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Prozess am Amtsgericht Langen: Drogenabhängiger fälscht Medikamenten-Rezepte

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Medikamente wie Alprazolam, Tryasol, Diazepam, Tafil oder Promethazin holte sich der Angeklagte mit Rezepten aus dem Internet. (Symbolbild) © dpa

Ein Langener hat sich regelmäßig in der Apotheke mit verschreibungspflichtigen Medikamenten eingedeckt. Die Rezepte druckte sich der Drogenabhängige selbst.

Langen – Warum auf dem Schwarzmarkt handeln, wenn man verschreibungspflichtige Drogen auch bequem in der Apotheke kaufen kann? Das dachte sich ein 24-jähriger Langener, als er begann, Rezepte nachzudrucken, um seine Sucht zu befriedigen. Die Quittung gab es nun vom Amtsgericht Langen: 16 Monate Haft auf Bewährung wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in acht Fällen.

Sie heißen Alprazolam, Tryasol, Diazepam, Tafil und Promethazin. All diese Medikamente haben eine sedierende, also beruhigende Wirkung und starkes Abhängigkeitspotenzial. Deshalb sind sie ohne Arztrezept in Deutschland nicht käuflich zu erwerben. Aber es gibt ja das Internet, wo man zwar nicht ohne Weiteres die Drogen bekommt, dafür aber Blanko-Privatrezepte. Mit einem guten Drucker und wenig Skrupel kriegt man dann problemlos den gewünschten Einkaufszettel für die Apotheke. Dass das eine Zeit lang funktioniert, hat der arbeitslose Langener 2019 und 2020 bewiesen. Bis einige Apothekenmitarbeiter misstrauisch wurden und bei den aufgedruckten Psychiatern und Neurologen anriefen. Volltreffer: Die Mediziner kannten den Patienten gar nicht.

Der Beschuldigte versucht gar nicht erst, irgendetwas abzustreiten: „Ich habe einen Fehler gemacht. Ich habe in dieser Zeit ziemlich viele Drogen genommen“, gibt er zu. Richter Volker Horn will wissen, ob er mit der Masche auch Geld verdient hätte. Der junge Mann druckst herum: „Die neueren waren alle für mich, die alten habe ich meist verschenkt... Ab und zu mal einen Zehner bekommen... Um meinen Eigenkonsum zu finanzieren.“

„Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass das den Apotheken irgendwann auffällt?“, fragt Horn. „War mir nicht so bewusst, ich war in der Zeit meist zugedröhnt“, lautet die einleuchtende Antwort. „Wie sind Sie an die Rezepte gekommen?“ – „Die kann man als Stapel für 20 Euro bei Amazon bestellen.“ Den notwendigen Praxisstempel habe er am Computer selbst kreiert. Dafür war der Langener also noch klar genug im Kopf.

Der junge Mann blickt bereits auf eine lange Drogenkarriere zurück. Mit 13 Jahren Alkohol, dann Cannabis, ab 16 Speed, Ecstasy und Koks, später auch mal Heroin und Crack. „Es ist alles ausgeartet. Die Medikamente habe ich dann zusammen mit den Drogen genommen.“ Inzwischen schlucke er keine Drogen mehr – dafür aber zu viel Alkohol, wegen dessen Konsumfolgen er dieses Jahr schon einmal in Langen verurteilt wurde. Fünf Vorstrafen seit 2020 zählt das Bundeszentralregister. Nach Sachbeschädigung, Beleidigung, Betrug, Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt ist Urkundenfälschung zum ersten Mal dran.

Die Staatsanwältin will wissen, wie er denn überhaupt auf die Idee gekommen sei. „Ein Kumpel hat mir den Vorschlag gemacht, er hat damit geprahlt, dass er ein Rezept aus dem Darknet habe. Ich bin aber auch selbst drauf gekommen, dass es nicht schwierig ist, die Dinger nachzumachen“, bekennt der Arbeitslose. Während einer Wohnungsdurchsuchung am 3. November 2020 finden die Ermittler bei ihm 16 Rezepte. Nur die Hälfte davon zeigt allerdings auch eine gefälschte Arztunterschrift, die restlichen sind also nicht strafrechtlich relevant. Nur Schriftstücke mit Unterschrift gelten als Urkunde, da man mit ihr die Identität des Ausstellers vortäuscht.

Eine richtige Therapie habe er noch nie gemacht, er sei aber dazu bereit, behauptet der Angeklagte. Die macht Horn nun auch zur Auflage für die dreijährige Bewährungszeit: „Sie haben eine außerordentliche Drogenkarriere hingelegt“, attestiert der Richter. „Und Ihnen ist sicherlich klar, dass, wenn Sie so weitermachen, Sie in absehbarer Zeit im Landgericht sitzen.“ (Silke Gelhausen)

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