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„Schwergewicht“ an altem Platz

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Ein paar Meter nördlich von seinem Originalstandort ist der Kilometerstein „13.0“ nun wieder vorzufinden. Er markiert die Route der einstigen Chaussee zwischen Frankfurt und Darmstadt, deren Überbleibsel bei Bauarbeiten durchaus noch zu identifizieren sind .
Ein paar Meter nördlich von seinem Originalstandort ist der Kilometerstein „13.0“ nun wieder vorzufinden. Er markiert die Route der einstigen Chaussee zwischen Frankfurt und Darmstadt, deren Überbleibsel bei Bauarbeiten durchaus noch zu identifizieren sind. © ms

Langen - Ein lange verschollener Kilometerstein hat am Samstag seinen Weg zurück zum alten Standort gefunden. „13. 0“ wurde aus den Tiefen des Alten Rathauses an die Darmstädter Straße zurückgebracht. Von David Heisig

Eingebettet war die Einweihung des historischen Wegweisers in einen Spaziergang entlang der „steinreichen“ Route, die Pendler zwischen Darmstadt und Frankfurt früher mitten durch Langen führte. Wer heute die Strecke von A nach B wissen will, gibt die Daten in das Navigationsgerät ein, schaut auf eine Smartphone-App oder in eine Straßenkarte. Wer sich vor gut 150 Jahren fortbewegte, brauchte andere Hinweise, zum Beispiel wegweisende Kilometersteine. Ausgerechnet ein „Schwergewicht“ unter den steinernen Wegweisern fehlte bis dato: der historische Zeitzeuge mit der Aufschrift „13.0“, der einst Generationen von Reisenden auf der Chaussee zwischen Darmstadt und Frankfurt den Weg wies. Die „13.0“ steht für den exakten Abstand zum Langen Ludwig in Darmstadt.

Seit Samstag thront der Markierungsstein nun wieder an alter Stelle. Unter Regie des Verkehrs- und Verschönerungsvereins wohnte seiner Enthüllung eine ganz Delegation historisch interessierter Langener bei, die mit Stadtarchivar Heribert Gött und Dr. Wilhelm Ott, Grenzsteinobmann des Kreises, auch weitere „Meilensteine“ entlang der historischen Route aufspürte.

Treffpunkt ist bei der alten Autobahnmeisterei, dort ist ein Stein ausgestellt, dessen ursprünglicher Wirkungsort einst nördlich von Sprendlingen an der Offenbacher Straße lag. „Jeder historische Stein ist ein Stück Heimat“, stimmt Ott auf den Spaziergang ein. Aus den Funden und den alten Standorten ergebe sich ein komplexes historisches Bild lokalen Lebens. Wo sind die Menschen lang gezogen? Wie lange haben sie im Mittelalter von Darmstadt zur Mainfurth nach Frankfurt gebraucht? Die heutige Darmstädter Straße spielt dabei geschichtlich eine wichtige Rolle. Ott zeigt ein Foto von aktuellen Bauarbeiten an der Straße. Darauf sind deutlich die alten Schichten zu erkennen, die eindeutig Überbleibsel der damaligen Chaussee sind.

Der Stein am Ausgangspunkt des Spaziergangs ist eine konische Säule mit flachem Kopf. Es handele sich um einen Zufallsfund. Eine leere Einfassung zeigt: Eine Tafel war eingelassen, wohl mit dem Isenburger Wappen und dem Schriftzug Neu-Isenburg. Nach den Worten von Gött wurde die Geschichte der Wegvermessung allen voran von zwei markanten Entwicklungen geprägt: Zum einen wäre da die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert mit ihren Auswirkungen auf Europa und Deutschland. Einheitliche Maßsysteme seien notwendig geworden. Zum anderen habe die Gründung des Deutschen Reiches 1870/71 ein einheitliches System erfordert. Zuvor herrschte Gött zufolge ein wahres Chaos an Längeneinheiten. „Die Strecke zwischen Darmstadt und Langen ist zuvor zum Beispiel in Klaftern gemessen worden“, führt der Stadtarchivar aus. Ein Klafter geht auf die Spannweite zwischen den ausgestreckten Armen eines erwachsenen Mannes zurück. Zwischen Darmstadt und Langen hätten 5400 Männer ihre Arme ausstrecken können. Wieder anders wurde um 1820 die Entfernung zwischen Langen und dem ehemaligen Forstbereich Mitteldick (unter anderem das heutige Zeppelinheim) wiedergegeben – nämlich in einer Postmeile (7 500 Meter). Aufgeteilt in Zwölftel stand entlang der dortigen Chaussee vermutlich einst alle 625 Meter ein Meilenstein.

Der Hauptdarsteller des Tages ist indes ein wahrer Glücksfund, wie Gött erklärt. Man habe in den Kellern des Alten Rathauses eigentlich etwas ganz anderes gesucht. Zum Vorschein kam unerwarteterweise der Kilometerstein „13.0“. „Wir wissen nicht, wie er da hingekommen ist“, erzählt Gött. Steinfachmann Ott wurde zu Rate gezogen und meint: „Ich wusste es gleich. Das muss ein verschollener Kilometerstein sein.“

Gut zwei Dutzend Menschen lauschen den Ausführungen des Duos. „Ich interessiere mich für die Geheimnisse der Stadt, will mehr darüber erfahren“, sagt eine Dame. Auf Höhe der Darmstädter Straße 26 stoppt die Gruppe vor einer kleinen Holzkiste. Darunter verbirgt sich der neue, alte Wegweiser, der mithilfe der Kommunalen Betriebe neu verankert wurde. Als Gött und Ott die Kiste gemeinsam lüften, sind durchaus „Oh’s“ und „Ah’s“ zu hören. Der Kilometerstein steht nicht exakt an seinem Originalstandort, sondern einer Hausausfahrt wegen fünf Meter weiter nördlich. An die Hauswand soll nun noch ein mehrsprachiges Hinweisschild mit Erläuterungen zur Bedeutung des Steins angebracht werden.

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