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„Ich weiß nicht, ob wir diesen Sommer überleben werden“: Gastronomin kämpft um ihr Café

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Von: Holger Weber-Stoppacher

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Steht Tag für Tag in ihrem kleinen Café am Trompeterstein in Bruchköbel: Silvana Ladu. Wegen der anstehenden Bauarbeiten am Inneren Ring fürchtet sie jedoch um ihre Existenz.
Steht Tag für Tag in ihrem kleinen Café am Trompeterstein in Bruchköbel: Silvana Ladu. Wegen der anstehenden Bauarbeiten am Inneren Ring fürchtet sie jedoch um ihre Existenz. © Holger Weber

Das Lokal in Bruchköbel bei Hanau ist nicht nur wegen seines Angebots besonders, es lebt auch von der Persönlichkeit der Besitzerin.

Bruchköbel – Es  duftet nach Kaffee und frisch gebackenem Kuchen. Die bunt bezogenen Stühle und kleinen Tische verleihen dem charmanten Café „I Sapori da Silvana“ am Trompeterstein in Bruchköbel sein ganz spezielles Ambiente. Seit sechs Jahren betreibt Silvana Ladu ihr Geschäft, in dem sie Frühstück, Kaffee und Kuchen sowie einen Mittagstisch anbietet.

In der Coronazeit leidet sie – so wie die meisten Gastronomiebetriebe auch. Viele ihrer Stammgäste meiden wegen des grassierenden Virus derzeit Restaurants und Cafés. Während jedoch viele Kollegen zumindest für den Sommer zuversichtlich sein dürfen, fürchtet die 61-jährige Italienerin, dass ihr das Schlimmste noch bevorsteht.

Bruchköbel bei Hanau: Straße vor ihrem Café wird saniert

Der Grund ist die Straßensanierung des Inneren Rings. Vor ihrer Haustür sollen die Arbeiten im März oder Anfang April beginnen und mindestens ein halbes Jahr lang dauern. Es ist genau die Zeit des Jahres, in der Silvana Ladu normalerweise ihre Tische auf den kleinen Platz stellt, über dem von morgens bis mittags die Sonne steht und wo viele ihrer Stammgäste ihren ersten Kaffee des Tages genießen, bevor sie zur Arbeit gehen. „Ich weiß nicht, ob wir diesen Sommer überleben werden“, sagt die zierliche Frau mit gedämpfter Stimme.

Fast alles, was sie in den Auslagen präsentiert, hat sie in ihrer Küche selbst gemacht. Morgens um vier, bereits drei Stunden bevor sie öffnet, ist der Backofen aufgeheizt, in dem sie die Brötchen sowie ihre Kuchen backt. Und auch der Mittagstisch will vorbereitet sein. Eine Karte gibt es nicht.

Besonderes Lokal in Bruchköbel bei Hanau: Gastronomin kämpft um Café

„Ich entscheide immer spontan am Vortag, was ich meinen Gästen zubereite. So sei auch garantiert, dass die Zutaten immer frisch seien, sagt sie. Selbstgemachte Pasta, Fleischgerichte, vor Corona befanden sich in ihrer Auslage auch immer Antipasti, italienische Vorspeisen. Die Preise am Mittag variieren zwischen acht und 13 Euro – es komme halt immer darauf an, was es gibt, sagt sie. Am Tag des Besuchs unserer Zeitung hat sie ein Rinderragout gekocht.

Das Lokal ist nicht nur wegen seines Angebots besonders, es lebt auch von der Persönlichkeit der Italienerin, die auf Sardinien als jüngstes von acht Kindern geboren und erst mit dreizehneinhalb Jahren nach Deutschland gekommen ist. Sie koche nicht nur wie eine italienische Mama, irgendwie sei sie auch wie eine italienische Mama, sagt sie und lacht. Mal schimpft sie, mal tröstet sie, aber immer sei sie authentisch und ehrlich mit ihren Gästen, sagt Ladu.

