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Rodungen im Langener Bannwald: Umweltschützer kündigen Blockaden und Besetzungen an

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Von: Manuel Schubert

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Ortsbesuch im Bannwald: Die Linken-Landtagsabgeordneten Christiane Böhm, Saadet Sönmez und Ulrich Wilken (von links) informierten sich bei ihrem Langener Parteikollegen Matthias Rohrbach über den Stand der Rodungen.
Ortsbesuch im Bannwald: Die Linken-Landtagsabgeordneten Christiane Böhm, Saadet Sönmez und Ulrich Wilken (von links) informierten sich bei ihrem Langener Parteikollegen Matthias Rohrbach über den Stand der Rodungen. © msc

Der Widerstand gegen die Rodungen am Langener Waldsee wächst: Beim einem Ortsbesuch der Linken verspricht das Aktionsbündnis Langener Bannwald Widerstand.

Langen – Es ist ein ernüchternder Anblick, der sich nach 15-minütigem Fußmarsch plötzlich vor den Gästen aus Wiesbaden auftut: Aus dem zerfurchten Waldboden ragen hunderte Baumstümpfe, daneben türmen sich meterhohe Berge an abgesägten Ästen und gefällten Stämmen. Auf dem knapp sechs Hektar großen Gelände am Langener Waldsee, mit dessen Rodung die Firma Sehring erst im Januar begonnen hatte, steht schon jetzt fast kein Baum mehr. „Letztes Jahr konnte man hier noch Pilze sammeln“, sagt Matthias Rohrbach, Sprecher des Aktionsbündnisses Langener Bannwald und Linken-Fraktionsvorsitzender in der Stadtverordnetenversammlung.

Am Mittwochmittag führt er bei frostigen Temperaturen, aber strahlendem Sonnenschein, einige Mitglieder der Linken-Landtagsfraktion durch den Bannwald, die sich über den aktuellen Stand der großflächigen Rodungen informieren möchten. „Man kann wie kreisrunden Haarausfall beobachten, dass die Bäume rund um den Waldsee absterben, weil das ganze Wasser in die Kiesgrube läuft“, sagt Rohrbach. Letztere rücke immer näher an die Stadt und sei deshalb auch eine Gefahr für die Bevölkerung: „Sie ist größer und tiefer als die im Ahrtal.“ Der Einsturz der Kiesgrube in Erftstadt-Blessem hatte bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 für die Zerstörung zahlreicher Häuser gesorgt.

Langener Aktivisten bekommen Zuspruch von Linken-Landtagsfraktion

Nicht einmal einen Monat hat es nun gedauert, bis am Langener Waldsee der sogenannte Teilabschnitt 3a (siehe Infokasten) dem Erdboden gleichgemacht wurde. Gerne hätte das Aktionsbündnis stärker gegen die Baumfällungen protestiert. „Aber wir haben erst an dem Tag davon erfahren, als sie hier losgelegt haben“, so Rohrbach. Außerdem seien viele Langener Umweltschützer in Lützerath gewesen, wo fast zeitgleich das Dorf geräumt wurde. „ Ich kann versichern: Das war die letzte Rodung, die ohne zivilen Ungehorsam stattgefunden hat“, betont Rohrbach. „Wir werden auf friedliche Konfrontation mit Sitzblockaden und Waldbesetzung setzen. Wir dürfen das nicht weiter hinnehmen.“

Zuspruch gibt es von der Landtagsabgeordneten der Linken, Saadet Sönmez. „Vielleicht sollte man hier etwas bestimmter vorgehen“, meint sie. Das vom hessischen Landtag vor gut einem Jahr beschlossene Bannwaldgesetz gibt ihr wenig Grund zur Hoffnung: „Es sind einige Ausnahmen eingearbeitet“, kritisiert sie. So seien etwa Rodungen des eigentlich besonders schützenswerten Bannwaldes weiter erlaubt, wenn ein „übergeordnetes öffentliches Interesse“ bestehe. „Solange die Prämisse ,Profit vor Klimaschutz‘ lautet, müssen wir Widerstand leisten“, so Sönmez. Auch ihre Fraktionskollegin Christiane Böhm ist geschockt angesichts der Bilder im Langener Wald. „Das macht mich total traurig“, sagt die Landtagsabgeordnete. „Die Auskiesung in dieser Region ist der Wahnsinn. Wir zerstören unsere Umwelt.“

Weitere 5,8 Hektar Bäume fallen für Kies- und Sandabbau

Die Firma Sehring hat Mitte Januar mit der Rodung des nächsten Areals am Waldsee begonnen. Insgesamt werden im sogenannten Teilabschnitt 3a rund 5,8 Hektar Bannwald für den Kies- und Sandabbau gefällt. Die Genehmigung dafür hatte das Regierungspräsidium Darmstadt ab Herbst 2022 erteilt, allerdings unter der Bedingung, dass Sehring erst die Rekultivierung der bereits gerodeten Abschnitte 1a (7,5 Hektar) und 1b (4,2 Hektar) abschließt. Diese Voraussetzung ist laut RP Darmstadt mittlerweile erfüllt. Der BUND Hessen hatte jahrelang vor Gericht gegen die Rodungen gekämpft, war im Oktober 2022 aber auch letztinstanzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gescheitert. (msc)

Langen: „Die Klimabedingungen haben sich verschärft“

Ihre Fraktion sei in großer Sorge, schildert Mandy Martinez Swoboda die Sicht der Langener Linken. „Die Klimabedingungen haben sich verschärft. Die Nähe der Kiesgrube zur Stadt ist bedenklich.“ Dies bedeute auch mehr Lärm für die Anwohner. „Und ohne den Bannwald müssen die Menschen sehr weit fahren, wenn sie Erholungsgebiete suchen.“

Dietmar Treber, der für die Fraktion DKP/Die Linke in der Stadtverordnetenversammlung Mörfelden-Walldorf sitzt, verspricht Unterstützung beim nächsten Protest: „Sehring ist ein absolut problematischer Nachbar, weil hier die Natur für den Profit zerstört wird. Die nächsten Rodungen sollten wir nicht nur mit Demos begleiten, sondern aktiv Widerstand leisten. Wir werden keine Polizisten angreifen – aber wenn’s sein muss, lassen wir uns auch wegtragen.“(Manuel Schubert)

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