Praxis-Neustart mit der nächsten Generation

Nach 41 Jahren gibt Christa Merkel aus Langen ihre Physiotherapie-Praxen ab. Aber sie bleiben in der Familie: Denn ihre beiden Kinder führen sie weiter.
Langen – Wenn der Rücken mal knackst oder dem Fuß nach einem Kreuzbandriss wieder das Laufen beigebracht werden muss, ist schnelle professionelle Hilfe nötig gefragt. Seit über 40 Jahren können sich die Langener dabei auf die Kompetenz von Christa Merkel verlassen. Mit ihren zwei Praxen ist die Physiotherapeutin eine Institution, um wieder auf die Beine zu kommen oder fit zu bleiben. Nun gibt sie die Leitung der Einrichtungen an ihre Kinder ab – ganz aus der Behandlung wird sie aber nicht verschwinden.
Es fängt alles mit der Übernahme der ersten Praxis in der Berliner Allee im Jahr 1981 an. Nach dem Abitur beginnt Christa Merkel gleich mit ihrer Ausbildung und kann im Alter von 25 Jahren auf eigenen Beinen stehen. „Das war schon ein super Start, den ich sicher ohne meinen Mann nicht hinbekommen hätte“, erinnert sie sich. Mit nur einer weiteren Mitarbeiterin behandelt die junge Therapeutin ihre ersten eigenen Patienten in der 70 Quadratmeter kleinen Praxis. Es dauert jedoch rund zehn Jahre, bis sich ihre Tätigkeit überhaupt finanziell rentiert. Mit der Familie, den Kindern und der Selbstständigkeit bleibt am Ende des Monats nicht viel übrig.
Nach 15 Jahren wächst die Praxis auf vier Mitarbeiter an und die Räumlichkeiten werden zu klein, weshalb der Umzug in den Forstring – nur eine Haustür weiter – erfolgt. „Damals kamen uns die 130 Quadratmeter riesig vor. Heute könnte man sagen, dass sie immer noch zu klein ist, aber es war die richtige Entscheidung“, lässt Merkel die Geschehnisse Revue passieren.
Umweg als Elektriker genommen
Das berufliche Treiben färbt schnell auf ihre Kinder ab: Stephanie Merkel lässt sich seit dem zwölften Lebensjahr die Ausbildung zur Physiotherapeutin nicht mehr ausreden und steigt 2004 in die Praxis ihrer Mutter ein. Auch Bastian Merkel findet nach einem Umweg als Elektriker den Weg in die Praxis der Familie. Zunächst als Trainer, später auch als ausgebildeter Therapeut. „Mir hat die Tätigkeit immer besser gefallen und ich wollte immer mehr machen“, beschreibt Bastian Merkel seine Beweggründe.
Im Jahr 2009 eröffnet Christa Merkel zusammen mit ihrer Tochter eine weitere Praxis: das Therapie- und Trainingszentrum (TTZ) in der Siemensstraße. „Nach einer abgeschlossenen Physiotherapie besteht oft noch Bedarf nach weiterer fachlicher Betreuung durch Therapeuten und Sportwissenschaftler“, beschreibt Stephanie Merkel die Idee. Durch das ergänzende Angebot können Patienten in beiden Praxen intensiver behandelt werden und nach abgeschlossener Therapie im Forstring in der Siemensstraße weiter trainieren.
Mit ihren 66 Jahren hat Christa Merkel nun den Entschluss gefasst, in den Hintergrund zu treten und das Behandlungsfeld ganz ihren Kindern zu überlassen: „Mir hat mein Beruf immer Spaß gemacht – auch heute noch! Aber mit der Zeit kann ich meinen hohen Ansprüchen nicht mehr genügen und jetzt ist ein guter Zeitpunkt, an meine Kinder zu übergeben.“ Die Leitung des TTZ wird daher Stephanie Merkel zukünftig allein übernehmen. Die Staffelstabübergabe der Praxis im Forstring ist bereits erfolgt: Seit dem 1. Juli ist Bastian Merkel alleiniger Chef und konnte sogar alle Zulassungen übernehmen. „So eine Übergabe ist ein enormer Aufwand, es müssen nämlich sämtliche Rezepte abgerechnet und die Praxis bei den Krankenkassen neu zugelassen werden. Wir starten jetzt faktisch wieder bei null“, erklärt Bastian Merkel.
Vollkommen verabschieden wird sich Christa Merkel aber noch nicht: „Ich werde an zwei Tagen in der Woche Hausbesuche machen. Ansonsten habe ich einige Enkelkinder, die sich über meine freie Zeit freuen.“ Zudem hat Merkel, die für die FWG-NEV im Stadtparlament sitzt, einige Hobbys, denen sie nun vermehrt nachgehen kann. Nach dem Absolvieren des Jagdscheins im vergangenen Jahr wartet nämlich zuhause ein Hund, der jagdlich geführt werden möchte. Außerdem hat sich die Physiotherapeutin seit rund sechs Jahren der Imkerei verschrieben und kümmert sich um eigene Bienenvölker. „Ich habe erst mal genug Hobbys, sodass ich keine Sorge habe, dass mir in naher Zukunft langweilig wird“, verspricht Merkel.