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„FSK ab 17“: Langener Autor veröffentlicht Kurzgeschichten für Erwachsene

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Von: Julia Radgen

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Schreibt jetzt auch Kurzgeschichten unter Pseudonym: der Langener Autor Alex Reinert.
Schreibt jetzt auch Kurzgeschichten unter Pseudonym: der Langener Autor Alex Reinert. © Strohfeldt

„Das Tartufo in der Badewanne“ heißt das neue Buch des Langener Autors Alex Reinert. Es ist ein Kurzgeschichtenband über flüchtige Begegnungen und fantasievolle Gedankenspiele.

Langen – Man sitzt irgendwo – sei es im Café, an der Bar oder im Zug –, träumt vor sich hin und überlegt sich, wer wohl die anderen Menschen um einen herum sind und wie sie so ticken. Solche Gedanken hatte wohl jede und jeder schon mal im Alltag. Aber der Langener Autor Alex Reinert nahm diese Überlegungen als Anlass für seinen neuen Kurzgeschichtenband für Erwachsene „Das Tartufo in der Badewanne“.

Der sei „FSK ab 17“, sagt der 52-Jährige. Denn es wird mitunter politisch inkorrekt – frauenfeindlich, männerfeindlich, rassistisch, psychopathisch und pathologisch. Der Ich-Erzähler, der den roten Faden in den Erzählungen bildet, lässt seiner Fantasie freien Lauf. „Der Beobachter geht durch die Welt, sieht Menschen und Situationen und spinnt sich dann etwas über sie zusammen“, sagt Reinert, der den Band unter dem Pseudonym Alexander Ernst im Eigenverlag Honigbauch veröffentlicht hat.

Der Ich-Erzähler findet dann beispielsweise, dass der Mittfünfziger, der in der Bäckerei sein Fleischwurstbrötchen und „nen Express“ bestellt, wohl Helmut heißen mag – ein stolzer Platzhirsch mit dickem Auto und nach außen hin noch dickerem Selbstbewusstsein, der eine wesentlich jüngere Geliebte hat. „Ich glaube, so etwas hat sich jeder schon mal gefragt oder überlegt“, sagt Reinert. Nur die wenigsten gestünden sich aber zu, so wie sein Erzähler „mit der Fantasie durch die Welt zu galoppieren“, ungeachtet von dem, was man sagen darf und was nicht – denn es ist ja alles nur gedacht. „Mein Beobachter spielt mit Klischees, er ist politisch völlig inkorrekt“, sagt Reinert. Das habe Spaß gemacht und biete einen gewissen Reiz. Auch Gewalt und Sex kommen in den Fantasien vor. „Aber der Kern aller Geschichten ist eigentlich, dass der Beobachter versucht nachzuweisen, dass in jeder kleinen Geschichte ein Hauch von Erotik entstehen kann – vielleicht nur eine Sekunde lang“, meint der Autor. Manchmal sei es nur ein flüchtiger Augenblick, in dem zwischen zwei Personen eine Anziehung entstehe, die ganz brüchig und subtil sein könne. Dieses Element vereint alle 13 Geschichten in seinem Buch.

Bisher ist Reinert, der im Brotberuf bei der Langener Flugsicherung arbeitet, für seine Kinderbücher bekannt. Er hat den Fidel, einen sympathischen, lispelnden Mäuserich geschaffen, der seine Pfoten in wichtigen Ereignissen der Weltgeschichte hat. Die Kinderbücher will Reinert aber – auch durch die Verwendung des Pseudonyms – von diesem Werk abtrennen. Der nächste Band ist hier schon fertig. Die Illustrationen seines Kurzgeschichtenbands für Erwachsene stammen jedoch ebenfalls von Bärbel Busch, die auch schon den Fidel gezeichnet hat. Zudem sind Gedichte und Zitate enthalten.

