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Langener Haushalt 2023: Defizit von fast fünf Millionen Euro

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Von: Julia Radgen

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Noch reichen die Rücklagen, um das Minus im Langener Haushalt zu decken. © Symbolbild: dpa

Die Stadt Langen kann den Fehlbetrag im Haushalt 2023 noch ausgleichen. Aber in Zukunft wird es eng.

Langen – Noch lässt sich der Fehlbetrag aus der Rücklage decken, aber nicht mehr lange, dann ist ein Strategiewechsel nötig – das macht Bürgermeister Jan Werner bei den Einbringungen des Nachtragshaushalts 2022 und des Haushaltsplans 2023 in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung deutlich. Die Stadt hat demnach das geplante Defizit im Haushalt in diesem Jahr verringern können. Dazu kommen etwas bessere Gewerbesteuereinnahmen als erwartet. Mit einer Wiederholung sei aber nicht zu rechnen. „Eine sehr gewerbesteuerstarke Firma hat Langen verlassen, weil in einer anderen Gemeinde der Gewerbesteuersatz deutlich niedriger ist“, berichtet Werner.

Dennoch sei die finanzielle Lage der Stadt nach wie vor sehr angespannt. Ein Grund ist noch immer in den Folgen der Corona-Pandemie zu finden, aber auch der notwendige Ausbau der Kinderbetreuung zum Erfüllen des Rechtsanspruchs kostet viel Geld. Der Entwurf des Haushaltsplans 2023, den Bürgermeister Werner jetzt vorlegte, weist deshalb einen Fehlbetrag von 4,7 Millionen Euro aus.

115,26 Millionen Euro an Ausgaben sieht der Etatentwurf im Ergebnishaushalt (laufende Verwaltungstätigkeit) für kommendes Jahr vor. An Einnahmen werden allerdings nur 110,56 Millionen erwartet. Der Fehlbetrag kann vollständig aus der Rücklage gedeckt werden. Die bleibt im aktuellen Jahr besser gefüllt als erwartet: Statt erwarteter 1,3 Millionen beträgt das Defizit im Nachtragshaushalt 2022, den Werner ebenfalls in die Stadtverordnetenversammlung einbrachte, nur gut 515 000 Euro – eine Ergebnisverbesserung von rund 785 000 Euro.

Dass sich das Defizit im Jahr 2023 erhöhen würde, hatte die Stadt erwartet. Und das sogar noch in höherem Maße als jetzt eingetreten: Die mittelfristige Finanzplanung hatte für 2023 eine Deckungslücke von 5,6 Millionen vorhergesehen, also 900 000 Euro mehr als nun im Etatentwurf errechnet.

Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ist sinnvoll. Es kann aber nicht sein, dass wir gezwungen sind, für jeden Platz ein höheres Defizit im Haushalt zu kompensieren.

Bürgermeister Jan Werner

Trotz des Defizits will Werner an der vereinbarten Linie festhalten, die Grundsteuer B weiter zu senken. „Um die fehlenden 4,7 Millionen über eine Erhöhung der Grundsteuer B zu erwirtschaften, müssten wir den Hebesatz um weitere 275 Punkte anheben. Dies können und wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt nicht zumuten“, sagt er. „Vielmehr ist es gerade angesichts von starker Inflation und Unsicherheit ein wichtiges Zeichen, dass wir die Sorgen der Menschen ernst nehmen und sie entlasten.“

Der Hebesatz soll deshalb von 855 auf 850 Punkte gesenkt werden. Bis zum Jahr 2025 sind weitere jährliche Absenkungen um jeweils fünf Punkte vorgesehen. Unverändert bleiben soll die Gewerbesteuer (380 Punkte). Dies soll Unternehmen in der Stadt halten und ansiedlungswillige nicht abschrecken. „Anders als in früheren Jahren ist die Höhe der Gewerbesteuer eines der Themen, das Firmen bei Gesprächen mit unserer Wirtschaftsförderung vorrangig ansprechen“, erläutert der Bürgermeister. „Eine Anhebung des Hebesatzes könnte also kontraproduktiv sein und die Einnahmen sinken lassen“, sagt er mit Verweis auf den eingangs geschilderten Fall.

Aber der Blick in die Zukunft ist alles andere als rosig: Auch für die folgenden Jahre weist die Finanzplanung Haushaltslöcher aus, die zwischen knapp drei und gut 4,5 Millionen Euro groß sind. Hauptgrund auch hier: die steigenden Kosten für die erforderliche Ausweitung der Kinderbetreuung.

