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Frau will Solaranlage auf Dach installieren – läuft dabei aber in Sackgasse

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Von: Jan Lucas Frenger

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Dort oben auf dem Dach möchte Familie Ganzkopp eine Solaranlage installieren, um die explodierenden Energiepreise künftig etwas abzufedern. Ob die Stadt da mitspielt?
Dort oben auf dem Dach möchte Familie Ganzkopp eine Solaranlage installieren, um die explodierenden Energiepreise künftig etwas abzufedern. Ob die Stadt Langen da mitspielt? © privat

Um die hohen Strom- und Energiepreise abzufedern möchte Roswita Ganzkopp auf ihrem Häuserdach in der Langener Altstadt eine Solaranlage installieren. Aber ist das überhaupt erlaubt?

Langen – Höhere Nachfrage aufgrund von Corona und Homeoffice, teure Einkaufspreise sowie nicht zuletzt auch der Krieg in der Ukraine. Das alles treibt die Strompreise in Deutschland weiter in die Höhe. Statistiken des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) zufolge sind die Kosten seit 2012 von 25,89 auf vorläufige 34,60 Cent pro Kilowattstunde in 2022 gestiegen.

Diese Entwicklung stellt viele Verbraucher vor große finanzielle Herausforderungen. Nicht verwunderlich also, dass sich immer mehr Menschen nach alternativen Methoden der Energieversorgung umsehen. So auch in Langen. Roswita Ganzkopp wohnt dort seit knapp zehn Jahren gemeinsam mit ihrem Sohn und ihrer Schwiegertochter in einem Haus in der Altstadt.

Altstadt Langen: Solarenergie als Mittel gegen hohe Strompreise

Vor Kurzem erhält die 76-Jährige einen Brief ihres Stromversorgers mit den Abschlagszahlungen für 2023 – und fällt beim Lesen fast aus allen Wolken: „Unser alter Vertrag läuft Ende dieses Jahres aus. Danach müssen wir im Monat rund 300 bis 400 Euro mehr zahlen.“ Für sie Grund genug, sofort zu handeln: „Zuerst haben wir überlegt, einen Kamin bei uns einzubauen. Da hätten wir aber einen in jedem Raum benötigt“, erzählt die Langenerin. Da das auch aus finanzieller Sicht nicht in Frage komme, musste eine andere Lösung her. Nach weiteren Überlegungen entscheiden sich die Ganzkopps schließlich für Sonnenenergie – eine Solaranlage soll schnellstmöglich auf dem Dach installiert werden. „Wir hoffen, dass wir dadurch die Stromkosten zumindest etwas abfedern können“, sagt Ganzkopp.

Eine Sache steht dem Projekt allerdings noch im Weg: die strengen Regularien, denen bauliche Veränderungen an Häusern in Altstädten oftmals unterliegen. „Ich habe Angst, dass wir die Anlage erst für teuer Geld installieren und sie dann am Ende doch wieder abreißen müssen“, so Ganzkopp.

Roswita Ganzkopp vor ihrem Haus in der Altstadt.
Roswita Ganzkopp vor ihrem Haus in der Altstadt. © -

Solaranlage in der Altstadt: Bei Verstoß gegen Langener Ortssatzung drohen Konsequenzen

Also wendet sich die Rentnerin hilfesuchend an das städtische Bauamt. Dort habe sie jedoch keine verbindlichen Aussagen bezüglich etwaiger Vorgaben erhalten. „Mir wurde am Telefon gesagt, dass sie mir dazu keine Auskunft geben können“, schildert die 76-Jährige. „Die Mitarbeiterin meinte nur, dass wir ein Risiko eingehen, wenn wir die Anlage auf gut Glück installieren.“

Die Regeln für solche baulichen Veränderungen fallen je nach Gemeinde und Stadt unterschiedlich aus. Für Langen sind sie in der 1980 beschlossenen Ortssatzung festgehalten. Von Solaranlagen fehlt in dem Dokument allerdings jede Spur. „Zum Zeitpunkt der Erarbeitung ist das Thema noch nicht explizit verankert worden“, teilt der Fachdienst für Bauwesen, Stadtplanung, Umwelt- und Klimaschutz der Stadt auf Anfrage unserer Zeitung mit. „Allerdings gibt es unter Paragraf vier besondere Anforderungen an die Baugestaltung der Dächer, wie etwa die Farbe der Dachdeckung oder die Mindesthöhe etwaiger Aufbauten, die der Installation von Solaranlagen entgegenstehen“, heißt es weiter.

So benötigten Anwohner gemäß der Hessischen Bauordnung zwar keine Genehmigung für die Installation der Solar-Module. Dabei begangene Verstöße gegen die Satzung würden laut Stadt jedoch als Ordnungswidrigkeit angesehen – es droht der Abriss. Ein Blick in den entsprechenden Abschnitt der Satzung zeigt, diese strengen Vorschriften gelten in erster Linie für „einsehbare“ Bereiche, also „vordere Gebäude“. Für „Nebengebäude, die von öffentlichen Straßen und Plätzen nicht eingesehen werden“, sind Ausnahmen möglich.

Solar-Panels: Langener Ortssatzung torpediert Vorhaben

Die Frage, ob Anwohner auf ihrem Dach in der Altstadt Solar-Panels befestigen dürfen, sei daher stark vom jeweiligen Einzelfall abhängig und könne nicht pauschal beantwortet werden, erläutert der Fachdienst. „Die Erhaltung und Pflege des alten Stadtbildes ist eine besondere Verpflichtung, mit der auch Einschränkungen verbunden sind, die insbesondere in Zeiten der Energiewende Fragen aufwerfen“, räumt die Stadt Langen ein. Zwar gebe es Überlegungen, die Vorgaben hinsichtlich Solarenergie zu „konkretisieren und zu vereinfachen“. Dafür müsse jedoch zunächst eine „Abwägung zwischen öffentlichem und privatem Interesse“ in den politischen Gremien gefunden werden.

Da ihr Hausdach definitiv einsehbar sei, muss sich Roswita Ganzkopp also vorerst von ihrer Idee verabschieden: „Jetzt bleibt uns nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass die Regeln irgendwann geändert werden.“ (Jan Lucas Frenger)

Ursprüngliches Erscheinungsbild bewahren

In welcher Form ein Grundstück bebaut werden darf, regeln Gestaltungssatzungen und Bebauungspläne. Nicht für alle Bereiche Langens gibt es ein solch rechtsverbindliches Papier. Im Juli 2021 hat der Magistrat für den Bereich ums Wiesgässchen den Bebauungsplan „Nr. 57b – Erste historische Stadterweiterung“ aufgestellt, den das Stadtparlament einstimmig beschlossen hat. Er hat zum Ziel, dass der weitgehend erhaltene Straßenraum aus der ersten Stadterweiterung (1821 und 1888) in seinen baugestalterischen Merkmalen gesichert wird – gerade in Hinblick auf Neubauten und Nachverdichtung. Ähnliches hatte die Stadt zuvor für die Lerchgasse (ebenfalls aus der ersten Stadterweiterung) umgesetzt, um zu verhindern, dass moderne Neubauten dort nicht ins Erscheinungsbild passen. (jrd)

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