Doch nicht immer geht es derb zu bei diesen Begegnungen, die oft nur kurz und im Vorübergehen sind und mit sehr detaillierten, teils witzigen Beobachtungen geschildert werden. Eine von Reinerts Lieblingsgeschichten dreht sich um ein Liebespaar, das sehr spät und über Umwege zueinander findet – darin kommt auch das titelgebende Tartufo in der Badewanne vor. Diese Geschichte hat Reinert tatsächlich von einer ihm unbekannten Frau erfahren, die sich in einem Café an seinen Tisch setzte, da es der letzte freie Platz war – und ihm dann unvermittelt ihre persönliche Lebens- und Liebesgeschichte erzählte. Das Tartufo ist ein Detail, das der Autor dazu erfunden hat. „Das ist eine der zartesten Geschichten im Buch“, sagt er begeistert.

Die Inspiration für seine Geschichten, die Reinert seit 2018 aufgeschrieben hat, holt er sich zum großen Teil aus dem Alltag und eigenen Erlebnissen – zumindest die Grundlagen. „Ich beobachte gerne Szenerien und denke dann: ,Was haben die Menschen um mich herum wohl für Geschichten?‘“ Ein thematischer Ausreißer ist die Erzählung, die in einem Konzentrationslager spielt und eine Verbindung zwischen zwei Menschen schildert, die nicht sein kann. „Auch an solch einem Ort des Hasses gab es Liebschaften und Hochzeiten, die den Menschen in dieser schrecklichen Situation Hoffnung gaben“, sagt Reinert, der sich dafür auf verbriefte Erlebnisse stützt, die er literarisch verarbeitete.

Lesung in Egelsbach

Eine Kostprobe aus „Das Tartufo in der Badewanne“ gibt Alex Reinert am Donnerstag, 7. April, 19.30 Uhr, in Egelsbach bei einer gemeinsamen Lesung mit der Buchhandlung Litera. Der Eintritt ist kostenlos, eine Anmeldung unter 06103 25700 aber erforderlich. Nach der Registrierung bekommen die Besucher den genauen Veranstaltungsort mitgeteilt. Zum Vormerken: Auch die Stadtbücherei Langen plant eine Lesung mit Reinert: am 4. Mai in der Stadthalle. Anmeldung unter 06103 203420 oder buecherei@langen.de.

Für ihn hat das Format der Kurzgeschichten einen besonderen Reiz. „Ich kann darüber eine Vielfalt generieren und jeder Leser erkennt sich in irgendeiner Geschichte wieder“, sagt er. Das hätten ihm auch die Probelesenden bestätigt. Zudem möchte er seinen Lesern mit den Geschichten ein wenig „die Augen öffnen“, wie er sagt. „Ich würde mich freuen, wenn es dazu anregt, Menschen bewusst anzusehen und mit ihnen eine tiefere Verbindung zu suchen“, so der Langener. Oft würden Menschen einander gar nicht wirklich anschauen und gingen achtlos aneinander vorbei. Das Maskentragen und Abstandhalten der vergangenen zwei Jahre trägt natürlich zu dieser Entfremdung bei. „Aber auch mit Maske kann man in den Augen lesen“, meint Reinert. Wenn sein Buch also die Freude und Lust weckt, Menschen kennenzulernen – egal ob an der Supermarktkasse oder im Café – dann sei das toll. „Und wenn es nur ein Lächeln ist – das ist schon eine ganze Menge und kann ein wunderschöner Moment sein“, findet Reinert.

Er will in Zukunft noch mehr schreiben. „Ich würde gern bei den Kurzgeschichten bleiben“, sagt der Langener, der Charles Bukowski und Lucia Berlin zu seinen Vorbildern zählt – aber vermutlich wird der nächste Band einen anderen Stil haben. Einen Roman schließt Reinert nicht aus, aber fürs Erste sind Kurzgeschichten für ihn passender. „Ich kann da viel mehr Facetten beleuchten und jedes Kapitel komplett unterschiedlich gestalten. Das hat einfach sehr viel Charme“, sagt er.

Das Buch „Das Tartufo in der Badewanne – 13 Erzählungen vom Rand des Glücks“ ist in Reinerts Verlag Honigbauch erschienen. Es ist erhältlich unter verlag-honigbauch.de oder im lokalen Buchhandel. (Julia Radgen)

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