Durchs Malen der Heimat ganz nah

Die Wände im Café des Zentrums für Jung und Alt sind mit farbenfrohen Bildern geschmückt. Die Malereien zeigen kunterbunte Häuser, Blumenbouquets und viele Mädchen mit Blumenkränzen in den Haaren. Es sind die Werke der neuen Malgruppe, die sich im ZenJA zusammengefunden hat.
Langen – Es ist nicht irgendeine Kunst – die Petrykiwka-Malerei ist seit Dezember 2013 immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO. Es ist die symbolträchtige, volkstümliche Kunst der Ukraine, die auch zum Erhalt der Volkstradition an den Universitäten des Landes gelehrt wird. Viktoria Masterovenko, Mitglied des Ausländerbeirates in Langen und selbst aus der Ukraine stammend, war von dem Krieg in ihrer Heimat bestürzt. „Ich habe all die Frauen und Kinder hier in Langen ankommen sehen. Ich habe sehr früh überlegt, dass wir etwas für die Menschen tun müssen“, erzählt die studierte Architektin, die seit 2014 in der Sterzbachstadt lebt. In Zusammenarbeit mit dem ZenJA richtet sie daraufhin eine Malgruppe ein. „Die Frauen haben in der Woche gut zu tun, mit Integrationskursen und ihren Kindern. Sonntags sitzen sie dann herum – da wollte ich einen Ort der Begegnung schaffen“, erklärt Masterovenko.
Auch wenn die meisten der rund 15 Frauen vorher nicht gemalt haben, lassen sie sich auf die kreativen Stunden am Sonntagmittag ein: „Die Technik ist nicht allzu schwer, es ist eine Jahrhunderte alte Tradition. Es gibt ein paar Regeln, wie beispielsweise, dass von innen nach außen gemalt wird und von oben nach unten. Wir haben mit den Fingern begonnen und mit den Wochen die Technik immer weiter verfeinert. Und durch die Übung sind die Bilder immer besser geworden“, ist die Kursleiterin von der Kreativität ihrer Teilnehmerinnen begeistert.

Monika Maier-Luchmann, Geschäftsführerin des Mütterzentrums, sieht die Gruppe der ukrainischen Frauen als Bereicherung für das ZenJA: „Es ist schön zu beobachten, wie sie hier sonntags zusammen malen. Wie sie in ihre Bilder versunken sind, ein Stück Heimat hierher bringen und sicher gedanklich in die Ukraine reisen. Natürlich fließen auch schon mal Tränen – aber das ist bei der Situation, in der die Frauen derzeit stecken, auch nicht verwunderlich“, sagt Maier-Luchmann.
Sie freut sich, dass die Ukrainerinnen das ZenJA als Anlaufpunkt erleben und selbst ganz viel zum Leben im Mehrgenerationenhaus beitragen – sei es durch die Malerei, durch gemeinsames ukrainisches Kochen oder auch das fünftägige Toloka-Weihnachtsdorf, das ein schöner Erfolg war.
Die Bilder, die in den vergangenen Monaten entstanden sind, sind so schön, dass sie es wert sind, gezeigt zu werden. Die Künstlerinnen haben die Werke gemeinsam mit Viktoria Masterovenko im ZenJA aufgehängt. Die Ausstellung soll bis zum Frühjahr bestehen bleiben. Die Kunstwerke stehen zum Verkauf. Alle Einnahmen unterstützen Hilfsprojekte in der Ukraine, zu denen die Frauen persönliche Kontakte haben. Wer nicht gleich ein Bild kaufen möchte, kann ein Postkartenset mit den Motiven der Malereien gegen eine Spende erwerben und der Aktion damit helfen. „Die Postkarten sind möglich, weil uns die Druckerei Augustin die Karten kostenlos gedruckt hat“, ist Maier-Luchmann dankbar.