Mehr kostenfreie Zeiten für Bruchköbeler Vereine

Bruchköbel – Mehr Geld aus der Vermietung erzielen, aber gleichzeitig den Vereinen kostenfreien Raum für ihre Veranstaltungen und Aktivitäten zur Verfügung stellen: Diese beiden Ziele sind nicht so leicht in Einklang zu bringen und erweisen sich auch für die Bruchköbeler Politik als ein sehr schwieriger Spagat. Zweieinhalb Stunden haben sich die Mitglieder des Bruchköbeler Haupt- und Finanzausschusses am Dienstag daran geübt, zu einem Ausgleich der Interessen zu gelangen.
Es galt, die neue Entgelt- und Benutzungsordnung für Stadthaus, die Bürgerhäuser, Mehrzweckhallen den Seniorentreff sowie das Dorfgemeinschaftshaus in Butterstadt zu beraten. Vorwiegend ging es jedoch um das neue Stadthaus mit seinem großen Saal, der Begehrlichkeiten weckt und mit einer Bruttomiete von 1200 Euro pro Tag das größte Einnahmepotenzial für die Stadt hat.
Zugeständnisse an die SG Bruchköbel
Am Ende einer teils hitzigen Diskussion kam ein Kompromiss heraus, der den Vereinen mehr kostenlose Nutzungsrechte bringt als in einem ersten Entwurf der Verwaltung vorgesehen war. Demnach werden die städtischen Versammlungsstätten in den Stadtteilen für zwei kommerzielle Veranstaltungen kostenfrei zur Verfügung stehen. Eine dritte soll es zu einem reduzierten Preis geben. Laut Ursprungsversion sollten die Vereine generell für Veranstaltungen mit kommerziellem Zweck zur Kasse gebeten werden.
Das Stadthaus soll laut Empfehlung des Ausschusses nun von den Abteilungen der Vereine zusätzlich einmal kostenfrei nutzbar sein. Die ursprüngliche Vorlage sah vor, dass pro Verein im Stadthaus nur eine nicht kommerzielle Veranstaltung frei gewesen wäre. Die Aufsplitterung in Abteilungen war ein Zugeständnis an die SG Bruchköbel, den mit rund 1700 Mitgliedern größten Verein der Stadt, der vier große Abteilungen unter seinem Dach vereint, die auch in der Vergangenheit jeweils ein eigenes Nutzungsrecht des Bürgerhauses hatten. Theoretisch hat die SG demnach nun Anrecht auf fünf kostenfreie Veranstaltungen, wenn man eine weitere für den Gesamtverein berücksichtigt. Im Sinne der Gleichbehandlung schlug Bürgermeisterin Sylvia Braun (FDP) vor, dieses Recht dann auch den Abteilungen aller anderen Bruchköbeler Vereine zu gewähren. Braun: „Ich möchte keine Lex SGB“.
Vermeintlicher Verlierer dieser Regelung ist auf den ersten Blick die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Bruchköbel, die formell nur aus einer Abteilung besteht und somit auch nur eine Veranstaltung frei hätte, obwohl das größte Orchester der Stadt am meisten auf die Veranstaltungsstätte Stadthaus angewiesen ist und in der Vergangenheit bis zu drei Konzerte jährlich im Bürgerhaus gegeben hat.
Änderungsantrag verabschiedet
Laut einem von der Kooperation aus SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen eingebrachten Änderungsantrag, der im Nachhinein einstimmig verabschiedet wurde, soll die Entgelt- und Benutzungsordnung zunächst für ein Jahr gelten und dann gemeinsam mit den Vereinen auf Praktikabilität überprüft und möglicherweise angepasst werden.
Vorausgegangen war dem Kompromiss eine teils hitzige Diskussion, in der die CDU bereits schweren Schaden für die Bruchköbeler Vereinswelt kommen sah. „Die Kernfrage ist doch, ob ich eine Bürgergesellschaft möchte, die von ehrenamtlichen Engagement geprägt ist“, eröffnete der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Joachim Rechholz, zugleich Vorsitzender der 1200 Mitglieder zählenden Bürgerhilfe, die Debatte. Er fürchtete, der Stadt drohe ein kulturelles Loch, weil sich für die Vereine Veranstaltungen dann kaum noch lohnten, wenn die ursprüngliche Satzung umgesetzt werden sollte. Sein Fraktionskollege Thomas Sliwka fasste die Entgeltsatzung unter folgendem Titel zusammen: „Brauchtum kostet in Bruchköbel jetzt Geld.“ Es dürfe nicht sein, dass das Ziel, eine positive Bilanz zu erreichen, auf dem Rücken der Vereine erreicht werden solle, sagte er.
Bürgermeisterin Braun erinnerte ihn dann daran, dass er als ehemaliger CDU-Fraktionsvorsitzender genau diese Entwicklung mitgetragen habe. „Das vor Jahren beschlossene Konzept für die Finanzierung des Innenstadtumbaus hat klar eine wirtschaftliche Betrachtung des neuen Gebäudes einkalkuliert“, sagte sie. Die CDU gehörte seinerzeit zur Regierungskoalition, die den Innenstadtumbau durchgesetzt hatte. Dass die Stadt bei der Nutzung der städtischen Liegenschaften einen anderen Weg gehen müsse, habe sie in ihren zurückliegenden zwei Amtsjahren auch bei den Jahreshauptversammlungen der Vereine immer wieder betont.
SPD kritisiert „unnötige Schärfe“
Patrick Woschek (SPD) kritisierte die unnötige Schärfe, die die CDU in die Debatte gebracht habe. „Wir haben als Kooperation von Anfang an klar betont, dass es sich bei der Vorlage erst einmal nur um einen Vorschlag der Verwaltung handelt, der dann im zuständigen Ausschuss besprochen wird und angepasst werden kann“, sagte er. Und Uwe Ringel, Fraktionschef der Grünen, unterstrich, dass die Stadt sich unverändert stark für das Vereinsleben in Bruchköbel engagiere. „Wir unterhalten vier Mehrzweckhallen und Bürgerhäuser und Feuerwehrstandorte mit Schulungs- und Versammlungsräumen.“
Auf den Vorschlag von Patrick Woschek hin wurde die Sitzung unterbrochen. In der Pause wurde dann ein gemeinsamer Text verfasst, der die geschilderte Kompromisslösung vorsah.
Am Ende sahen sich alle als Sieger: Die Kooperation aus SPD, FDP und Grünen, weil sie die Sitzungspause beantragt hatte. Und auf der anderen Seite die Fraktion der CDU, die für sich beansprucht, die Änderungen durch ihre Einwände erst bewirkt zu haben.
Doch der große Wurf ist die Satzung sicherlich noch nicht. Denn im Raum stehen weiter ungelöste Fragen. Vor allem die, wie die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr künftig zu behandeln ist. Bürgermeisterin Sylvia Braun versprach, dass man in dem Fall eine Lösung finden werde, man für die Kapelle der Feuerwehr aber keine eigene Satzung erstellen könne. Die Magistratslösung, also die Möglichkeit, zusätzliche Belegungszeiten auf Antrag beim Magistrat zu bekommen, wird die Verantwortlichen der Feuerwehrkapelle wohl nicht zufrieden stimmen. Denn gerade bei der Organisation von Konzerten braucht es eine gewisse Planungssicherheit. Bis zum kommenden Dienstag müssen die Fraktionen also wohl noch einmal die Köpfe zusammenstecken, um eine Lösung zu finden. (Von Holger Weber)
