Keine Kita in der Langener Stadthalle

Bei der Langener Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend steht verschiedene Projekte zur Kinderbetreuung auf der Tagesordnung. Doch zwei zieht der Magistrat zurück, sodass nur noch über ein Projekt beraten wird. Währenddessen zeigt die Initiative Kitalos wieder mit einer Aktion Präsenz.
Langen – Beleuchtete Kürbisfratzen bahnen den Weg zur Stadtverordnetenversammlung: Die Elterninitiative Kitalos hat vor dem Osteingang zum Rathaus Kürbislaternen und schaurige Halloween-Deko angebracht. Musik dringt aus einem Lautsprecher, ein kleiner Junge hüpft mit einer Taschenlampe im Kreis. Stadtverordnete und Magistratsmitglieder müssen am Plakat vorbei, auf das die Eltern Zeilen wie „Ohne Betreuungsplatz gruselt’s uns vorm Jobverlust“ und „Nightmare in Langen“ geschrieben haben. „Wir wollen darauf aufmerksam machen, wie viele Betreuungsplätze noch fehlen“, so Jan Rohrberg von Kitalos.
Die Eltern erkennen zwar an, dass die Stadt momentan viele Projekte anschiebt, aber das reiche nicht. Es gehe alles viel zu langsam. „Und dann muss ja erst mal Personal gefunden werden“, sagt Rohrberg. „Wir wissen, dass das viel Geld kostet und wir eine schwierige Haushaltssituation haben“, betont Mitstreiterin Stefanie Reppin. Aber mehr Plätze zu schaffen sei alternativlos und eine Folge der Versäumnisse der Vergangenheit. „Aktuell wird das Problem auf den Schultern der Eltern ausgetragen“, meinen beide. Daher hoffen sie, dass im Saal für den Ausbau der Nanus-Kita gestimmt wird. „Da ist das Personal sogar schon an der Hand.“
Entscheidungen über Bedarfsplan und Nanus-Ausbau vertagt
Da wissen die Eltern draußen noch nicht, dass dieser Punkt und der Bedarfs- und Entwicklungsplan Kinderbetreuung bis zum Jahr 2028 in der Sitzung von der Tagesordnung genommen werden. Nach Angaben von Bürgermeister Jan Werner habe der Kreis kurzfristig noch Anmerkungen zum Bedarfsplan, die die Verwaltung einarbeiten müsse. „So schnell können wir keine neuen Berechnungen vorlegen“, sagt Werner. Deshalb ziehe die Stadt den Plan zurück und lege die veränderte Fassung dann erneut den Stadtverordneten vor.
Bei der Erweiterung der Nanus-Kita sei der Fall anders. „Hier kursieren fachlich falsche Informationen“, sagt der Bürgermeister. So habe etwa die Linken-Fraktion behauptet, die Betriebskosten für die Nanus-Kita seien vergleichsweise günstig. Das sei falsch, betont Werner, und zieht den Vergleich zur evangelischen Kita Rappelkiste, die immer noch 200 000 Euro günstiger ist. Auch ein SPD-Änderungsantrag beruhe auf Fehlinformationen, zudem habe die CDU erst kurz vor der Sitzung einen Fragenkatalog zum Projekt eingereicht. Deshalb zieht der Magistrat auch diesen Antrag zurück und schickt ihn erneut durch die Gremien. „Das Projekt hat immerhin großen Einfluss auf den Haushalt“, so Werner.
NEV erhält keine Zustimmung von anderen Fraktionen
Somit verbleibt noch ein Projekt zum Thema Kinderbetreuung auf der Tagesordnung: der Prüfantrag der FWG-NEV zu einer Kita oder einem Hort in der Stadthalle. Der wird am Abend diskutiert – allerdings sicher nicht mit dem Ausgang, den sich die Eltern gewünscht hätten: Denn er wird mehrheitlich abgelehnt. Nur die NEV und die WiLa stimmen für ihn. Bereits in den Ausschüssen hatte der Antrag der NEV keine Mehrheit bekommen.
Die NEV-Fraktionsvorsitzende Anna Sehring verdeutlicht zuvor noch einmal, dass es nicht um einen fixen Beschluss geht: „Es handelt sich um einen Prüfantrag – wir wollen wissen, ob und inwieweit Kinderbetreuung in der Stadthalle möglich wäre und eine grobe Kostenschätzung.“ Gegenargumente, dass die Räume nicht für Kinderbetreuung geeignet sind, ließen sich ihrer Meinung nach entkräften. Vorteile wären zum Beispiel Synergieeffekte mit Hallenbad und Bücherei. „In Anbetracht unserer Warteliste sollte uns die Prüfung 25 000 Euro wert sein – vor allem im Vergleich zu dem, was wir für die Prüfung der Straßenbahn ausgeben“, meint Sehring.
Als „gut gemeint, aber nicht zu Ende gedacht“ bezeichnet Jasmin Berger (SPD) den Antrag. Ihre Fraktion sieht jede Menge Probleme: Von den Sanitäranlagen, die zum Stadthallen-Restaurant gehören, zu fehlenden Spielflächen im Außenbereich bis hin zur knappen Raumsituation für eine Nutzung als Kita oder Hort. „Um geeignete Räume dafür zu schaffen, müssten wir Tagungsräume opfern. Die können wir der Langener Bürgerschaft nicht wegnehmen“, so Berger.
CDU Langen: „Keine Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausspielen“
Ähnlich sieht das die CDU. „Kreative Ideen sind willkommen, aber hier will die NEV mit dem Kopf durch die Wand“, meint Christian Gött. Kinderbetreuung in der Stadthalle sei nicht realisierbar. „Und wir dürfen nicht anfangen, verschiedene Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen“, warnt der Fraktionsvorsitzende. Die Stadthallenräume seien stets nahezu ausgebucht.
Auch die Grünen halten Kinderbetreuung in der Stadthalle für nicht durchführ- und tragbar. Die Fraktion ist nach einem Ortstermin mit Fachbereichsleiter Joachim Kolbe von den Gegenargumenten überzeugt. „Die Stadthalle hat so viele Nutzer, das wollen wir nicht verbauen“, sagt Jens Duffner.
Die FDP glaubt, die baulichen Probleme könnten sogar lösbar sein, aber das Projekt käme – bis es einmal fertig geplant wäre – schlicht zu spät. „Wir schlagen aber vor, die Idee wieder aus der Schublade zu ziehen, wenn sich die Situation durch den Bedarfsplan nicht bessert“, so Christian Jaensch.
Dass die anderen Fraktionen die Idee ohne nähere Prüfung abtun, kann WiLa-Vorsitzender Joost Reinke nicht verstehen. „Der Druck auf die Stadtverordneten ist wohl noch nicht groß genug“, meint er. Seine Fraktion ist die einzige, die der NEV beispringt.
Von Julia Radgen