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Diffuse Trunkenheitsfahrt: Freispruch für 22-jährigen Langener

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Hand am Lenkrad eines Autos
Weil er betrunken Auto gefahren sein soll, stand ein 22-jähriger Langener vor dem Amtsgericht. © dpa

Mit einem Freispruch endete ein Prozess vor dem Amtsgericht Langen wegen Gefährdung des Straßenverkehrs mit Unfall unter Alkoholeinfluss. Die Begründung ist banal.

Langen – Dem 22-jährigen Langener konnte die Führung des VW Golfs nicht eindeutig nachgewiesen werden. Direkte Augenzeugen gab es keine. Am späten Abend des 27. Januar dieses Jahres fährt der Pkw von Norden kommend in die Ausfahrt Langen. Die Straße ist feucht, der Wagen für die Verhältnisse zu schnell. Er fliegt aus der Kurve, überschlägt sich und bleibt auf der Fahrerseite liegen.

Eine 46-jährige Egelsbacherin folgt dem Golf mit Abstand in die Ausfahrt, sieht das Unfallauto im Dunkeln neben der Leitplanke liegen: „Ich hab’ angehalten und den Notruf gewählt. Dann bin ich hingelaufen und hab’ versucht, die Beifahrertür aufzumachen – was ich aber nicht allein geschafft habe.“

Langen: Bruder will bei Trunkenheitsfahrt am Steuer gesessen haben

Der einzige Insasse habe auf dem Boden gelegen, sei aufgestanden und habe mit der Tür geholfen. Dann sei er aus dem Fahrzeug heraus geklettert und habe sofort telefoniert. Richter Volker Horn fragt nach Indizien für eine Trunkenheit. „Er roch nach irgendetwas. Ob das Alkohol war, weiß ich nicht“, so die Zeugin. Aus dem Fahrzeug habe es gequalmt. Ein ihr nachfolgender Busfahrer hält ebenfalls an der Unfallstelle, hat aber noch weniger gesehen. Er kann als Zeuge nichts zur Aufklärung beitragen, ebenso wenig die anrückenden Autobahnpolizisten.

Denn der junge Lagerarbeiter behauptet, sein älterer Bruder sei gefahren. Der sei sofort nach dem Unfall ausgestiegen und verschwunden. „Ich erinnere mich an fast gar nichts mehr. Ich war eingeschlafen und wurde erst bei dem Unfall wach. Mein Bruder hat mich mit dem Auto von unserem Vater abgeholt und ist gefahren, ich hatte ja getrunken“, erzählt er. Er habe auf der Rückbank gesessen und sei nicht angeschnallt gewesen. Eine Platzwunde am Kopf und Rückenschmerzen sind die Folgen des Überschlags. Die spätere Blutentnahme bestätigt den feuchtfröhlichen Abend. Der Wert der Rückrechnung auf die Unfallzeit beträgt 1,7 Promille.

Natürlich ist der 24-jährige Bruder, ebenfalls aus Langen, als Zeuge geladen. „Hier haben wir für den Bruder eine heikle Situation. Entweder er hat Unfallflucht begangen und belastet sich bei einer Aussage selbst, oder er kann wegen einer uneidlichen Falschaussage belangt werden“, erklärt Horn.

Bruder schon zwei mal ohne Fahrerlaubnis erwischt

Der junge Mann, der die Aussage auch verweigern könnte, ist jedoch absolut gewillt, seinen kleinen Bruder zu entlasten. Er erzählt die Geschichte so: „Ich hab’ schon im Bett gelegen, als ich einen Anruf aus Frankfurt bekam. Mein Bruder wäre besoffen und hätte Scheiße gebaut, ich solle ihn doch in einer Bar in Sachsenhausen abholen. Ich bin sofort losgefahren.“

In der Autobahnausfahrt sei es etwas glatt gewesen und er zu schnell. Ob sie angeschnallt gewesen seien, wisse er nicht mehr. „Mein Bruder lag auf der Rückbank, als ich ausstieg. Ich habe ihn noch gefragt, ob es ihm gut geht.“ Dann sei er abgehauen – „weil ich Angst hatte“. Nicht unbegründet, denn anders als sein unbelasteter Bruder hat der 24-Jährige schon zwei Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis hinter sich. Horn weist den Zeugen noch einmal auf die Strafen hin, die ihm drohen, wenn er bei seiner Aussage bleibt. Doch der besteht darauf, dass die Version stimmt. Er bereue auch, dass er weggelaufen sei: „Das hat allen nur Probleme gemacht!“

Am Ende sprechen mehr Indizien gegen den Angeklagten als den „Bekenner“, den niemand gesehen hat. Nachweisen kann man die Täterschaft aber keinem von beiden. Eine Patt-Situation. (Von Silke Gelhausen)

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