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Besitzer von Feinkost Palazzo hören auf: Wie es jetzt mit dem Traditionsgeschäft weiter geht

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Von: Joel Schmidt

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Freuen sich auf die gemeinsame Zeit im Ruhestand: Francesco und Christel Palazzo (beide 66) haben haben viel Herzblut und Lebenszeit in den beliebten Feinkostladen gesteckt.
Freuen sich auf die gemeinsame Zeit im Ruhestand: Francesco und Christel Palazzo (beide 66) haben haben viel Herzblut und Lebenszeit in den beliebten Feinkostladen gesteckt. © Strohfeldt

Nach 36 Jahren verabschiedet sich Francesco Palazzo in den Ruhestand. Doch eine Nachfolgerin für seinen beliebten Feinkostladen in Langen steht bereits in den Startlöchern.

Langen – Ein paar Tage wird man Francesco Palazzo noch durch die einladenden Schaufenster seines Feinkostladens beobachten können. Wie gewohnt wird man ihm montags bis samstags dabei zusehen, wie er italienischen Schinken in feine Scheiben schneidet, dampfenden Espresso zubereitet oder einfach nur mit einem Kunden schwätzt. Doch mit Beginn des nächsten Monats ist damit Schluss. Auf den Tag genau 36 Jahre nach der Eröffnung verabschiedet er sich am 3. März in den wohlverdienten Ruhestand. „Ich werde nächsten Monat 67 und so lange ich noch gesund bin, will ich das Leben genießen“, sagt Francesco Palazzo. Auch wenn er den alltäglichen Kontakt und Austausch mit seinen Kunden vermissen wird, freut sich der Betreiber von „Feinkost Palazzo“ auf den nächsten Lebensabschnitt. „Für das Privatleben bleibt einfach wenig Zeit, wenn man in der Gastronomie ist“, seufzt er. „Aber wenn man’s nicht richtig macht, dann hält sich so ein Laden auch nicht über diese lange Zeit“, springt ihm seine Frau Christel zur Seite.

Den Blick auf die Bahnstraße gerichtet, hat das Ehepaar an einem der kleinen Marmortische im Verkaufsraum Platz genommen. Während sie gemeinsam die vergangenen dreieinhalb Jahrzehnte Revue passieren lassen, hebt Francesco immer wieder die Hand. Mit seinem breiten Grinsen und den strahlenden Augen grüßt er Passanten auf dem Gehweg – Kunden von ihm, die im Laufe der Jahre zu Freunden geworden sind.

36 Jahre Feinkost Palazzo in Langen: „Er wollte schon immer gerne selbstständig sein“

Im süditalienischen Apulien geboren, ist Francesco Palazzo als 14-Jähriger im Herbst 1969 nach Deutschland gekommen. Sein Vater war einer der ersten Gastarbeiter bei dem Langener Maschinenbauunternehmen Pittler. Wie so viele andere Gastarbeiter, hat er zunächst in einer Baracke in Egelsbach gewohnt. Es war die Zeit, in der auch innerhalb Italiens große Migrationsbewegungen aus dem ländlichen Süden in die industriellen Zentren des Nordens stattfanden. Allein das sei für viele eine große Veränderung gewesen. „Aber wenn man von Süditalien nach Deutschland kommt, dann ist das noch mal eine ganz andere Welt“, erinnert er sich. „Man kam aus dem vollen Leben mit 40 Grad im Sommer nach Egelsbach, wo es im Winter Minusgrade hatte und wo jetzt nicht unbedingt so viel Leben war.“ Sicher, anfangs sei es durchaus schwer für ihn gewesen. „Du kommst hier her und hast niemanden“, erzählt er. Dennoch beginnt er als Jugendlicher schon bald mit einer Lehre zum Kfz-Mechaniker, lernt nicht nur die Sprache, sondern später auch seine heutige Ehefrau kennen.

„Er wollte schon immer gerne selbstständig sein“, sagt Christel Palazzo. In seinem Beruf sei dies damals aber nicht so einfach möglich gewesen, sodass er sich nach etwas anderem habe umsehen müssen. Als es irgendwann hieß, für den Feinkostladen am Lutherplatz 4 werde eine Nachfolge gesucht, ergreift das junge Paar seine Chance: Zum 3. März 1986 übernehmen sie das Geschäft. In der Anfangszeit stehen sie noch gemeinsam hinterm Tresen des Ladens, dessen Schaufenster den Verkauf von internationalen Weinen und Spirituosen genauso verspricht wie den von Studentenfutter, Pistazien und Trockenobst. „Das Sortiment war ein ganz anderes. Schinken- oder Nudelspezialitäten gab es damals ja noch nicht einfach in jedem Supermarkt zu kaufen“, erzählt Christel Palazzo. Mit Geburt des dritten Kindes zieht sie sich allmählich zurück, fortan führt Francesco das Geschäft alleine weiter.

Wo alles begann: das Geschäft am Lutherplatz, am Tag der Eröffnung am 3. März 1986.
Das Geschäft am Lutherplatz, am Tag der Eröffnung am 3. März 1986. © Privat

Feinkost Palazzo in Langen: Nachfolgerin übernimmt das Traditionsgeschäft im März

Ein Selbstläufer ist der Feinkostladen indes nie gewesen, verrät er. Nach der Jahrtausendwende habe es sogar eine Phase gegeben, in der es finanziell sehr schwierig aussah. „Ich war kurz davor aufzugeben – nach 19 Jahren.“ Dass er es trotzdem geschafft hat, fast noch mal genauso lange durchzuhalten, darauf blickt der Rentner in spe heute mit einem gewissen Stolz zurück. Ausschlaggebend für den Erfolg sei auch der Umzug in die heutigen Räumlichkeiten in der Bahnstraße gewesen, berichtet er. Denn erst hier sei das Konzept der Café-Bar so richtig aufgegangen. „Das ist schon seit Jahren der wichtigere Teil“, sagt Francesco Palazzo. Der Verkauf von Lebensmitteln, Wein und Spirituosen laufe „eher nebenher.“ Ein Großteil seiner Stammkunden komme vor allem wegen des „hervorragenden Kaffees.“

Und auch wenn ihm der Abschied nach so langer Zeit nicht leicht fällt, stimmt ihn die Gewissheit milde, eine Nachfolgerin gefunden zu haben: Ab kommenden Monat wird Daniela Kolokithas von der Metzgerei Bode den Feinkostladen übernehmen. Francesco Palazzo wird sich dann wieder mehr Zeit für Familie und Enkelkinder sowie für sein Hobby, das Tennisspielen, nehmen. Dem Feinkostladen wird er aber weiterhin verbunden bleiben, „das ist ja mein Baby.“ Fortan nur nicht mehr wie gewohnt hinter der Theke, sondern in seiner neuen Rolle: als Gast. (Joel Schmidt)

Die Corona-Pandemie trifft Gastronomen hart. Die Citymarketing-Initiative „So nah. So gut. So Langen.“ startete eine Plakat-Kampagne, um die Nutzung der Gastronomie in Langen anzukurbeln.

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