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Langener Hausarzt hat vergeblich Nachfolger gesucht

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Von: Julia Radgen

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Er war mehr als zwei Jahrzehnte für seine Patienten da, nun geht Bernhard Maxeiner in Ruhestand.
Er war mehr als zwei Jahrzehnte für seine Patienten da, nun geht Bernhard Maxeiner in Ruhestand. © strohfeldt

„Das ist ein schmerzhafter Einschnitt für mich“, sagt Dr. Bernhard Maxeiner. Der Hausarzt gibt seine Praxis in der Berliner Allee 5 nach über 22 Jahren zum Jahresende auf und geht in Ruhestand. Was den 69-Jährigen besonders mitnimmt: Trotz intensiver Suche konnte er keinen Nachfolger oder Nachfolgerin für seine Praxis auf der Rückseite der Oberlinden-Apotheke finden.

Langen – „Meine Patienten ohne direkte Nachfolge zurückzulassen, belastet mich“, sagt der Mediziner. In Oberlinden sei die Situation eine spezielle, hier wohnen viele ältere Menschen, Maxeiner macht bei einigen Patienten auch Hausbesuche. „Das gehört halt dazu“, hier werbe er gerade bei Kollegen, dass sie Patienten übernehmen.

Dabei liegt es nicht daran, dass er sich nicht um eine Nachfolge bemüht hat. Sechs Jahre lang suchte Maxeiner nach einem Arzt oder einer Ärztin, der oder die seine Praxis übernehmen will. „Dreimal hätte es beinahe geklappt, ist dann aber kurz vor der Unterschrift doch gescheitert“, sagt der Arzt. Seine frühere Kollegin Dr. Karin Hunsicker kam als alleinige Nachfolgerin nicht in Frage, da sie als angestellte Ärztin arbeiten wollte. „Wir haben super zusammengearbeitet, aber das war dann keine Perspektive für das Weiterleben der Praxis.“ Hunsicker ist mittlerweile in einer anderen Langener Praxis tätig.

Aktuelle Rahmenbedingungen im Kassensystem machen es schwer

Für Maxeiner war der Abschied schließlich unumgänglich. „Ich war immer sehr gerne Hausarzt“, sagt er, auch wenn er die vermehrte Kritik an den Bedingungen in der Kassenmedizin gut nachvollziehen kann. „Das System ist natürlich schwieriger geworden, es ist bürokratischer, die Verwaltung aufwendiger geworden“, sagt der Hausarzt. Corona habe die Arbeitsbedingungen in den Praxen zusätzlich verschärft.

Für Maxeiner liegt es natürlich auch am Gesundheitssystem, dass es nicht gerade attraktiv ist, eine klassische Hausarztpraxis zu übernehmen. „Die unangenehmen Rahmenbedingungen, die von Gesetzgeber und Krankenkassen geschaffen wurden, führen dazu, dass es schwieriger wird, einen Nachfolger zu finden“, meint er. Vor diesem Problem stehen auch viele Kollegen in den umliegenden Kommunen: Der klassische Hausarzt, der weit über 40 Stunden die Woche arbeitet, für seine Patienten oft auch außerhalb der Sprechzeiten erreichbar ist und Hausbesuche macht, ist eine aussterbende Art. Die neue Mediziner-Generation will – verständlicherweise – geregeltere Arbeitszeiten und ein ausgeglicheneres Verhältnis zwischen Arbeit und Freizeit/Familie. Daher nimmt auch der Anteil der Teilzeitstellen zu, nennt Maxeiner weitere Gründe für den Umbruch. Das habe es schwer gemacht, jemanden zu finden, der die Praxis weiterführt. Ein generelles Problem, das sich wahrscheinlich nur durch „größere Einheiten“ – etwa Gemeinschaftspraxen lösen lässt.

Zur hausärztlichen Versorgung in Langen

Wie steht es um die hausärztliche Versorgung in Langen nach der Praxisaufgabe von Dr. Bernhard Maxeiner? Ansprechpartner dafür ist die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KV), zu deren zentralen Aufgaben gehört, die ausreichende medizinische Versorgung sicherzustellen und dass Praxen möglichst gleichmäßig im Bundesland verteilt sind. Auf Nachfrage unserer Zeitung teilt die KV für den Planungsbereich Neu-Isenburg/Dreieich/Langen mit, dass mit einem Versorgungsgrad von etwa 95 Prozent eine drohende Unterversorgung vorliegt. „Von Unterversorgung sprechen wir ab einem Versorgungsgrad unter 75 Prozent. Während wir in Dreieich und Neu-Isenburg Versorgungsgrade von 96 beziehungsweise 97 Prozent haben, liegen wir in Langen nur bei 82 Prozent“, teilt der stellvertretende Pressesprecher Alexander Kowalski mit. Die Versorgungssituation sei demnach für die KV nicht zufriedenstellend. Aufgrund der Altersstruktur im Planungsbereich – ausgehend von einer Praxisabgabe im Alter von 65 Jahren – rechne die Kassenärztliche Vereinigung obendrein bis zum Jahr 2025 mit einem Nachbesetzungsbedarf von circa 33 Prozent. (jrd)

Schweren Herzens gibt Maxeiner nun zum Jahresende seine Praxis auf. Der Abschied fällt ihm nicht leicht, trotz der Rahmenbedingungen ist sein Beruf für ihn der schönste. „Man begleitet den Patienten als Hausarzt ganzheitlich – körperlich wie psychisch durch alle Lebenssituationen und sieht nicht nur einen Aspekt wie ein Facharzt. Man hört dem Patienten zu und holt ihn ab“, sagt Maxeiner. Das bereite ihm viel Freude. Er habe stets versucht, seinen Patienten die ganze Breite seiner medizinischen Ausbildung anzubieten oder sie an Fachkollegen weitergeleitet, zu denen er dank seiner Zeit im Krankenhaus (siehe Infokasten) gute Kontakte pflegt. Zudem sei das Praxis-Team gut eingespielt. Drei der fünf Mitarbeiterinnen in Teilzeit von Maxeiner sind schon seit über 20 Jahren dabei, sagt der Arzt.

Trotz allem blickt Maxeiner aber auch mit Freude auf den kommenden Ruhestand, der endlich mehr Freizeit für ihn und die Familie bringt. „Das ist vor allem in der anstrengenden Coronazeit stark zu kurz gekommen“, sagt er. Er freut sich auf mehr Zeit mit seiner Ehefrau, seinen Kindern und Enkeln, für Fitness, Gartenarbeit oder Reisen. Zudem will er sich sozial engagieren. Ganz wird Maxeiner die Medizin aber nicht an den Nagel hängen: „Ich werde noch bisschen Arbeitsmedizin anbieten, speziell Impf- und Reisemedizin – ein Hobby von mir“, sagt er.

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