Solarenergie in Langen: „Verhinderungssatzung“ abgeschwächt

So hatte sich das der Magistrat bestimmt nicht vorgestellt: Sein Entwurf für eine Änderung der Altstadtsatzung, die es Hausbesitzern ermöglichen soll, Solaranlagen auf ihren Dächern anzubringen, sorgte für viel Kritik. Einige Fraktionen halten die zahlreichen Vorgaben für viel zu streng und unnötig. Nun hat sich das Stadtparlament auf einen geänderten Entwurf zum Ergänzungspapier für Solaranlagen geeinigt.
Langen – Auch unsere Berichterstattung zog zahlreiche Leserkommentare nach sich. In den Ausschusssitzungen und im Zuschauerbereich der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstagabend nehmen zahlreiche Bürger Platz – offensichtlich wegen dieses Themas. Der Langener Hans Tripp, selbst betroffen, hat sogar eine Online-Petition initiiert, die 120 Unterstützer unterzeichnet haben. Die Stadt argumentiert damit, dass die Satzungsänderung Fotovoltaikanlagen in der Altstadt ermöglichen soll, aber das Erscheinungsbild mit historischen Fachwerkhäusern erhalten soll. Die Satzung, die die Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Architektur-Fachmann Frank Oppermann erarbeitet hat, ist laut Magistrat „ein ehr guter Kompromiss“ dieser beiden Interessen.
Seit dem Bauausschuss gab es bei einigen scheinbar ein Umdenken. „Wir können dieser Satzung so nicht zustimmen“, sagt Ingo Eberhard (Grüne). „Das ist eine Fotovoltaik-Verhinderungssitzung“, betont er unter Applaus – der unerlaubterweise auch von den Zuschauern kommt. Die Energiewende sei nicht machbar, wenn so stark und kleinteilig reguliert werde, begründet der Grüne weiter. Die Vorgabe zur Farbe der Dachpaneele rauszunehmen, sei „nur die Spitze des Eisbergs!“ Die Grünen stellen deshalb einen Antrag auf zweite Lesung und wollen, dass die Satzung in den Ausschüssen erneut beraten und angepasst wird. „Wir brauchen eine vernünftige Änderungssatzung, die sich auch an den Bedürfnissen der Altstadtbewohner orientiert.“
CDU Langen fordert: Rechtssicherheit schaffen
Auch Uli Vogel (FWG-NEV) betont, um die Energie zu schaffen, müsse man mutiger sein. „Wir werden uns an den Anblick von Solaranlagen auf Altstadtdächern gewöhnen“, betont er. Rückenwind für die zweite Lesung gibt es von der WiLa. „Dieser Entwurf wurde schnell gemacht, die Bürger fühlen sich überfahren“, sagt Joost Reinke und plädiert dafür, Betroffene einzubeziehen.
CDU-Fraktionsvorsitzender Christian Gött wehrt sich gegen die Terminologie von Eberhard: „Das ist erst mal eine Ermöglichungssatzung, denn momentan geht gar nichts!“ Man müsse nun die Interessen gegeneinander abwägen, scheinbar habe die Farbvorgabe für die Betroffenen eine besonders große Bedeutung. Umso unverständlicher für Gött, dass der Änderungsantrag seiner Fraktion, diesen Absatz aus der Satzung herauszunehmen, abgelehnt wurde. „Ein Bürgerdialog kostet Zeit, wir müssen jetzt Planungssicherheit für die Leute schaffen“, findet Gött. Die CDU will also ihren Änderungsantrag zur Farbe der Solarpaneele noch mal stellen und hofft, dass die so geänderter Satzung dann beschlossen werden kann.
Auch Bürgermeister Jan Werner rät den Stadtverordneten zu diesem Kompromiss – und einer Entscheidung vor der parlamentarischen Sommerpause. „Momentan müssen wir Bauanträge zu diesem Thema ablehnen“, sagt Werner und weist daraufhin, dass das Bauamt bei der Prüfung einzelner Vorhaben – gibt es erst mal eine Grundlage – „Ermessungsspielraum“ habe. Zudem könnten die Stadtverordneten jederzeit die bestehende Satzung erweitern oder anpassen. Weil es offensichtlich Redebedarf gibt, folgt eine Sitzungsunterbrechung.
Entscheidung jetzt und nicht erst 2023
Heinz-Georg Sehring, (NEV) betont dann: „Lassen wir die Farbe raus!“ Anschließend müsse die Satzung schnellstmöglich ergänzt werden. Auch Christian Jaensch (FDP) findet, ein Beschluss schaffe erst mal Rechtssicherheit. Zudem erinnert er an den Faktor Zeit: „Wenn wir in zweite Lesung gehen, gibt es wohl erst 2023 einen Beschluss.“
Die Energiekrise erfordere sofortiges Handeln, findet auch Jasmin Berger (SPD). „Und aktuell geht in Sachen Solar in der Altstadt gar nichts!“ Es gebe weiter genügend Diskussionsbedarf – auch ohne den Farbaspekt.
Dann geht's ans Abstimmen: Die Grünen kriegen für ihren Antrag auf zweite Lesung nur Unterstützung von WiLa, Linken und einem NEV-Mitglied – er ist damit abgelehnt. Der CDU-Änderungsantrag, den Punkt der Farbgestaltung zu streichen, wird diesmal einstimmig angenommen – unter Applaus. Enthaltungen gibt es aus Reihen der Grünen, der Linken und der WiLa. Die so geänderte Satzung wird mehrheitlich angenommen – gegen drei Stimmen der Grünen.