Radschnellweg zwischen Frankfurt und Darmstadt – Anwohner in Sorge: „Wird einen Kompromiss geben müssen“

Der geplante Radschnellweg zwischen Darmstadt und Frankfurt bereitet manchen Menschen Sorge. Anwohner sammelten Unterschriften gegen das Vorhaben. Ein Treffen in Langen soll nun helfen.
Langen – Schon während seiner Begrüßungsworte muss Heinz-Georg Sehring ständig einen Blick über die Schulter werfen. Fast im Minutentakt kommen Radfahrer angedüst, auch Spaziergänger – manche mit Hund oder Kinderwagen – wollen vorbei, und wenn dann noch ein oder zwei Autos anrollen, ist das Chaos perfekt. Immer wieder muss Sehring sein Fahrrad zur Seite schieben, als er den schmalen Weg zwischen den Häusern Goethestraße 132 und Im Wiesengrund 16 begutachtet. „Ein Engpass, das ist problematisch“, stellt er fest.
Und der Radschnellweg zwischen Frankfurt und Darmstadt, der irgendwann genau hier hindurchführen soll, ist noch nicht einmal gebaut. Die Bedenken der Anwohner sind trotzdem groß, weshalb die FWG-NEV zum Ortstermin geladen hat. Rund 30 Bürgerinnen und Bürger sind dem Aufruf gefolgt – um ihre Sorgen mitzuteilen und anschließend mit dem Rad einige alternative Wege abzufahren. Doch die 90-minütige Tour zeigt: Eine wirkliche Optimallösung scheint es nicht zu geben.
Langen: Radschnellweg zwischen Frankfurt und Darmstadt – „wird einen Kompromiss geben müssen“
Die bisherige Planung sieht vor, dass der Radschnellweg aus Richtung Egelsbach kommend durch den Flaschenhals an der Ecke Goethestraße/Im Wiesengrund auf die Walter-Rietig-Straße führt. Anschließend soll es östlich der Bahngleise in Richtung Norden bis nach Sprendlingen weitergehen. Vor allem der unübersichtliche Knotenpunkt in der Goethestraße in Langen bereitet den Anwohnern Sorgen, sie haben bereits mehr als 100 Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt.
„Ich habe hier selbst fast schon Leute angefahren, obwohl ich mich an die vorgeschriebene Geschwindigkeit gehalten habe“, berichtet Simone Sanetra, die Im Wiesengrund wohnt. „Das ist hier jeden Abend der ganz normale Wahnsinn.“ Sie befürchtet, dass die Radfahrer auf dem Schnellweg noch einmal „mit einem ganz anderen Selbstverständnis unterwegs“ sein werden. Eine andere Anwohnerin berichtet, sie habe schon mal einen Radfahrer zu Füßen liegen gehabt, „die preschen hier mit 25 km/h durch“.

Ein weiterer neuralgischer Punkt ist der Bahnhofsvorplatz, über den der Radschnellweg führen soll. „Eine ganz große Katastrophe“, findet NEV-Vorsitzender Sehring, „die Leute haben das Telefon am Ohr oder rennen zur Bahn.“ Doch die ein oder andere ungünstige Stelle wird es wohl geben müssen, das zeigt der Ortsbesuch. Werner Weigand vom ADFC Langen/Egelsbach weist darauf hin, dass das in anderen Städten genauso sei: am stark befahrenen Kreisel auf der K 168 in Egelsbach etwa oder am Bahnübergang in Erzhausen. „Wir können damit leben, dass man an zwei Stellen in Langen langsam fahren muss“, so Weigand.
Dann setzt sich der radelnde Tross in Bewegung, um mehrere mögliche Alternativen in Augenschein zu nehmen. Erster Stopp ist die Bahnunterführung im Loh. Weigand schlägt vor, den Radschnellweg hier direkt an den Bahngleisen entlang zu bauen, anstatt ihn durch das Nadelöhr in der Goethestraße zu pressen. Das Problem: Naturschutzgebiet. „Wir werden das mit einbringen“, verspricht Sehring dennoch.
Langen: Radschnellweg soll durch Nadelöhr in Goethestraße führen – Anwohner in Sorge
Weiter geht’s auf dem Trampelpfad westlich der Schienen, wo man auf zwei Rädern recht ungestört Gas geben kann. Vielen Anwesenden scheint diese Lösung zu gefallen, zumal auch auf der Westseite des Bahnhofs nicht allzu viele Busse und Pendler verkehren. Vor der Indoor-Soccer-Halle im Neurott hält Sehring jedoch an und steigt vom Rad. „Bis hierhin geht’s gut“, sagt er.
Im Industriegebiet warten allerdings zwei Probleme: Um am nördlichsten Zipfel Langens wieder auf die Ostseite der Bahngleise zu gelangen, böte sich die Brücke an der Flugsicherung an. Hierzu müssten die Radelnden aber erst die Paul-Ehrlich-Straße nahe der Unterführung überqueren und dann auf der Robert-Bosch-Straße weiterfahren, auf der allerdings kein Platz für einen Radweg ist. „Entweder müsste man hier alle Bäume fällen oder es gibt den nächsten neuralgischen Punkt“, so Sehring. Sein Fazit: „Es wird einen Kompromiss geben müssen.“
Vielleicht kann der ja nächste Woche erarbeitet werden, dann hat Bürgermeister Jan Werner nämlich sowohl zwei Anwohnergruppen als auch die Fraktionen zum Gespräch über den Radschnellweg eingeladen. „Da muss ein bisschen nachgeplant werden“, betont Werner. Der Bürgermeister will eine zusätzliche „Entlastungstrasse“ auf der Westseite der Gleise vorschlagen. Für solch ein Bauprojekt gebe es sogar „attraktive“ Fördermittel vom Land. Von Manuel Schubert