Leistungskurs-Wahl an Dreieichschule: Kaum Interesse an Deutsch und Musik

An der Dreieichschule Langen kommen wiederholt einige Leistungskurse nicht zustande - sogar im Fach Deutsch. Eine verärgerte Mutter hält das für ein „Armutszeugnis“.
Langen – Bald ist es geschafft: Nur noch die mündlichen Prüfungen müssen die Schülerinnen und Schüler der Qualifikationsphase hinter sich bringen, dann haben sie ihr Abitur endlich in der Tasche. Währenddessen steht der nächste Jahrgang bereits in den Startlöchern. Die aktuellen Elftklässler sind vor Beginn ihrer beiden letzten Schuljahre vor allem mit der Wahl der Leistungskurse (LK) beschäftigt. Und genau die sorgt an der Dreieichschule Langen (DSL) in diesen Tagen für Irritationen.
„Dass der Ruf der Dreieichschule immer noch überdurchschnittlich gut ist, kann angesichts des jüngsten Prozederes bei der Leistungskursfestsetzung durch die Schulleitung nur erstaunen“, schreibt eine aufgebrachte Mutter in einer Mail an die Redaktion. So bringe die Dreieichschule – die immerhin Schule mit musikalischem Schwerpunkt sei – fürs neue Schuljahr keinen Musik-Leistungskurs zustande. „Da liegt doch die Frage nahe, ob der Schwerpunkt vielleicht falsch gesetzt ist“, so die Mutter. In Informatik werde nicht mal ein Grundkurs angeboten, obwohl diesen zehn Schüler gewählt hätten. „In Zeiten der Digitalisierung mutet das geradezu anachronistisch an“, findet die Frau.
Und: Sogar Deutsch finde im Schuljahr 2023/24 als Leistungskurs nicht statt. „Neun Schüler haben sich hierfür eingetragen und wurden bitter enttäuscht“, weiß die Mutter. Sie vermutet Lehrermangel als Ursache für das Problem. Sie zitiert Kultusminister Alexander Lorz, der die Personalsituation als „herausfordernd, aber nicht dramatisch“ bezeichnet hatte. „Zum wiederholten Mal keinen Deutsch-Leistungskurs auf die Beine zu stellen, ist ein Armutszeugnis“, findet die Mailschreiberin jedoch. Ihrer Meinung nach könne man sich damit „von einem weiteren Stückchen einst geschätzter Kultur“ verabschieden. „Deutschland, das Land der Dichter und Denker ist passé.“ Den Leitspruch der DSL – „Vielfalt ist unsere Stärke“ – bezeichnet die frustrierte Mutter in Bezug auf die „für viele Lebenswege wichtige Wahl der Leistungskurse“ als blanken Hohn.
Schulleiterin Nicole Ott kann die scharfe Kritik nur in Teilen nachvollziehen. „Die Organisation von Leistungskursen ist an vielerlei organisatorische Bedingungen geknüpft“, betont sie. Als Richtmaß für die Einrichtung eines LKs seien in der Oberstufenverordnung 15 Schüler als Untergrenze vorgeschlagen. Wie andere Schulen in der Umgebung habe die Dreieichschule für sich eine Untergrenze von zwölf Lernenden festgelegt. Aus Gründen der Gerechtigkeit gelte diese Grenze für alle Fächer gleichermaßen. Die durchschnittliche Kursstärke eines Leistungskurses betrage in Hessen sogar 17 Schülerinnen und Schüler. „Selbst dies ist im Vergleich zu anderen Bundesländern sehr niedrig“, so Ott.
So bedauerlich das im Einzelfall ist: Auf die Einrichtung eines bestimmten Faches als Leistungskurs besteht kein Anspruch.
Einen Leistungskurs mit lediglich neun Schülerinnen und Schülern anzubieten – so wenige haben sich laut Ott bei der diesjährigen Wahl für das Fach Deutsch entschieden – sei für eine Schule schwer darstellbar. „Wenn ein Leistungskurs mit neun Schülerinnen und Schülern angeboten würde, würden Ressourcen von anderen Kursen abgezogen werden, sodass andere Grund- oder Leistungskurse mehr Schülerinnen und Schüler aufnehmen müssten“, verdeutlicht die Schulleiterin. „Es liegt also nicht am Lehrermangel, sondern daran, dass wir vermeiden wollen, durch zu kleine Leistungskurse die Grundkurse größenmäßig zu sehr zu belasten.“
Die Schulleitung beobachte es ebenfalls mit Sorge, dass einige Fächer in manchen Jahren nur in geringem Umfang gewählt werden. So habe es auch im vorletzten Jahr keinen Leistungskurs in Deutsch gegeben. Auch Musik (nur von drei Schülern gewählt) und Informatik (nur von einem) seien von diesem Wahlverhalten im nächsten Schuljahr betroffen. „Im aktuellen Schuljahr haben wir jedoch in diesen drei Fächern sehr wohl Leistungskurse einrichten können“, betont Ott.
„Gerade weil Vielfalt unsere Stärke ist, bieten wir dennoch jedes Jahr alle Fächer zur Wahl an, können uns aber dann nicht über den Schülerwillen hinwegsetzen“, sagt die Schulleiterin. Dies habe zur Folge, dass es verständlicherweise Enttäuschungen gebe, wenn das gewünschte Leistungskursfach nicht angeboten werden könne und ein Umwählen nötig sei. „Die Alternative wäre, dass wir ein festgesetztes Angebot machen, das dann wesentlich eingeschränkter wäre“, so Ott.
Letztlich müsse sie als Schulleiterin über Art und Umfang des Kurs- und Fächerangebots auf Grundlage des Wahlverhaltens der Jugendlichen sowie der personellen und sächlichen Möglichkeiten entscheiden. „So bedauerlich das im Einzelfall ist: Auf die Einrichtung eines bestimmten Faches als Leistungskurs besteht kein Anspruch“, sagt Ott. (Manuel Schubert)