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Bruchköbel braucht Platz für Flüchtlinge

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Suchen gemeinsam nach Lösungen: Bürgermeisterin Sylvia Braun und der Fachbereichsleiter Andreas Kalski.
Suchen gemeinsam nach Lösungen: Bürgermeisterin Sylvia Braun und der Fachbereichsleiter Andreas Kalski. © - Mike Bender

Bruchköbel – Niemand weiß, wie viele Flüchtlinge aus der Ukraine in den nächsten Wochen kommen werden. Doch auch ohne die Menschen, die vor Putins Truppen flüchten, hätte Bruchköbel ein Platzproblem. Die Stadt steht damit freilich nicht alleine da, auch die anderen Kommunen des Main-Kinzig-Kreises bekamen im Dezember von der Kreisverwaltung in Gelnhausen die Zahl von Plätzen genannt, die es bis zum Ende dieses Jahres zusätzlich zu schaffen gilt.

Für Bruchköbel, die viertgrößte der 29 Kommunen im Kreis, lautete der Auftrag, Raum für 130 Flüchtlinge zu schaffen. Zu diesem Zeitpunkt war die humanitäre Krise in der Ukraine noch nicht absehbar – zumindest nicht in ihrer Dimension.

Gut zwei Monate nach dem Bescheid sind es nach Angaben von Andreas Kalski, dem zuständigen Fachbereichsleiter, immer noch 94 Plätze, die eingerichtet werden müssen. Wohlgemerkt ohne die jetzt zu erwartenden Flüchtlinge aus der Ukraine. Im Gespräch mit unserer Zeitung haben Kalski und Bruchköbels Bürgermeisterin Sylvia Braun (FDP) mehrere Varianten durchgespielt, wie man zusätzlichen Raum für die Menschen gewinnen kann.

Mehr privater Wohnraum

Es gibt durchaus leer stehenden Wohnraum in der Stadt. Doch mangelt es an der Bereitschaft der Eigentümer, diesen für die Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung zu stellen. In regelmäßigen Abständen schickt die Verwaltung Pressemitteilungen mit dem dringenden Appell an die Bürger, ungenutzten Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Seit dem Überfall der Russen auf die Ukraine kommt ein bisschen Bewegung in die Sache. Einige Angebote seien jetzt eingegangen, berichtet Kalski, und Braun versichert, dass die Miete von der Stadt bezahlt werde und von daher sicher sei. Dennoch: Es ist offensichtlich, dass der private Wohnraum auch bei einer wachsenden Bereitschaft zum Vermieten nicht ausreichen wird.

Ausweitung des bestehenden Flüchtlingscamps

Eine weitere Option wäre, das Flüchtlingscamp an der Friedberger Landstraße um etwa zehn Container zu erweitern. Platz wäre dafür auf einer Fläche zwischen dem bestehenden Hüttendorf und der Landstraße vorhanden. Auch hat die Stadt bereits die Verfügbarkeit der Container geprüft. „Wir könnten sie ziemlich schnell bekommen und aufstellen“, sagt Sylvia Braun. Ein Containerdorf an dieser Stelle hätte den Vorteil, dass man die vorhandenen Gemeinschaftsräume des ehemaligen Hundeplatzes nutzen könnte und keine neuen schaffen müsste. Auch ist dort bereits wichtige Infrastruktur vorhanden, wie ein Raum mit Waschmaschinen und eine Heizungsanlage, an die die Container angeschlossen werden könnten. Zudem befindet sich vor Ort bereits das Integrationsbüro, in dem mit Dietmar Hussing, Sabine Müller und Sameh Elmeikawy die hauptamtlichen Flüchtlingsbetreuer der Stadt als Ansprechpartner sitzen. Für die Geflüchteten bedeutete dies kurze Wege.

Dennoch sind die Container für Braun und Kalski keine Ideallösung. Denn die Haltbarkeit solcher Infrastruktur ist eben begrenzt und in der Reparatur teuer. Diese bittere Erfahrung macht die Verwaltung derzeit im Hüttendorf, das aus 30 kleinen Häuschen besteht und zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 in Windeseile für rund 1,5 Millionen Euro errichtet wurde. Zwar hat der Kreis die ursprünglich fünf Jahre geltende Betriebsgenehmigung verlängert, doch an den Häuschen hat merklich der Zahn der Zeit genagt. „Vor allem die Nasszellen sind überall reparatur- und sanierungsbedürftig“, so Braun. Nach Angaben Kalkskis leben im Camp derzeit 108 Menschen aus 14 Nationen. Da man mit Rücksicht auf die Intimität ganzer Familien nicht alle Plätze belegen kann, ist das Camp somit voll. Wenige Plätze habe man nur noch in den zehn Wohnungen frei, die die Stadt insgesamt angemietet hat. Dort leben 76 Menschen.

