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Solar in Langener Altstadt: „Wildwuchs“ vermeiden

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Von: Julia Radgen

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Jemand montiert Solarmodul auf Dach
d8854e74-a85c-4f25-9dec-e7fc394dbaeb.jpg © Symbolbild: dpa

Eine Ergänzung zur Langener Altstadtsatzung soll es Hauseigentümern ermöglichen, Solarmodule auf ihren Dächern zu installieren. Der Bauausschuss hat die Vorlage diskutiert, manche halten die Vorgaben für zu streng.

Langen – Dass die Veränderung der Altstadtsatzung zur Ermöglichung von Solaranlagen die Langenerinnen und Langener bewegt, zeigt sich nicht nur bei Diskussionen im Netz, sondern auch auf der Zuschauerbank im Ausschuss für Umwelt, Bau und Verkehr. Knapp ein Dutzend Besucher, von denen die meisten scheinbar von den Regelungen betroffen sind, hat sich zur Sitzung im Rathaus eingefunden.

Erster Stadtrat Stefan Löbig betont vor der Diskussion: „Es ist uns bewusst, dass das ein heiß diskutiertes Thema ist.“ Aber die Verwaltung habe sich die nun erarbeitete Vorlage nicht leicht gemacht, dazu wurde extra Frank Oppermann als Denkmalexperte zurate gezogen. „Wir wissen, dass unsere Vorgaben teurere Preise für Module nach sich ziehen, aber es handelt sich um einen Kompromiss, der auch die Altstadtinteressen berücksichtigt“, betont Löbig.

Solarmodule sollen sich unauffällig ins Dach einfügen

Der Magistrat wolle „so viel wie möglich ermöglichen, aber keinen Wildwuchs“ – und schließlich könne die Stadt auch nicht jede einzelne Anlage kontrollieren. So ist der Entwurf entstanden, der nun gestalterische Vorgaben macht: Unter anderem sollen sich die Solarmodule unauffällig ins Dach einfügen, bevorzugt als sogenannte Indachlösung, und im selben Farbton gewählt werden. Außerdem sollen sie zusammenhängende Flächen bilden und auf einer Höhe liegen, Abtreppungen und gezackte Ränder sind nicht zulässig, heißt es in dem Satzungsentwurf. Ebenso sollen Hauseigentümer keine unterschiedlichen Systeme und Fabrikate mischen und die Module müssen matt, nicht spiegelnd sein. „Diese Auflagen sind für die Antragsteller nicht unbedeutend, aber wir halten sie für vertretbar“, sagt Petra Wagner, Leiterin des städtischen Fachdiensts Bauwesen, Stadt- und Umweltplanung, zum Abschluss ihrer Powerpoint-Präsentation, die den Ausschussmitgliedern die Thematik noch einmal ausführlich darlegt. Die Regeln würden jedoch nicht für Gebäude gelten, die unter Denkmalschutz stehen, für sie ist die Denkmalschutzbehörde des Kreises zuständig.

Kritik im Langener Ausschuss: Auflagen kaum umsetzbar

„Hier macht man viele Auflagen, die nicht umsetzbar sind“, findet Christa Merkel (FWG-NEV). Entsprechende Farbpaneele zu bekommen, sei eine unrealistische Anforderung, zudem sei eine nachträgliche Integration der gewünschten Technik kaum möglich – und Indachanlagen seien sehr viel teurer. „Das wirkt auf mich wie eine Abwehrsatzung“, meint Merkel. Ihr Fraktionskollege Uli Vogel pflichtet bei: Die Satzungsergänzung sei zu streng, man gewöhne sich an einen anderen Blick. „In der aktuellen Lage sollten wir möglich machen, was geht.“

Jörg Nörtemann von der CDU hat „dieselben Schmerzpunkte“. Viele Besitzer alter Häuser müssten ihre Dächer dann neu eindecken, vermutet er. Und er will wissen, ob die farbliche Abstimmung auf das Dach wirklich sinnvoll ist. „Ist bei der Einsehbarkeit nicht entscheidend, dass die Paneele matt sind?“, so Nörtemann. Erster Stadtrat Löbig betont erneut, dies seien die in Zusammenarbeit mit Oppermann erarbeiteten Voraussetzungen. „Wir hoffen aber, dass sich auf lange Sicht der Denkmalschutz bewegt“, so Löbig, die Behörde sei sehr zurückhaltend, was Genehmigungen angehe.

Besucher melden sich - unerlaubterweise - zu Wort

Joost Reinke (WiLa) vertraut auf das Urteil des ausgewiesenen Architektur- und Altstadtkenners Oppermann. „Geld kostet das alles, aber wir sollten die Langener Altstadt nicht der Beliebigkeit unterwerfen“, findet der WiLa-Vorsitzende. Das bringt einen Zuschauer auf der Bank auf die Palme, der – obwohl das gar nicht erlaubt ist – erbost ruft: „Fragen Sie Leute mal, was es kostet, ein Fachwerkhaus zu unterhalten“, und danach den Saal verlässt.

„Wir dürfen natürlich die Altstadt nicht verschandeln“, sagt Rainer Schöner (Grüne), „aber die Argumente kann ich nicht nachvollziehen. Wir müssen doch mit der Zeit gehen!“ Er sei dafür, die Farbvorgabe zunächst aufzuheben und wenn nötig nachzuschärfen – „wenn sich hoffentlich die Kostenentwicklung entspannt“. In eine ähnliche Richtung geht SPD-Fraktionsvorsitzender Rainer Bicknase: „Wir sehen diese Vorlage als Einstieg. Wir können jetzt erst mal sehen, was passiert, und die Satzung in ein paar Jahren nachbessern.“ Nicht zuletzt würde sich ja technisch noch einiges ändern. Doch Löbig betont, man müsse solch eine Ergänzungssatzung schon geregelt einführen: „Sonst schaffen wir ja Präzedenzfälle.“

Die CDU beantragt schließlich den Unterpunkt, dass die Paneelfarbe dem Ton der angrenzenden Dachdeckung entsprechen muss, aus der Satzungsergänzung zu streichen, doch sie erhält nur Unterstützung von FDP und FWG – so wird dies mehrheitlich abgelehnt. Im Anschluss wird dann die Satzung in ihrer vorgelegten Form einstimmig angenommen. Beschließen soll sie die Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag, 21. Juli.

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