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Haftstrafe für 34-jährigen Langener: „Ich bring deine ganze Familie um“

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Bis zur Öffnung der Friseure warten oder sich von Freunden und Familie helfen lassen? Viele versuchen stattdessen die Haarstylisten zur Schwarzarbeit zu kriegen. (Symbolbild)
Zu den Opfern des Mannes gehörte unter anderem ein Friseur, den er bedrohte. Auch gegen dessen Familie richtete der Angeklagte Morddrohungen. (Symbolbild) © DPA

Ein 34-jähriger Mann aus Langen (Kreis Offenbach) bedroht unter Drogeneinfluss seine Mitmenschen in dutzenden Fällen. Nun endet der Prozess gegen ihn.

Langen – Vor dem Landgericht Darmstadt endete der Prozess um einen 34-jährigen Langener, der mit über einem Dutzend verbalen und körperlichen Übergriffen im Sommer letzten Jahres zum Stadtgespräch geworden war. Gleich eine ganze Reihe von Straftatbeständen verwirklichte der ehemalige Barkeeper: Bedrohung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung, Körperverletzung und Diebstahl.

Die 15. Strafkammer ordnete nun im Prozess gegen den Mann 18 Monate Haft und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an. Selten waren sich Verteidigung und Staatsanwaltschaft so einig. „Der Sachverständige bescheinigt Ihnen eine dissoziale Persönlichkeitsstörung. Mit Alkohol, Cannabis und Kokain steigern Sie sich in eine Psychose, die Sie völlig außer Kontrolle geraten lässt!“

Angeklagter in Langen (Kreis Offenbach): Pulverfass, das jederzeit explodieren kann

In seiner Urteilsbegründung spart der Vorsitzende Richter Daniel Kästing nicht mit scharfen Worten. Der Angeklagte sei ein Pulverfass, das jederzeit explodieren könne. Treffen kann es dabei prinzipiell jeden, der ihm über den Weg läuft. In den 13 angeklagten Fällen sind alle Bekanntheitsgrade vertreten: von der Mutter seiner zwei Kinder bis zufällig auf einer Bank sitzende Passanten. Auch das mache den Mann so unberechenbar. Zudem hat der Langener zwölf einschlägige Vorstrafen inklusive vier widerrufene Bewährungen und zwei Gefängnisaufenthalte angesammelt – und wurde mehrfach kurzfristig in Kliniken eingewiesen.

Im aktuellen Fall stand nun die Frage psychiatrische Klinik oder Entziehungsanstalt im Raum. Der Psychologe und Gutachter Michael Fritz macht eine klare Ansage: „Hier besteht ein Hang, im Übermaß zu konsumieren. Die ganzen Drohgebärden basieren auf Drogen und Alkohol.“ Wird hier nicht eingegriffen und jahrelang weiter konsumiert, könne die Sache noch übler enden: „Dann kann man aufgrund hirnorganischer Veränderungen auf solch einer Psychose auch ‘hängenbleiben’.“

Prozess gegen Langener: Verteidigung pflichtet Staatsanwaltschaft bei

Die Folge sei beispielsweise eine Schizophrenie, mit der der Maßregelvollzug auch mehr als zehn Jahre dauern könne. Die Entziehungstherapie des Angeklagten soll dagegen „nur“ zwei bis zweieinhalb Jahre dauern und habe gute Aussichten auf Erfolg. Werde sie nicht durchgezogen, sei auch die Sozialprognose, also das Ausbleiben weiterer Straftaten, schlecht. Staatsanwältin Michelle Burda fordert eine unwesentlich längere Haftdauer, die Kammer folgt im Urteil ihren Ausführungen. Selbst Verteidiger Christian Kunath hat nichts auszusetzen: „Im Ergebnis kann ich der Staatsanwaltschaft voll beipflichten.“ Die Entziehungstherapie sei für seinen Mandanten eine große Chance.

Sämtliche Zeugen bestätigen vor Gericht die Vorwürfe. Alle Aussagen sind in hohem Masse glaubwürdig. Fünf der 13 Fälle werden wegen Geringfügigkeit eingestellt, von weiteren drei Fällen wird der Angeklagte wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. In einem weiteren Fall soll er vermindert schuldfähig, bei den verbleibenden vier voll schuldfähig gewesen sein.

Angeklagter vor Friseurgeschäft im Kreis Langen: „Ich bringe euch alle um“

Und die haben es in sich: So pöbelte der Arbeitslose am 31. Juli 2021 vor einem Friseurgeschäft in der Innenstadt herum. „Kommt raus, ich bring euch alle um!“ war die Ansage an die Familie des Inhabers. 18 Tage später fordert er den Mann auf, zum Jugendzentrum zu kommen, um sich mit ihm zu prügeln. In einem anschließenden Videoanruf behauptet er – mit einem Messer bewaffnet – die Familie töten zu wollen. Und lässt nicht locker. Die Tage sind von Psychoterror für die Familie des Friseurs geprägt. Sie schließen ihr Geschäft, leben in Angst.

Der Höhepunkt ist am 25. August erreicht. Der Angeklagte tritt das Hoftor ihres Wohnsitzes ein und brüllt: „Ich bring deine ganze Familie um, Blut wird fließen!“ Der Sachschaden fällt mit wenigen hundert Euro gering aus. Kostenintensiver ist die Begegnung für einen 52-jährigen Passant am Langener Bahnhof. Dem schlägt er zwei Zähne aus – allerdings im Zustand der Schuldunfähigkeit, was für diesen Fall Freispruch bedeutet. Dazu der Richter: „So sind nun mal die Regeln, wenn man die Unschuld nicht ausschließen kann.“

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