Roßdorferin ringt mit Behörden um ihren Lebenstraum Pferdezucht

Bruchköbel. Im Hof von Claudia Kaul stehen stattliche Westernpferde. Die Rassen heißen Araappaloosa, Quarab und Pintabian. Die Tiere sind so gut geraten, dass sogar regelmäßig ein Fotograf auf dem Kaul'schen Anwesen vorbeischaut, um sie für einen bekannten Pferdekalender abzulichten.
Von Holger Weber
Seit 1999 züchtet Claudia Kaul mit ihrem Mann Alexander Pferde, seit 2003 auf ihrem Gestüt „Most colourful“ an der Falltorstraße in Roßdorf. Ihre ausgebaute Hofreite ist eine der größten im Ort, aber mit Ställen für insgesamt 15 Pferde längst nicht mehr groß genug für die gut laufende Zucht. Auch in einem etwa einen Kilometer entfernten angepachteten Offenstall sei man am Limit angelangt, berichtet die Züchterin.
Kauf vor einigen Jahren
Deshalb kauften die Kauls schon vor einigen Jahren außerhalb des Dorfes eine an der Kreisstraße in Richtung Butterstadt gelegene knapp vier Hektar große Weidefläche – mit dem Ziel, dort eine neue Gestütanlage zu bauen. Diese würde ihnen erlauben, ihren Betrieb an einem Ort zusammenzuführen und zusätzlich um etwa die Hälfte zu vergrößern. Es klingt nicht pathetisch, wenn Claudia Kaul sagt, diese Anlage sei so etwas wie ihr Lebenswerk, das sie sich jetzt vor ihrer Haustür schaffen möchte.
Von der Hofreite bis zum Gestüt gleich hinter der Bahnunterführung Richtung Butterstadt wären es nur fünf Gehminuten. Roßdorf, das sage ja schon der Name, sei ein Pferdedorf. Eigentlich gebe es keinen besseren Platz für einen Zuchtbetrieb. Diese Meinung teilen jedoch nicht alle im Dorf, zumindest wenn es um die von den Kauls erworbene Weidefläche geht.
Der örtliche Jagdpächter fürchtet um die letzte Ruhestätte des Rotwildes. Und die Roßdorfer Vogelschützer um die Heimat des Pirols, der im dortigen sogenannten Michelsgrund noch ansässig ist. Und auch in Bruchköbels Stadtverwaltung hat sich der Wind gedreht. Dort will man das Projekt nun partout nicht mehr genehmigen – aus wasserschutzrechtliche und verkehrstechnischen Gründen, wie es im Rathaus heißt.
Abwehrhaltung der Stadtverwaltung
Diese Abwehrhaltung habe die Stadtverwaltung jedoch nicht immer eingenommen, beklagt Claudia Kaul. Im Juni 2016 hatten sich die Kauls demnach mit Bruchköbels Bürgermeister Günter Maibach und Bauamtsleiter Holger Entzel in der großräumigen Küche der Hofreite getroffen. Die Skizzen für die Bauten lagen auf dem großen Esstisch. „Damals hat uns der Bürgermeister ermutigt, die Pläne voranzutreiben“, erzählt Kaul. Hätte er das nicht gemacht“, so die Züchterin, „hätten wir das Projekt doch gar nicht erst weiterverfolgt.“
Und auch die Einspruchsfrist von sechs Wochen ließ die Verwaltung verstreichen, nachdem die Kauls die Bauanträge – wie von Maibach und Entzel empfohlen – eingereicht hatten. „Ein klares Signal des Einverständnisses“, betont Heidrun Weitz, eine auf Pferdesportanlagen spezialisierte Architektin, die für die Kauls beratend tätig ist.
