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2021 ist das Jahr der politischen Überraschungen im Kreis

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Von: Thorsten Becker

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Überraschung: SPD-Kandidat Lennard Oehl (links) wird der neue direkt gewählte Bundestagsabgeordnete. Er löst Sascha Raabe ab, der nicht mehr kandidiert hat.
Überraschung: SPD-Kandidat Lennard Oehl (links) wird der neue direkt gewählte Bundestagsabgeordnete. Er löst Sascha Raabe ab, der nicht mehr kandidiert hat. © Mike Bender

Main-Kinzig-Kreis - Am Anfang des Jahres hätte ich für die politischen Entscheidungen 2021 keine Prognose gewagt. Besser gesagt, ich hätte wohl ziemlich daneben gelegen. Und damit stehe ich nicht alleine da.

Zwar dürfte es das bundesweite politische Klima gewesen sein, das vor allem bei der Bundestagswahl voll bis in den Main-Kinzig-Kreis durchschlägt. Denn niemand hat wohl den 28-jährigen Lennard Oehl auf der Rechnung gehabt, der sich erst parteiintern bei der SPD durchsetzt und dann für den Wahlkreis 180 kandiert. Er will Sascha Raabe folgen, der nach 19 Jahren nicht wieder kandidiert. Raabe hatte nach zwei direkten Siegen dreimal gegen Katja Leikert (CDU) das Nachsehen und zog über die Landesliste der SPD ins höchste Parlament ein. Doch Oehl gelingt auf Anhieb die Sensation und gewinnt den direkten Vergleich gegen Leikert.

Selbst im benachbarten Wahlkreis Main-Kinzig/Wetterau schafft es Bettina Müller von der SPD die CDU-Hochburg zu schleifen und das Direktmandat zu erringen. Peter Tauber (CDU) legte sein Mandat bereits im Mai aus gesundheitlichen Gründen nieder.

Die Entscheidung der Wähler überrascht vor allem, weil bei der Kommunalwahl im März ein ganz anderer Trend zu erkennen ist. Zwar verteidigen die Sozialdemokraten ihren Rang als stärkste Partei im Kreistag, allerdings nur noch mit 30,8 Prozent. Dafür legen die Grünen kräftig zu und verdoppeln die Zahl ihrer Mandate auf 14. Kurios ist bei der Wahl vor allem, dass ausgerechnet die Satirepartei „Die Partei“ einen Sitz ergattert – und damit die Republikaner verdrängt, die nicht mehr im Parlament vertreten sind.

Nachdem alle Stimmzettel ausgezählt sind, stehen die Zeichen zunächst auf einem Wechsel der Mehrheitsverhältnisse. Denn bei den Sozialdemokraten, die demonstrativ außer mit der AfD mit allen Fraktionen sprechen, gibt es Stimmen, die einen Wechsel des Koalitionspartners bevorzugen würden. Die Verhandlungen ziehen sich hin und plötzlich rumort es innerhalb der 23-köpfigen CDU-Fraktion.

Michael Reul, der das Zepter seit 2011 schwingt, versucht, seine Anhänger hinter sich zu scharen, denn von Heiko Kasseckert, seinem Kollegen aus dem Landtag, kommt eine Kampfansage. Er fordert Reul bei der Entscheidung um die Führung der Kreistagsfraktion heraus.

Bei der konstituierenden Sitzung nach der Kommunalwahl gibt es im April in der CDU-Kreistagsfraktion einen Paukenschlag. Erst der dritte Wahlgang bringt am späten Abend die Entscheidung: Kasseckert gewinnt mit zwölf gegen zehn Stimmen.

Sofort hat er zwei wichtige Aufgaben. Er muss versuchen, die Gräben in der eigenen Fraktion schnell zu überwinden – und die Koalitionsverhandlungen mit der SPD fortsetzen.

Das gelingt, denn offenbar dürfen neben Programmen und politischen Ausrichtungen auch die persönlichen Kontakte nicht außer Acht gelassen werden. Denn Klaus Schejna, der langjährige Chef der SPD-Kreistagsfraktion, kennt Kasseckert. Beide schätzen sich gegenseitig – und bringen eine Fortsetzung der Großen Koalition sehr schnell in trockene Tücher. (Von Thorsten Becker)

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