Stadtparlament stimmt für Namensvorschlag

Dieser Beschluss ist einstimmig: Das Langener Stadtparlament hat in seiner Sitzung am Donnerstagabend dafür votiert, die neue Grundschule im Wohngebiet Liebigstraße nach der verstorbenen Pädagogin und Holocaust-Überlebenden Cilly Peiser zu benennen.
Langen –Zuständig für die Benennung der Schule ist zwar der Kreis, aber mit dem Stadtverordnetenbeschluss im Rücken hofft der Magistrat, dass der Kreistag seinem Vorschlag folgen wird. „Unsere ehemalige Langener Mitbürgerin hat sich bis zu ihrem Tod im Jahr 2010 für benachteiligte Menschen in unserer Stadt und darüber hinaus eingesetzt – für Menschen in einem Land, das ihr einst so viel Leid zugefügt hat“, sagt Bürgermeister Jan Werner in seiner Rede vor der Abstimmung.
Cilly Peiser, 1925 in Frankfurt geboren, flüchtete 1938 vor den Nazis in die Nieder-lande und konnte so überleben. Zeit ihres Lebens setzte sie sich in der Selbsthilfegruppe „Child Survivors Deutschland“ für Menschen ein, die das Nazi-Regime traumatisiert überlebt haben und die Gräuel verarbeiten mussten. 2002 erschien ihre autobiografische Erzählung „Zu keinem ein Wort“, aus der sie in der Folge als Zeitzeugin in Schulen vorlas.
Aber damit nicht genug: Die Pädagogin baute nach einem Aufenthalt in Israel zurück in Langen auch die zunächst provisorische Schule für praktisch Bildbare mit auf, die heutige Janusz-Korczak-Schule mit Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Gleichzeitig absolvierte Peiser eine Ausbildung zur Sonderpädagogin und übernahm schließlich die Vorklasse der Ludwig-Erk-Schule. 2009 wurde sie für ihren Einsatz mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Zeichen für weltoffene, tolerante und friedliche Zukunft
„Ich finde, dass wir hier in Langen, wo Cilly Peiser lange Jahre gelebt hat, das Andenken an sie hochhalten sollten, in dem wir eine öffentliche Einrichtung nach ihr benennen“, begründet Werner den Vorschlag des Magistrats. Eine Schule – als Ort, der Kindern wichtige Werte und Wissen für die Zukunft vermittelt – sei besonders passend, so der Bürgermeister. Das Votum der Stadtverordnetenversammlung setze „ein weithin sichtbares Zeichen, dass wir das Gedenken an Cilly Peiser und ihr Wirken wachhalten und mit aller Entschiedenheit für eine weltoffene, tolerante und friedliche Zukunft eintreten“, sagt Werner weiter.
Zur Abstimmung war Peisers Tochter Rina Nentwig mit Familie gekommen, der Magistrat hatte die Angehörigen eingeladen. „Ich war überrascht und sehr berührt, als ich von dieser Würdigung für meine Mutter erfahren habe“, sagt sie. Auch wenn Nentwig wisse, wie beliebt und bekannt ihre Mutter in Langen ist. „Ich habe noch keine Worte dafür“, sagt sie lächelnd. Nentwig, die heute in Erlensee lebt, kann sich noch gut an die Feier zum 85. Geburtstag ihrer Mutter in der Langener Stadthalle erinnern. Nur wenige Tage später war Cilly Peiser verstorben.
Übrigens führt Rina Nentwig das wichtige Erbe ihrer Mutter weiter. Sie liest aus dem Buch „Zu keinem ein Wort“, etwa vor Schulklassen, und spricht über den bewegten Lebensweg von Peiser, der auch ihre Geschichte beeinflusst. Eine äußerst emotionale Angelegenheit – damit sie das schaffe, erklärt sie lächelnd: „Allerdings spreche ich dann über Cilly, nicht über meine Mutter“.