Bürgermeister Maibach bestätigt das Treffen vom Juni 2016. Die damals von den Kauls präsentierte Reitanlage habe jedoch „bei Weitem nicht die Dimension gehabt“, die auf den aktuellen Plänen zu erkennen sei, so der Bürgermeister im Gespräch mit unserer Zeitung. „Das ist in etwa so, als ob man eine Garage präsentiert und dann einen Palast baut“, ergänzt der Bürgermeister. Dazu Claudia Kaul: „Das ist schlichtweg gelogen.“
Baupläne des Betriebskonzeptes
Die Baupläne seien das Produkt eines Betriebskonzeptes. „Da wäre es ja völlig idiotisch, andere Pläne zu präsentieren als die, die man am Ende auch umsetzen möchte“, entgegnet sie. Offen habe sich seinerzeit auch die Bauaufsichtsbehörde des Main-Kinzig-Kreises gezeigt, bei der man mit den Plänen ebenfalls vorstellig geworden sei, so Weitz.
Aber auch dort habe sich mittlerweile ein Stimmungswandel vollzogen, obwohl man alle geforderten Unterlagen eingereicht und alle Auflagen erfüllt habe. Allein in die Planungen hat die Familie Kaul eigenen Angaben zufolge bisher rund eine halbe Millionen Euro investiert. Schon allein deshalb wolle man weiter für das Gestüt kämpfen.
Vor dem Klageweg wollten es die Kauls noch einmal im Guten versuchen. Im vergangenen Monat luden sie sowohl den Bürgermeister als auch den Magistrat zu einem Ortstermin an die Weidefläche ein. Um mögliche Missverständnisse auszuräumen. Und auch Gerüchte über ein Megagestüt im Naturschutzgebiet aus der Welt zu schaffen, die in Roßdorf kursierten. „Wir wollten das Projekt noch einmal in aller Ruhe erklären“, betont Architektin Weitz. Doch weder Bürgermeister noch die Mitglieder des Magistrats nahmen das Angebot an.
Kein zufriedenstellendes Ergebnis
Da kein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden könne, sei ein Ortstermin nicht zielführend, begründete Maibach sein Fernbleiben schriftlich. Der Einladung folgten nur Thomas Sliwka und Uwe Ringel, die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Bündnis 90/Die Grünen im Bruchköbeler Stadtparlament. Beide lobten die unternehmerische Initiative des Roßdorfer Ehepaars. Ringel sieht die Schuld für die verfahrene Situation vor allem bei der Stadt, die den Kauls von Anfang reinen Wein hätte einschenken sollen.
„Es gibt im Stadtgebiet andere, wesentlich besser geeignetere Flächen“, so der Grünen-Chef. Man hätte Alternativen aufzeigen müssen, statt die Familie darin zu bestärken, die Pläne auf dem sichtlich wenig geeigneten Feld voranzutreiben.
Schutz des Trinkwassers
Im Zentrum der behördlichen Bedenken steht vor allem der Schutz des Trinkwassers. „Aus dem Roßdorfer Brunnen werden Tausende von Haushalten versorgt“, meint der Bürgermeister. Da könne man kein Risiko eingehen. Rückendeckung erhält er von den für die Wasserversorgung zuständigen Kreiswerken Main-Kinzig. Auch die erachten die Pläne für unvereinbar mit dem Einzugsgebiet des Roßdorfer Brunnens: „Im Bereich des gesamten Gebietes sind grundsätzlich alle Handlungen untersagt, die die Wasserversorgung gefährden könnten“, teilten die Kreiswerke auf Anfrage unserer Zeitung mit.
Ob der Bau einer Kläranlage, wie sie die Kauls errichten würden, etwas an der Ausgangslage ändern würde, müsste wohl die Kreisverwaltung als zuständige Bauaufsichtsbehörde beurteilen. Dort jedoch will man den Fall nicht weiter kommentieren, weil es sich, so eine Sprecherin, um ein schwebendes Verfahren handele. Doch die Zwischentöne aus Gelnhausen machen deutlich, dass man es dort lieber gesehen hätte, wenn für ein Bruchköbeler Problem auch die Lösung in Bruchköbel gesucht würde.