Langen: Horrende Beiträge ohne Vorwarnung – Stadt widerspricht

Eine Anwohnerin beschwert sich, dass ihre Familie hohe Beiträge für den Ausbau der Egelsbacher Straße in Langen zahlen soll. Die Stadt widerspricht.
Langen – Schon wieder Ärger in der Egelsbacher Straße in Langen – doch diesmal geht es weder um Raser noch um Plastikfigürchen. In einer E-Mail an Bürgermeister Jan Werner, die unserer Redaktion vorliegt, beklagt eine Anwohnerin, dass ihre Familie nun schon zum zweiten Mal einen hohen Erschließungsbeitrag zum Straßenausbau zahlen soll, und zwar stets mit einer sehr kurzen Frist.
„Ich bin ziemlich fassungslos und entsetzt, wie die Stadtverwaltung mit uns umgeht“, schreibt die Frau. Ihr gehe es nicht darum, eine Diskussion um eine Beteiligung der Eigentümer an den Straßenbaukosten aufzumachen. Vielmehr störe sie die Art und Weise, wie die Hauseigentümer von der Stadt behandelt würden. Dies sei „einzigartig und unverschämt“.
Bescheid der Stadt Langen über Erschließungsbeitrag kommt „völlig aus dem Nichts“
Rückblick: Schon seit über 30 Jahren wohnt die Beschwerdeführerin mit ihrer Familie in dem Haus am Zugang zum neuen Wohngebiet Belzborn-Ost. Einen Bordstein oder Asphalt haben sie vor ihrer Haustür lange Zeit nicht. Im August 2017 kommt dann – nach ihren Worten „völlig aus dem Nichts“ – ein Bescheid über einen Erschließungsbeitrag als Vorausleistung in Höhe von rund 13.000 Euro. Zahlbar innerhalb von vier Wochen. „Wir sind eine ganz normale Familie mit zwei Kindern. Wir sind in fester Anstellung und gehen jeden Tag arbeiten. Es geht uns nicht schlecht. Aber bei einer solchen Summe, unvorbereitet und ungeplant, gerät – denke ich – jeder in Panik“, beschreibt die Frau.
Sie ruft im Rathaus an und fragt, warum die Anwohner nicht im Vorfeld in Kenntnis gesetzt wurden. Sie erhält die Antwort, es habe eine Informationsveranstaltung und Briefwurfsendungen gegeben. „Keiner meiner Nachbarn hat davon etwas gewusst oder im Briefkasten gehabt“, versichert die Anwohnerin. Auf die Frage, welche Zahlungsmöglichkeiten noch bestehen, bekommt sie die Antwort, dass sie auch eine Ratenzahlung vereinbaren könne – laut Schilderung der Anwohnerin allerdings mit einem „horrenden“ Zinssatz.
„Schlussendlich haben wir uns das Geld geliehen. Noch heute haben wir einen Restbetrag dieser Summe offen“, sagt sie. „Und dann passierte lange Zeit nichts! Was ist mit unserem Geld, das so kurzfristig überwiesen werden musste, passiert?“ Erst Anfang 2020 habe die Stadt mit dem Ausbau der Straße begonnen.
Die Stadt Langen verweist auf Briefe, Infoveranstaltung und Pressemitteilung
Doch damit nicht genug: Nun, im Herbst 2022, wiederholt sich der Vorgang. Mit der Post kommt ein Bescheid über die Endabrechnung zum Erschließungsbeitrag. Abermals „völlig unverhofft und ohne vorherige Information“, wie die Anwohnerin beklagt. Zu zahlen sind knapp 5000 Euro – wieder binnen vier Wochen. Die Familie wird kalt davon erwischt. „Eine Kommunikation hat nie stattgefunden“, behauptet die Anwohnerin. „Warum bekommen wir nicht Anfang des Jahres eine Information im Sinne: ,Wir machen dieses Jahr die Endabrechnung, rechnen Sie mit zusätzlichen Kosten, die auf Sie zukommen könnten?‘ Für uns als normalverdienende Familie ist eine Zahlung von erneuten plötzlichen 5000 Euro eine enorme Belastung.“ Die beiden Kinder der Familie machen gerade den Führerschein, am Haus stehen Sanierungsarbeiten an. „Und dann muss ich erneut einen extrem kostenintensiven Kredit aufnehmen! Hätte ich Anfang des Jahres davon gewusst, hätte ich anders vorsorgen können, hätte Aufträge nicht vergeben und Urlaube nicht gebucht“, ärgert sich die Mutter.
Bei der Stadt will man die Anschuldigung, die Anwohner seien „völlig aus dem Nichts“ über die Erschließungskosten informiert worden, so nicht stehen lassen. Pressesprecherin Sabine Dexheimer betont, dass es Briefe und eine Informationsveranstaltung gegeben habe. Zudem habe die Stadt im Juli 2017 in einer Pressemitteilung auf ihrer Webseite angekündigt, dass „in den nächsten Wochen“ Teilrechnungen über die Erschließungskosten im Belzborn verschickt würden. Darüber hatte damals auch unsere Zeitung berichtet.
Und zur zweiten Rechnung in diesem Herbst teilt die Stadt mit: „Aus den zuvor von der Stadt versendeten Bescheiden ging klar hervor, dass es sich um eine Teilrechnung handelt und die Endabrechnung später folgen würde.“ Die Stadt habe die Gesamtsumme bewusst auf zwei Zahlungen aufgeteilt, damit es nicht zu einer „unverhältnismäßig hohen Belastung“ für die Bürgerinnen und Bürger komme. Eine Stundung sei „natürlich“ möglich, so Dexheimer. Und: Die Eigentümer seien bereits 2021 per Brief über den Stand der Beitragserhebung informiert worden. Dieses Jahr habe es außerdem eine Fertigstellungsanzeige in der Zeitung und entsprechende Informationen auf der Stadt-Webseite gegeben. Zur Frage, warum die Bauarbeiten erst 2020 – also zweieinhalb Jahre nach der kurzfristig eingeforderten Zahlung – begannen, äußert sich die Stadt nicht.
Die Verwaltung hat die Anwohnerin nun kontaktiert und bietet ihr an, im persönlichen Gespräch eine Lösung zu finden. (Manuel Schubert)