandel dazu bei: „Früher sind die Menschen jünger gestorben. Ab 80 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, relativ hoch.“

In der Regel nehmen fünf bis sechs Personen pro Woche die Demenzberatung in Anspruch, manchmal auch zehn. „Viele gehen hier wirklich erleichtert raus, weil sie zum ersten Mal erlebt haben, dass ihnen jemand zuhört“, erzählt Salomon. Dem 63-Jährigen ist es wichtig, vor allem eine Perspektive aufzuzeigen. So gibt er in dem maximal einstündigen Gespräch viele Tipps für den Alltag und überlegt zusammen mit den Angehörigen, was sie an ihrer Kommunikation ändern können, sodass die Beziehung zu der demenziellen Person gelingt. Denn eins ist Salomon wichtig zu betonen: „Der Mensch mit Demenz kann sich nicht verändern, aber ich kann ihm mit meinem Verhalten eine Chance geben, dass er sich wohlfühlt.“

Demenzberatung in Langen will Wege für besseres Miteinander aufzeigen

Ein Beispiel: Der Ehemann sitzt in seinem Wohnzimmer, sagt jedoch plötzlich, er wolle nach Hause. „Viele Menschen mit Demenz leben in einer früheren Realität, denken also zum Beispiel an die Wohnung, in der sie als 30-Jähriger gewohnt haben“, erläutert Salomon. „Sie leben in ihrer eigenen Welt, und wir Nicht-Dementen müssen uns in ihre Welt einfühlen. Der Haltestellen-Leiter empfiehlt: „Aufgreifen, ablenken und kreative Lösungen finden.“ So könne man beispielsweise zustimmend sagen: „Ja, zu Hause ist es am schönsten.“ Oder vorschlagen, die sich fremd anfühlende Wohnung mal kurz zu verlassen und einen Spaziergang zu machen. Es müssen aber auch nicht immer Worte sein. „Das Gehirn von Menschen mit Demenz baut ab, aber die Gefühle bleiben. Sie können Emotionen sehr genau wahrnehmen.“ Oftmals helfe es schon, sein Gegenüber zu berühren, zu streicheln, in den Arm zu nehmen oder ihm einfach in die Augen zu schauen. Mit kleinen Anregungen wie diesen soll die Demenzberatung Wege für ein besseres Miteinander aufzeigen.

Salomon stellt jedoch klar: „Wir machen hier keine Therapie.“ Je nach Grad der Erkrankung analysiert er zusammen mit den Angehörigen, ob es sinnvoll ist, dass man einen ambulanten Pflegedienst hinzuzieht oder die demente Person tagsüber eine Pflegeeinrichtung besucht. Wenn der betreuende Partner nicht mehr kann, ist manchmal auch der Umzug ins Pflegeheim alternativlos. „Die Angehörigen sind oft extrem belastet, weil sie sich jahrelang nicht eingestehen wollten, dass ihr Partner krank ist“, weiß Salomon. „Es ist ein ganz schwerer Schritt, zu akzeptieren, dass der andere nicht wieder normal wird.“ Manchmal stellt er bei der Beratung daher auch fest, dass die Angehörigen selbst eine Therapie oder psychische Beratung brauchen.

Kontakt

Wer einen Termin für die kostenlose Demenzberatung vereinbaren möchte, erreicht Martin Salomon unter 06103 203-923.

Seit vielen Jahren gibt es in der Haltestelle auch die „AusZeit“-Gruppe. Jeden Dienstag kommen Menschen mit Demenz und Ehrenamtliche zusammen, um sich zu unterhalten, Spiele zu spielen, Musik zu hören oder zu tanzen. „Da wird immer sehr viel gelacht“, meint Salomon. Und die Angehörigen können in dieser Zeit mal durchschnaufen. Auch gibt es alle vier Wochen einen „Gesprächskreis Demenz“. Wer sich für eins der beiden Angebote interessiert, bekommt unter 06103 203-920 weitere Infos.

Und wer sich selbstständig über das Thema informieren möchte, wird in der Stadtbücherei fündig: Dort wurde in Zusammenarbeit mit der Haltestelle ein Themenregal mit dem Namen „Leben mit Demenz“ eingerichtet. Zahlreiche passende Sachbücher, DVDs, Spiele und mehr liegen zur Ausleihe bereit. (Manuel Schubert)

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