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Bruchköbeler sollen mehr Steuern zahlen

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Die Stadt braucht einen genehmigten Haushalt, auch um ihren Verpflichtungen für die neue Stadtmitte nachzukommen, die sich derzeit im Bau befindet.
Die Stadt braucht einen genehmigten Haushalt, auch um ihren Verpflichtungen für die neue Stadtmitte nachzukommen, die sich derzeit im Bau befindet. © Axel Häsler

Bruchköbel – Die prekäre Haushaltssituation der Stadt Bruchköbel wird sich auch im Geldbeutel ihrer Bürger bemerkbar machen. Heute Abend sollen die Stadtverordneten einer Erhöhung der Grundsteuer sowie einer Anhebung der Gewerbesteuer ab 2023 zustimmen. Die Steuererhöhung ist ein Teil des Konsolidierungspfads, durch den bis zum Jahr 2024 ein Defizit von 4,4 Millionen Euro ausgeglichen werden soll.

Von der Verabschiedung des Maßnahmenpakets ist laut Bürgermeisterin Sylvia Braun (FDP) die Genehmigung des Haushalts für 2021 durch die Kommunalaufsicht und das Regierungspräsidium in Darmstadt als übergeordnete Behörde abhängig.

Bei der Aufstellung des Haushalts hatte Braun zunächst auf eine Erhöhung der Steuern verzichten wollen. „Es ergab für mich keinen Sinn, den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen, das sie vorher durch Corona-Hilfen vom Land bekommen hatten“, sagte sie gestern. Nun jedoch bleibe ihr nichts anderes mehr übrig. Die Grundsteuer soll demnach von derzeit 490 Punkten auf 530 erhöht werden. Dies entspreche übers Jahr gesehen einem Betrag von 50 Euro für ein neues Reihenhaus und etwa 40 Euro für Einfamilienhäuser älteren Baujahres. Die Gewerbesteuer soll ab dem Jahr 2023 von derzeit 370 auf 420 Punkte erhöht werden. Laut Kalkulation der Stadt bringen die Steuererhöhungen jährlich rund 300 000 Euro mehr an Grundsteuern sowie etwa 400 000 Euro zusätzlich an Gewerbesteuern ein.

Forderung äußerst kurzfristig

Die Forderung des Landes, den Haushalt nachzubessern, habe die Stadt äußerst kurzfristig und auch überraschend getroffen. Braun nannte es irritierend, dass die Kommunalaufsicht mit Blick auf den Haushalt zuvor noch positive Signale gesendet habe. „Wir waren in Erwartung der schon lang ausstehenden Genehmigung des Haushaltes 2021.“

Die Stadtverordnetenversammlung hatte im Februar einen defizitären Haushalt beschließen müssen, der ein Minus von etwa rund einer Million Euro aufwies. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen fehlten der Stadt Bruchköbel die notwendigen Rücklagen, um die Einnahmeausfälle durch die Corona-Krise ausgleichen zu können, so Braun. Deswegen habe man ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept erstellen müssen, das jedoch nicht mit konkreten Maßnahmen verbunden gewesen sei. „Dies ist nun nicht mehr gültig und die Stadt ist gezwungen, einen Ausgleich für das Defizit konkret darzustellen. Dass nun, kurz vor der Sommerpause, eine solch umfangreiche Nachbesserung erforderlich ist, das ist schon ein Schlag ins Gesicht“, sagte Braun.

Jetzt gelte es, ein Defizit bis 2024 in Höhe von rund 4,4 Millionen Euro auszugleichen und dies möglichst zeitnah von der Politik genehmigt zu bekommen, also vor der Sommerpause, die jetzt beginnt.

Konsolidierungsvorschlag bereits vorbereitet

Da dieser Konsolidierungsvorschlag für den Haushaltentwurf 2022 ohnehin notwendig geworden wäre, sei die Finanzverwaltung bereits gut vorbereitet gewesen. „Es konnte schnell ein schlüssiges Konzept vorgelegt werden, dass mit Einsparungen im Bereich der Verwaltung, Anpassungen von Gebührensätzen und leider auch Steuererhöhungen ein Gesamtpaket darstellt.“

Zu den „Anpassungen der Gebührensätze“ gehört auch eine Erhöhung der Kindergartengebühren von 2,5 Prozent. „Dies war ohnehin geplant, um die Gebühren nicht wie beim letzten Mal übermäßig anheben zu müssen“, sagte Braun.

Die Bürgermeisterin konstatierte, dass es für die ehrenamtlichen Stadtverordneten eine Zumutung sei, so kurzfristig entscheiden zu müssen. So wurde der Punkt erst am Freitag auf die Tagesordnung genommen, auch wenn Magistrat und die Fraktionsvorsitzenden durch sie, die Bürgermeisterin, zeitnah informiert worden seien.

Vor allem vor dem Hintergrund des Stadtumbaus, der in vollem Gange ist, sei es unabdingbar, dass Bruchköbel finanziell flexibel bleibe. Dies sei auch der Grund für das beschleunigte Verfahren. „Ich habe seit der Mitteilung durch die Kommunalaufsicht Gespräche mit allen Fraktionen geführt und alle Informationen zur Verfügung gestellt, die mir auch vorliegen. Als ehemalige Stadtverordnete weiß ich um die Schwierigkeit, in der Kürze der Zeit einen Sachverhalt beurteilen zu müssen, aber Beispiele in der Vergangenheit zeigen, dass es machbar ist“, sagte sie.

Die Einnahmeausfälle durch Corona in Kombination mit den Folgekosten der Investitionen erforderten nun eine Erhöhung der Steuersätze. Zwar könne die Stadt in diesem Jahr durch eine sparsame Haushaltsführung rund 1,6 Millionen Euro einsparen und auch an den Anpassungen der Gebührensatzungen müsse weiter gearbeitet werden, dies reiche zum aktuellen Zeitpunkt jedoch nicht aus.

Braun: „Belastungen wird niemand schön finden“

„Mir ist klar, dass dies eine Belastung für die Bürgerinnen und Bürger darstellt, die niemand schön finden wird. Die zusätzlichen Belastungen für die Haushalte bezeichnete Braun als einen Beitrag, „den jeder für die Allgemeinheit leisten kann, zumal die Infrastruktur von Bruchköbel einiges zu bieten hat, und wir mit unseren Hebesätzen im Vergleich zu den Kommunen im Umfeld noch günstig liegen.“

Nun muss die Bürgermeisterin eine breite politische Mehrheit finden. „Mit allen, die sich der Verantwortung für unsere Stadt und der anstehenden Herausforderungen bewusst sind. Ich bin zuversichtlich, dass uns dies gelingen wird“, so die Bürgermeisterin. Die Kooperation aus FDP, Bündnis 90/Die Grünen und SPD weist eine Mehrheit auf. Spannend wird sein, ob CDU und BBB den Kurs der Bürgermeisterin unterstützen und ihr eine breite Mehrheit geben.

Die Sitzung beginnt heute Abend um 20 Uhr im Bürgerhaus in Bruchköbel und ist öffentlich. (Holger Weber)

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