Schaffung von Wohnraum im Bürgerhaus

Kurzfristig bestünde die Möglichkeit, auch die beiden Wohnungen im Bruchköbeler Bürgerhaus zu nutzen. Allerdings müssten die Wohnungen dafür aus Brandschutzgründen umgebaut und ertüchtigt werden. „Das lohnt sich nicht“, sagt Bürgermeisterin Braun vor dem Hintergrund, dass das Veranstaltungsgebäude zum Ende des Jahres abgerissen werden soll. Bekanntlich hat die Stadt das Areal im Zuge des Innenstadtumbaus für mehr als zwei Millionen Euro an einen Investor verkauft, der dort ein Wohn- und Geschäftszentrum errichten wird. „Das Bürgerhaus käme allenfalls als Notlösung in Betracht“, fügt Braun hinzu. Also als ein besseres Matrazenlager im Fall, dass die Zahl der Flüchtlinge sehr schnell und sehr stark ansteigen würde.

Belegung von Mehrzweckhallen

Als „absoluten Worst Case“ betrachtet die Bürgermeisterin auch eine erneute Belegung einer der Mehrzweckhallen für die Unterbringung von Geflüchteten. Bei der Flüchtlingskrise 2015 waren die Menschen zunächst in Roßdorf untergekommen. Dort schliefen sie in der Mehrzweckhalle auf beengtem Raum in Hochbetten. „Wir werden alles tun, um das zu verhindern“, sagt die Bürgermeisterin.

Umbau des Gemeindehauses in Oberissigheim

Ein gangbarer Weg wäre für Kalski und Braun die Anmietung nicht mehr genutzter Gebäude, und da kommen vor allem kirchliche Einrichtungen in Betracht, die nicht mehr genutzt werden. So wie beispielsweise das Gemeindehaus in Oberissigheim, Die Kirchengemeinde Issigheim, die sich bekanntlich über die beiden Stadtteile Nieder- und Oberissigheim erstreckt, beschränkt sich aus Kostengründen auf die Nutzung des Niederissigheimer Gebäudes. Das Gemeindehaus in Oberissigheim sollte bereits verkauft werden. Der Haken an der Sache: Auch hier wäre die Nutzung als Flüchtlingsunterkunft mit aufwendigen und wohl auch kostspieligen Umbauarbeiten verbunden. Vor dem Hintergrund der steigenden Baukosten ist somit auch diese Variante nicht ohne Makel.

Investorenmodell

Die von Braun und Kalski favorisierte Variante ist ein neues Flüchtlingsheim, das von einem Investoren finanziert, gebaut und dann an die Kommune vermietet würde. Ein Investor könnte die Baugesellschaft Bruchköbel sein, die in der ganzen Stadt 480 Wohnungen in 22 Objekten zu bezahlbaren Preisen vermietet und gerade an der Hauptstraße 113 a ein neues Gebäude in Modulbauweise hochzieht. Das Problem: Die Stadt hat kein eigenes Bauland mehr, das sie zur Verfügung stellen kann. Auch würde das Modell der Stadt nicht auf die Schnelle helfen. „Muss es nicht. Wir müssen auch an langfristige Lösungen denken“, sagt Braun.(Holger Weber)

Auf dem Schotterplatz neben dem Camp wäre noch Platz: Hier könnten neue Container aufgestellt werden.
Auf dem Schotterplatz neben dem Camp wäre noch Platz: Hier könnten neue Container aufgestellt werden. © -
Im Flüchtlingscamp an der Friedberger Landstraße sind alle 30 Häuser belegt: Eine Option wäre, vor Ort noch mehrere Container aufzustellen.
Im Flüchtlingscamp an der Friedberger Landstraße sind alle 30 Häuser belegt: Eine Option wäre, vor Ort noch mehrere Container aufzustellen. © Mike Bender

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