Haushalt: Langen hat meiste Sparmaßnahmen schon umgesetzt

Ab 2025 kann das Defizit nach Angaben des Bürgermeisters nicht mehr aus der Rücklage gedeckt werden. Mit einem überarbeiteten Haushaltssicherungskonzept, das von den Aufsichtsbehörden gefordert wird, sollen Wege aufgezeigt werden, wie Langen finanziell wieder in ruhigere Fahrwasser kommen will. Deutlich wird dabei aber: Die Stadt hat bei den meisten Positionen weder auf die Einnahmen noch auf die Ausgaben Einfluss. Mögliche Sparmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahren bereits weitestgehend umgesetzt. So umfasst das Konzept nun beispielsweise die Kürzung von Zuschüssen sowie eine Reduzierung der Personalaufwendungen durch spätere Besetzung von planmäßig frei werdenden Stellen. Dies wirke sich allerdings auf die Leistungsfähigkeit der Verwaltung aus.

Als wichtiges Instrument schlägt Werner daher vor, ab 2026 eine Nachhaltigkeitssatzung mit einem Generationenbeitrag als „Ultima Ratio“ zu verabschieden. Dieser Generationenbeitrag würde als letztes Mittel einen Aufschlag auf die Grundsteuer zur Schließung der Deckungslücke vorsehen. Im Gegensatz zu einer Grundsteuererhöhung würde dieser automatisch jährlich überprüft und könnte sich im Umkehrfall, also bei einem Überschuss im Etat, als Bürgerdividende in einem Abschlag auf den Hebesatz bemerkbar machen.

Allerdings gibt es für die Jahre ab 2025 noch große Unwägbarkeiten für die kommunalen Finanzen. Denn die bundesweite Neuberechnung der Grundsteuer B soll zwar aufkommensneutral stattfinden, allerdings sind die Details noch völlig unklar. Werners Ziel ist daher, bis zum ersten Quartal 2025 den Entwurf einer Nachhaltigkeitssatzung vorzulegen.

Unterlagen im Netz

Im kommenden Haupt- und Finanzausschuss beraten die Fraktionen den Haushaltsplan 2023. Interessierte Bürger können die Unterlagen auf der Stadthomepage abrufen: zum einen die vollständige Fassung, zum anderen die reinen Finanzpositionen des Ergebnishaushalts und des Finanzhaushalts als Excel-Tabellen. Auch generelle Aussagen über die Struktur und den Inhalt eines kommunalen Haushaltsplans gibt es. Wer Fra-gen hat, kann sie per E-Mail an haushalt_im_internet@langen.de stellen. (jrd)

Diese nicht absehbaren Folgen der Grundsteuerreform, aber auch die ständig steigenden Kosten für die Kinderbetreuung zeigen nach Ansicht von Werner eindeutig die Dringlichkeit, dass Land und Bund endlich eine gerechtere finanzielle Ausstattung der Kommunen auf den Weg bringen müssen. „Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ist für die Eltern eine sinnvolle Sache. Es kann aber nicht sein, dass wir gezwungen sind, für jeden Platz ein höheres Defizit im städtischen Haushalt kompensieren zu müssen. Dies nimmt nicht nur uns, sondern fast allen Kommunen im Land die Möglichkeit, ihre Zukunft auch in anderen Bereichen angemessen zu gestalten“, übt Werner Kritik an der Landesregierung. Der Rathauschef hofft, dass den Kommunen mit dem Rechtsanspruch auf einen Ganztagsbetreuungsplatz für Grundschulkinder, der 2026 in Kraft tritt, nicht dasselbe widerfährt.

Derzeit sorgten Verwaltung und Kommunalpolitik mit viel Kreativität und Einsatzbereitschaft dafür, dass die Stadt handlungsfähig bleibe, so Werner. „Dass es Programme wie ,Zukunft Innenstadt‘ des Landes oder Bundeszuschüsse wie für die Vier-Felder-Sporthalle in Oberlinden gibt, die uns dabei unterstützen, sind positive Signale, aber eben auch Einzelereignisse.“ Die Stadt wolle weiter bei Bund und Land für eine angemessene finanzielle Beteiligung kämpfen. Denn Investitionen – auch in ÖPNV und Radverkehr – blieben nicht aus, um die Stadt zukunftsfähig zu gestalten. (Julia Radgen)

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