Im Frühjahr geht’s los: Nach Abschluss der Arbeiten am Stadthaus soll der hintere Teil der Straße saniert und verschönert werden.
Im Frühjahr geht’s los: Nach Abschluss der Arbeiten am Stadthaus soll der hintere Teil der Straße saniert und verschönert werden. © -

Sie hat selbst vier erwachsene Kinder. Mit ihrem ältesten Sohn Igor (41) und ihrem Mann Angelo (71) hat sie das Ladenlokal, in dem früher Tierfutter vertrieben wurde, nach ihrem Geschmack ausgebaut und gestaltet. Sogar die Küche haben ihr Mann und ihr Sohn alleine aufgestellt – und zwar so, dass selbst der Mitarbeiter von der Gewerbeaufsicht bei der Abnahme gestaunt habe, sagt sie stolz. Bevor sie das Café am Trompeterstein eröffnete, betrieb sie vier Jahre lang das „Aurora“ am Fritz-Hofmann-Spielplatz. Dort servierte sie ebenfalls Frühstück sowie Kaffee und Kuchen am Nachmittag. Als sich dann die Gelegenheit ergab, das Ladenlokal am Trompeterstein zu übernehmen, musste sie nicht lange nachdenken. „Die zentrale Lage, der kleine Platz davor. Eigentlich alles ideal“, sagt sie. Und darüber hinaus konnte sie ihr Angebot um den Mittagstisch erweitern.

Café in Bruchköbel bei Hanau: Bis zu 40 Gäste am Mittag

Vor dem Beginn der Pandemie habe sie mittags im Sommer, wenn auch die Tische draußen besetzt waren, mitunter mehr als 40 Gäste bewirtet, erzählt sie wehmütig. Und auch während des Lockdowns, hat sie ihren Laden an sechs Tagen der Woche – montags macht sie ihre Schreibarbeit – stets geöffnet gehalten und ihren Gästen Brötchen, Kuchen und auch das Mittagessen zur Tür hinaus gereicht. Die Einkünfte und die Ersparnisse aus guten Zeiten haben ausgereicht, um das Café über Wasser zu halten. Immer in der Hoffnung, dass die Zeiten wieder besser werden. Doch die bevorstehenden Bauarbeiten stehen nun wie eine schwarze Wand vor ihr. „Wer setzt sich denn morgens an meine Tische, wenn vor ihm die Baumaschinen auf und ab fahren. Bei all dem Lärm und dem Dreck?“

Diese Frage hat sie auch Bruchköbels Bürgermeisterin Sylvia Braun gestellt, die sie neulich in ihrem Café besuchte. Und auch diese: „Hätte man die Bauarbeiten nicht verschieben können, auf die Zeit, wenn die Coronakrise vorüber ist. Oder zumindest in die Wintermonate hinein?“ Die meisten der Anlieger hätten sich nun einmal dafür ausgesprochen, die Arbeiten nach Abschluss des gerade im Bau befindlichen ersten Abschnitts der Straße gleich durchzuziehen, sagt die Bürgermeisterin.

„I Sapori da Silvana“ in Bruchköbel bei Hanau: Finanziell keine Hilfe

Es gab eine Veranstaltung für die anliegenden Gewerbetreibenden. Da sei Frau Ladu nicht da gewesen. Finanziell könne die Stadt nicht helfen, sagt Braun, weil es dafür kein Budget gebe. Auch wäre dies ungerecht gegenüber den anderen Gewerbetreibenden, die ebenfalls unter Corona und auch den vorübergehenden Bauarbeiten litten. Doch werde man alles der Stadt Mögliche tun, um Silvana Ladu zu unterstützen, etwa einen transparenten Bauzaun aufstellen, der verhindern soll, dass die Gäste den Staub abbekommen.

Auch die Instrumente des Stadtmarketings stelle man dem Café zur Verfügung. Auch Braun weiß: „Es sind genau solche Lokale mit Persönlichkeit und Charme, die wir in Bruchköbel wollen.“ Es sei nun auch eine Frage der Solidarität, appelliert die Verwaltungschefin an die Bruchköbeler, den Einzelhandel und die heimische Gastronomie zu unterstützen und über die schweren Zeiten zu bringen. „Ich werde um meinen Laden kämpfen“, sagt Silvana Ladu. „Ich stehe tagtäglich in diesem Lokal, auch weil ich es von Herzen tue.“ (Von Holger Weber)

Die Öffnung der Gastronomie in Hanau nach der Corona-Pause freut Gastwirte und Caféhaus-Betreiber. Doch nicht alles läuft glatt.

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