Eltern wollen Raser mit Warnfiguren bremsen - Stadt droht mit Busgeld, Anwohner reagieren
Eltern wollen Autofahrer in einem Wohngebiet in Langen zum Langsamfahren animieren. Die Stadt sieht darin eine Verkehrsgefährdung. Nun geht der Konflikt in die nächste Runde.
Langen - Die Geschichte hat für Aufsehen und ungläubige Leserkommentare gesorgt. Und klingt nach Realsatire: Im Wohngebiet Belzborn in Langen hatten besorgte Eltern Figuren aufgestellt, um Autofahrer zum Langsamfahren zu animieren, und bekamen dafür von der Stadt ein Bußgeld angedroht – wegen Verkehrsgefährdung. Nun haben sich die Eltern zur Stellungnahme der Stadt geäußert.
Die Stadtverwaltung wurde wie berichtet auf Beschwerde von Bürgern tätig und argumentiert: Die Figuren seien illegal im öffentlichen Raum aufgestellt worden und ragten in den Straßenraum hinein. Selbst bei einer „begrüßenswerten“ Absicht zum Kinderschutz könne die Stadt keine Erlaubnis zur Aufstellung erteilen – das wäre rechtswidrig, heißt es aus dem Rathaus.
Die Antwort der Stadt wollen die Unterzeichner des offenen Briefs – die Liste umfasst rund 40 Haushalte rund um die Egelsbacher Straße – nicht so stehen lassen. „Wir verstehen, dass das Ordnungsamt Langen versucht mögliche Gefahren im öffentlichen Raum zu verhindern und sind dafür dankbar. Nur erscheint uns die Umsetzung dessen im Bereich der Egelsbacher Straße leider nicht ausreichend und in der Reaktion auf die Kinderfiguren unverhältnismäßig“, heißt es in der Stellungnahme.
Verkehr in Langen: Viele Nachbarkommunen erlauben Figuren
In vielen Kommunen, auch im Kreis, stehen solche oder ähnliche Figuren, die Verkehrszeichen nicht beeinträchtigen, schreiben die Anwohner und verweisen auf Paragraf 33 der Straßenverkehrsordnung zu „Verkehrsbeeinträchtigungen“. Deshalb können sie die Aussage der Stadt nicht nachvollziehen. Diese Figuren sind in Nachbargemeinden gang und gäbe, zum Teil sogar von den Kommunen angeschafft oder unterstützt.

„Sicher war es niemals die Absicht, durch die Figuren andere Verkehrsteilnehmer zu behindern. Daher ist bei dem Termin vor Ort angeboten worden, die Figuren so umzustellen, dass sie nicht mehr in den Straßenraum hineinragen. Dies ist aber kategorisch und unter Bußgeld-Androhung abgelehnt worden“, kritisieren die Verfasser des Briefs, Jan und Rachel Hegemann. Die Eltern sind bereit, die Fahnen an den Kinderfiguren abzumontieren – der Magistrat hatte erklärt, dass diese Zweiradfahrer am Kopf treffen könnten.
Den Anwohnern im Belzborn stößt sauer auf, dass das Ordnungsamt das ihren Angaben nach tägliche Rasen und Falschparken auf Gehwegen und in Kreuzungen nicht oder nach monatelangen Kontaktversuchen kontrolliert oder geahndet habe. „Die Reaktion auf das Aufstellen der Figuren als Beitrag zur Verkehrssicherheit unserer Kinder war ungleich schneller“, kritisieren sie.
Dennoch sind sie gesprächsbereit und wollen zusammen mit der Stadt eine dauerhafte Lösung für die Verkehrsberuhigung des Wohngebiets erreichen. Die Smiley-Tafel, die die Geschwindigkeit der Autos misst – die Stadt hatte sie aufgestellt, kurz nachdem sie der offene Brief erreicht hatte – sei ein erster Schritt. „Der Smiley zeigt durchaus Wirkung, zumindest in der Richtung, in die er zeigt, ist die Durchschnittsgeschwindigkeit der vorbeifahrenden Autos deutlich gesunken. Dies ist begrüßenswert und erfreulich!“, berichten die Hegemanns.
Verkehr in Langen: Eltern wollen mit Stadt an Lösung arbeiten
Allerdings genüge das nicht und die Eltern sorgen sich schon jetzt, was passiert, wenn die Tafel wieder abgebaut ist. „Weder Smiley noch Figuren stellen eine grundsätzliche und nachhaltige Lösung dar. Wir anwohnende Familien wünschen uns eine dauerhafte Verbesserung und Entschleunigung der Verkehrssituation im Belzborn“, heißt es in dem Schreiben, das an verschiedene Abteilungen der Stadtverwaltung gerichtet und abermals von den unterstützenden Nachbarn unterzeichnet ist. „Wie genau eine solche Lösung aussehen kann, ist Aufgabe der Stadt, nicht unsere. Wir sind aber gern bereit, uns an der Lösungsfindung im Rahmen unserer Möglichkeiten zu beteiligen“, heißt es da.
Die Anwohner haben sich schon Gedanken gemacht und bringen Möglichkeiten, die von zusätzlichen Verkehrsinseln/-ausbuchtungen mit großen Blumenkübeln bis zu einer Sperrung der Egelsbacher Straße für den Durchgangsverkehr durch Poller vor der Ecke mit der Lorscher Straße reichen, ins Spiel. Das würde aus ihrer Sicht den Schulweg für die aus Richtung Egelsbach kommenden Kinder auf dem Rad sowie alle, die zu Fuß zur Geschwister-Scholl-Schule unterwegs sind, sicherer machen. Beim Ortstermin mit dem Ordnungsamt hätten die Anwohner konkrete Vorschläge geäußert, wie die Situation in der Kurve der Egelsbacher Straße entschärft werden könne – dort kommt es nach Angaben der Anwohner durch überhöhte Geschwindigkeit, oft gepaart mit Schneiden der Kurve, und die Führung des Radweges täglich zu gefährlichen Situationen. Die Belzborn-Bewohner betonen, sie seien „hoch motiviert“ zu einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Stadt bereit – „denn es geht um nicht weniger als die Sicherheit unserer Kinder und aller Verkehrsteilnehmer“. (Julia Radgen)